Machtkampf der Milliardäre
Amag-Besitzer Martin Haefner und Oligarch Viktor Vekselberg streiten um den Stahlkonzern Schmolz + Bickenbach. Haefner geht nun in die Offensive.
Politiker lassen sich gern für eine gute Sache einspannen, die sie nichts kostet. Am Mittwoch intervenierte die Luzerner Regierung bei der Finanzmarktaufsicht des Bundes (Finma) und bei Wirtschaftsminister Guy Parmelin.
Am Donnerstag stellten sich sieben Luzerner National- und Ständeräte hinter Amag-Besitzer Martin Haefner, der die Kontrolle über Schmolz + Bickenbach will. Die Politiker fordern von der Finma, sie müsse Haefner von der Pflicht entbinden, den Minderheitsaktionären ein Angebot zu machen, sollte er die Beteiligung auf über ein Drittel erhöhen. Die Finma solle den Weg freimachen, damit Haefner bis zu 325 Millionen Franken einschiessen könne, um die verschuldete Stahlgruppe zu retten. Es gehe um die Rettung von 800 Jobs in der Schweiz.
Nur: Der Vorstoss hat Schönheitsfehler. Denn um die 720 Mitarbeitenden im Stahlwerk in Emmenbrücke muss man sich keine grossen Sorgen machen. Die Anlage sei nach dem Bau eines Walzwerks für 50 Millionen Franken «längerfristig gut positioniert», sagt ein intimer Kenner des Stahlkonzerns, sie produziere Qualitätsstahl, der preislich «hoch kompetitiv» sei. Weniger sicher sind die 60 Jobs in der Luzerner Konzernzentrale, sollten die Aktionäre am Montag die angestrebte Erhöhung des Kapitals um bis zu 614 Millionen Franken ablehnen.
Den Aufruf versandt hat indes nicht ein Luzerner Parlamentarier, sondern die Konsulenten, eine Kommunikationsagentur, die Haefners Interessen vertritt. Die Agentur hat wohl auch das Interview in der «Finanz und Wirtschaft» vom Mittwoch eingefädelt, in dem Haefner behauptete, wenn die Kapitalerhöhung am Montag scheitere, wäre das «gleichbedeutend mit einem Gang zum Konkursrichter am nächsten Tag». Wirklich?
Offene Drohung mit dem Konkurs
Er könne Haefners Aussage nicht bestätigen, sagte ein Sprecher von Schmolz + Bickenbach dieser Zeitung ungefragt. Es gebe noch weitere Möglichkeiten und Pläne, die man verfolge. Haefners düstere Ansage erscheint grenzwertig, da er als Vizepräsident des Konzerns offen mit Konkurs droht, um Stimmung zu machen für seinen Plan, zum bestimmenden Aktionär mit mindestens 37,5 Prozent aufzusteigen.
Wer ist der Mann? Laut «Bilanz» hat Haefner bis 4,5 Milliarden Franken Vermögen. Er war lange Jahre Mathematiklehrer, bevor er vom Vater die Leitung der grössten Schweizer Autofirma, der Amag, übernahm, deren Alleinbesitzer er heute ist. Als 2018 der US-Konzern CA verkauft wurde, lösten Haefner und seine Schwester rund 4,7 Milliarden Dollar für ihre Anteile.
Am Geld dürfte es also nicht liegen, dass er sich mit Viktor Vekselberg, einem weiteren Grossaktionär des Stahlkonzerns, nicht einigen kann. Haefner will den Oligarchen, den die USA mit Sanktionen belegt haben, über eine massive Kapitalerhöhung marginalisieren. Vekselberg sieht die Lage des Konzerns weniger dramatisch – 200 Millionen Franken frisches Kapital reichten, davon wolle er selber bis zur Hälfte beisteuern. Vekselberg ist laut «Bilanz» bis 11 Milliarden Franken reich.
Streit kann noch Monate dauern
2013 verhinderte er den Aufstieg von Michael Pieper zum Ankeraktionär. Der Schweizer Unternehmer bot zwar mehr, hatte aber das Nachsehen, da Vekselberg früh den Geldbedarf der Familienaktionäre erkannte und sich günstig eine Beteiligung von 25 Prozent sicherte.
Segnen die Aktionäre am Montag die Kapitalerhöhung ab, geht der Poker erst richtig los. Wie rege und zu welchem Preis die Bezugsrechte gehandelt werden, wird zeigen, wie viel Interesse die Anleger haben. Entscheidet die Finma bis dann nicht, dürften die Milliardäre erneut einen Dispens von der Angebotspflicht an die Minderheitsaktionäre bei der Übernahmekommission beantragen, zumal die Behörde jüngst andeutete, sie sei dem nicht abgeneigt, wenn die Faktenlage klarer werde.
Das Drama kann sich über Monate hinziehen. Die Banken haben Stillhalten bis Ende Januar 2020 versprochen. Sollte einer oder gar beide Milliardäre nach Neujahr keine Ausnahmebewilligung haben, können sie immer noch ein Pflichtangebot machen, um eine beherrschende Beteiligung zu erlangen. Den Minderheitsaktionären, die 45 Prozent am Stahlkonzern halten, nützt das vermutlich wenig.
2013 winkte die Übernahmekommission ein solches Pflichtangebot von Vekselberg durch, obwohl es deutlich unter dem Börsenkurs lag. Entsprechend wenige Aktionäre musste Vekselberg auskaufen. Er hatte das Sagen, bis Schmolz + Bickenbach erneut in Schieflage geriet und Haefner ihm die Macht streitig machte. Den Oligarchen behindern die US-Sanktionen. Vielleicht schafft Haefner es ja, den Preis weiter herunterzureden, bevor er Vekselberg mit einem höheren Pflichtangebot aussticht.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch