Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Krise in der Ukraine
London warnt vor russischem Putsch in Kiew

«Diese jetzt veröffentlichten Informationen werfen ein Licht auf das Ausmass russischer Aktivitäten»: Die britische Aussenministerin Liz Truss. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Verwirrung hat am Wochenende das britische Aussenministerium ausgelöst mit dem Verweis auf Geheimdienstinformationen, gemäss denen Moskau die Einsetzung einer prorussischen Regierung in der Ukraine plant. Aussenministerin Liz Truss hatte vorige Woche bereits verkündet, dass «globale Aggressoren» wie Russland in jüngster Zeit «dreister» geworden seien.

Erst letzte Woche hatte London Kiew Tausende neuer Panzerabwehrraketen geliefert und die britische Militärpräsenz in der Ukraine von rund hundert Ausbildern und Waffenexperten um mehrere Dutzend erhöht. Zugleich verstärkten die Briten ihre Truppenkontingente im Baltikum.

Premierminister Boris Johnson gelobte, er werde «den Druck auf Russland weiter steigern». Und Vizepremier Dominic Raab erklärte am Sonntag, die Briten würden den Ukrainern «Schulter an Schulter» zur Seite stehen.

«Wir werden ihnen helfen, sich zu verteidigen»: Der britische Vizepremier Dominic Raab. 

«Wir werden ihnen helfen, sich zu verteidigen» und sich «gegen jedwede Marionettenregierung» zu wehren, sagte Raab. Gefragt, ob das auch die Entsendung britischer Truppen an die ukrainisch-russische Grenze bedeuten könnte, winkte er allerdings ab. Das sei «äusserst unwahrscheinlich», meinte er.

Härterer Ton in London

Der neue, insgesamt härtere Ton in London in Sachen Ukraine ist auf Empörung in Moskau gestossen. Am Sonntag protestierte das russische Aussenministerium auch gegen die neusten «provokativen Aktivitäten», mit denen London «Missinformationen in Umlauf» bringe und «blanken Unsinn» verbreite. Das bezog sich auf die Foreign-Office-Berichte zu einem geplanten russischen Coup in Kiew.

Gemäss diesen Berichten soll Moskau über seine Geheimdienste mit fünf ukrainischen Politikern in Kontakt stehen, die von Wladimir Putin als mögliche Statthalter Russlands in der Ukraine in Betracht gezogen werden. «Diese jetzt veröffentlichten Informationen», meinte dazu Aussenministerin Truss, «werfen ein Licht auf das Ausmass russischer Aktivitäten zur Untergrabung der Ukraine und geben Einblick in das Denken des Kreml.»

Mögliche Kandidaten längst in Russland

Die «Informationen» haben allerdings einige Verwirrung ausgelöst in London. Mehrere der fünf genannten Politiker halten sich teils schon seit Jahren in Russland auf. Bei den vier prominentesten handelt es sich um den Ex-Ministerpräsidenten Mikola Asarow, um die beiden früheren Vizeregierungschefs Sergei Arbusow und Andrij Klujew sowie um Wolodymyr Siwkowytsch, ein ehemaliges Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats.

Angeblich ein möglicher Statthalter Putins in Kiew: Der frühere ukrainische Vizeregierunschef Sergei Arbusow. 

Der fünfte Genannte, der frühere Abgeordnete Jewgeni Murajew, tat die «Enthüllungen» bereits als «wirr» und «nicht sonderlich logisch» ab. Ihm selbst sei immerhin die Einreise nach Russland untersagt, erklärte Murajew. Ihn als Kandidaten für eine Präsidentschaft von Moskaus Gnaden ins Spiel zu bringen, sei «vollkommener Quatsch».

Als «lächerlich» bezeichnete auch Wasyl Filiptschuk, vormals Sprecher des ukrainischen Aussenministeriums, die Idee eines Komplotts: «Dieses Szenarium würde nur funktionieren bei einer vollständigen Übernahme Kiews, bei einer kompletten russischen Besetzung der Ukraine.» Das würde die weitflächige Zerstörung Kiews und die Flucht von einer Million Menschen bedeuten: «Allein hier in der Hauptstadt stehen 100’000 Bewaffnete zum Kampf bereit.»

Will Johnson von eigenen Schwierigkeiten ablenken?

Britische Beobachter warfen am Sonntag die Frage auf, ob die jüngsten verbalen Vorstösse Londons mit der prekären Lage zu tun haben könnten, in der sich Boris Johnson just in der eigenen Partei findet.

Die jetzige Regierung sei ja «nicht besonders geeignet, in einer solchen Angelegenheit gross aufzutreten», fand etwa David Clark, ein prominenter Sonderberater im Foreign Office aus der Zeit Tony Blairs. Sie sei geradezu berühmt für ihre Neigung, «mit sensationellen Nachrichten aufzuwarten, wenn sie von ihren eigenen Schwierigkeiten ablenken will».