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Serie von Skandalen
Londoner Polizeichefin tritt zurück

Zu vieles ist schief gegangen: Cressida Dick zieht die Konsequenzen nach einer für sie schwierigen Zeit.
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Die Chefin der Londoner Polizei hat nach einer Serie von Skandalen ihren Rücktritt erklärt. Cressida Dick sagte, sie habe «keine andere Wahl als zurückzutreten», nachdem Bürgermeister Sadiq Khan ihr das Vertrauen entzogen habe. Sie bleibe bis zur Berufung eines Nachfolgers im Amt.

Die 61-Jährige war 2017 als erste Frau an die Spitze der London Metropolitan Police berufen worden. Zwar genoss Dick den Rückhalt der britischen Regierung, aber in der Hauptstadt war sie seit ihrem Amtsantritt 2017 umstritten. Premierminister Boris Johnson stürzt die Personalie in ein weiteres Dilemma.

Die Londoner Polizei war zuletzt von einer Serie von Skandalen wegen Rassismus, Sexismus, Frauenfeindlichkeit und der Ermordung einer jungen Frau durch einen Polizisten erschüttert worden. Kritisiert wurde die Polizei der britischen Hauptstadt auch wegen erst spät eingeleiteten Ermittlungen zu den Lockdown-Partys im Regierungsviertel.

Eine unabhängige Untersuchungsbehörde hatte Anfang Februar in einem Bericht auf vielfältige Weise «schockierendes» Verhalten von britischen Polizeibeamten angeprangert. Demnach tauschten Polizisten einer bestimmten Dienststelle im Zeitraum von 2016 und 2018 über WhatsApp und Facebook rassistische, sexistische, homophobe und gewaltverherrlichende Nachrichten aus. Die betroffene Dienststelle wurden inzwischen aufgelöst. Bürgermeister Khan zeigte sich von dem Verhalten der Polizisten «vollkommen angewidert».

Der Polizist, der im März eine junge Frau unter einem Vorwand festgenommen, sie anschliessend vergewaltigt und getötet hatte, wurde inzwischen aus dem Polizeidienst entlassen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Fall löste eine hitzige Debatte über die Sicherheit von Frauen und die internen Sicherheitsvorgaben der Polizei aus.

Bereits Dicks Amtsantritt war überschattet. Sie war die verantwortliche Ermittlerin, als Beamte 2005 einen unschuldigen Brasilianer für einen Selbstmordattentäter hielten und erschossen. Dabei galt die Senkrechtstarterin, die 1983 als Streifenpolizistin begann, als Vorzeigebesetzung. Sie war nicht nur die erste Frau an der Spitze der Metropolitan Police sondern auch die erste offen homosexuell lebende Führungskraft. Lange wehrte Dick Rücktrittsforderungen ab. Nur wenige Stunden, bevor sie doch dem Druck nachgab, hatte sie noch betont, sie habe «absolut nicht die Absicht» zurückzutreten.

Delikate Aufgabe für Boris Johnson

Der widerwillige Rückzug hat die konservative Regierung kalt erwischt. Offensichtlich hatte Bürgermeister Khan, Mitglied der oppositionellen Labour-Partei, seinen Vorstoss nicht mit Innenministerin Priti Patel abgestimmt, die Dicks Vertrag erst vor wenigen Monaten um zwei Jahre bis 2024 verlängert hat.

Schon streut die Regierung, Khan habe allein aus politischem Interesse gehandelt. Premierminister Boris Johnson und Innenministerin Patel sprachen Dick demonstrativ Lob und Anerkennung aus. Kein Wort der Kritik. Für Johnson birgt die Personalie Brisanz. Denn es ist an seiner Innenministerin – in Absprache mit Bürgermeister Khan – den Top-Posten der wichtigsten Polizeibehörde des Landes neu zu besetzen.

Die Aufgabe ist delikat: Denn wegen der «Partygate»-Affäre steht der Premier selbst im Visier. Ermittler wollen auch den 57-Jährigen wegen der mutmasslichen Feiern in seinem Regierungssitz befragen. Auch dieser Fall hatte zum Druck auf Dick beigetragen. Die Met weigerte sich lange, die Lockdown-Partys in der Downing Street näher unter die Lupe zu nehmen. Als sie es dann doch tat, führte das dazu, dass ein interner Ermittlungsbericht nur in knapper Form erscheinen durfte.

Der Chef der oppositionellen Liberaldemokraten, Ed Davey, forderte, Johnson dürfe am Auswahlprozess nicht mitwirken. «Ein Mann, gegen den die Met strafrechtlich ermittelt, darf nicht in der Lage sein, zu wählen, wer dafür verantwortlich ist», twitterte Davey.

Für eine Weile soll Dick Medienberichten zufolge noch im Amt bleiben, um eine geordnete Übergabe zu ermöglichen. Als möglichen Nachfolger werden laut BBC und dem Online-Portal «Politico» einige Kommissare gehandelt, die bereits in anderen Landesteilen Polizeieinheiten geleitet haben. Bürgermeister Khan mahnte, der oder die Neue müsse das Vertrauen der Londoner in die Met wiederherstellen. Eine Wortwahl, die zeigt, wie tief die Gräben sind.

AFP/SDA/fal