Luxus-Label erobern Secondhandshops
Sind nagelneue und teure Designerartikel noch cool? Immer mehr Menschen kaufen Luxusartikel gebraucht – und erschaffen einen Milliardenmarkt.
Der Deutsche Kenneth Glöckler, auch bekannt unter dem Namen Kay One, hat einen Klamottengeschmack, den man sich leisten können muss. «Ich trag' ne nagelneue Jacke von Moncler und chill am Meer – yeah», so umriss der Rapper seine Leidenschaft für hochpreisige Anziehware einst in einem obszönen Lied mit dem Titel «Style & das Geld», was er, Glöckler, wie sich im Verlauf dieses Liedes herausstellt, beides zu haben angibt.
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Wichtig scheint dem Interpreten allerdings nicht nur die Betonung des Markennamens seiner Daunenjacke zu sein. Glöckler betont vielmehr auch, dass seine italienische Luxusjacke, die laut dem dazugehörigen Video streng genommen eine Weste ist, auch noch «nagelneu» sei. Vielleicht tut er das auch, weil «nagelneu» gerade bei Luxuskleidung schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Wer sich auf den wichtigsten Secondhand-Plattformen im Internet oder in konventionellen Secondhand-Geschäften herumtreibt, wird dort neben ausrangierten Wollpullis immer häufiger Luxuskleidung entdecken. Das Schmuddel-Image von einst entspricht längst nicht mehr der Realität. Die Unternehmensberatung Bain, die am Montag neue Zahlen für das internationale Geschäft mit Luxusartikeln vorgelegt hat, spricht von einem «zunehmenden Stellenwert des Secondhand-Luxusmarkts».
In diesem Jahr werden der Studie zufolge 26 Milliarden Euro mit gebrauchten Luxusartikeln umgesetzt. Das meiste Geld wird dabei mit gebrauchten Uhren und Schmuck gemacht. Doch auch bei Kleidung und Accessoires wächst der Markt kontinuierlich, fast sechs Milliarden Euro werden inzwischen jährlich umgesetzt.
Anfixen statt ankleiden
Betreiber von Secondhand-Geschäften berichten, dass die hohe Nachfrage auch was mit dem Thema Nachhaltigkeit zu tun hat. Die Kunden kauften sich für ihr Geld lieber gebrauchte gute Sachen, statt es für Neuware auszugeben, die schneller verschleisst. Für die jeweiligen Marken ist es gar keine so schlechte Nachricht, dass ihre Produkte immer häufiger gebraucht vertickt werden – im Gegenteil. Auf diese Weise bekämen die Labels schliesslich Zugang zu jungen Kundengruppen, heisst es in der Studie: zu Kunden, die sich die Produkte neu gar nicht leisten könnten.
Anfixen statt ankleiden könnte man sagen. Es ist eine Strategie, die zu den Kapitalismus-Klassikern gehört. Dass die Hersteller von teuren Sportwagen den ein oder anderen Zehnjährigen trotz dreckiger Schuhe mal Probe sitzen lassen, hat ja auch seine Gründe. Vielleicht ist der junge Mann, der gerade den Ledersitz zu ruinieren droht, ja ein Kunde von morgen.
Auch nicht geschenkt: Auf der Secondhand-Plattform Kleiderkreisel kosten Moncler-Jacken zwischen 200 und 800 Euro.
Nun muss man sich, um zurück zur Secondhand-Mode zu kommen, selbst gebrauchte Ware leisten können. Auf der deutschen Secondhand-Plattform Kleiderkreisel gehen die Preise für die besagten Moncler-Jacken erst bei 200 Euro los. Manche kosten sogar 800, «Neupreis 1050 €», fügt ein Verkäufer zur Verteidigung hinzu.
Für einen originalen Burberry-Schal werden auf der Gebraucht-Plattform teilweise mehr als 200 Euro aufgerufen, für die ein oder andere Handtasche des französischen Labels Hermès sogar der Gegenwert eines Gebrauchtwagens.
Fast ein Drittel der Luxus-Secondhand-Ware wird inzwischen online verkauft. Auf Kleiderkreisel oder Ebay etwa, wo es natürlich auch günstigere Ware gibt. Für die Portale, die zum Beispiel durch Anzeigen oder Extraangebote wie Käuferschutz mitverdienen, lohnt sich das Geschäft offenbar. Die litauische Firma Vinted jedenfalls, die hinter Kleiderkreisel steht, wird seit Kurzem als Einhorn gehandelt – ist also mehr als eine Milliarde Euro wert.
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