Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Tamedia-Umfrage
Linke befürworten «Steuergeschenk» – aus Eigennutz?

Die neuen Abzüge für die Kinderbetreuung sind umstritten.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Das Thema droht im Wust der vielen Abstimmungsvorlagen fast zu verschwinden, dabei geht es um viel Geld. Wer Familie hat, soll bei der direkten Bundessteuer künftig 10’000 statt nur 6500 Franken pro Kind abziehen können – und wer den Nachwuchs auswärts betreuen lässt, für denjenigen erhöht sich der Abzug von gut 10’000 auf neu 25’000 Franken. Sagt das Volk am 27. September hierzu Ja, muss sich der Bund auf jährlich 380 Millionen Franken Mindereinnahmen einstellen. Die CVP als massgebliche Gestalterin der Vorlage sieht darin einen Beitrag zur Familienförderung, SP und Grüne sprechen dagegen von einem unverantwortlichen «Steuergeschenk» für Reiche.

Wie nun aber die repräsentative Tamedia-Umfrage letzte Woche zeigte, dringen die linken Parteien damit bisher nicht durch – und zwar auch bei ihren eigenen Leuten nicht. Über alle Lager hinweg führen die Befürworter gegenüber den Gegnern derzeit mit 55 zu 37 Prozent. Und auch 55 Prozent der SP-Sympathisantinnen und -Sympathisanten beantworteten die Frage nach ihrer Position zum neuen Kinderabzug mit «Ja» (40%) respektive «eher Ja» (15%). Bei den Grünen betragen diese Anteile gar 43 («Ja») und 17 Prozent («eher Ja»).

Hohes Einkommen, hohe Zustimmung

Wie ist das Ergebnis zu erklären? Ein interessantes Indiz liefert eine Zusatzauswertung, die Studienautor Lucas Leemann auf Anfrage der Tamedia-Redaktion verfasste. Sie zeigt, dass bei allen Parteien die Zustimmung parallel mit dem Einkommen steigt: Wer am meisten verdient, sagt am ehesten Ja. Bei SP und Grünen ist dieser Konnex zwar etwas schwächer, doch existiert er auch hier. Bei der SP-Anhängerschaft äussern sich jene mit Einkommen von unter 7000 Franken nur zu 51 Prozent positiv, jene mit mehr als 11’000 Franken dagegen zu 63 Prozent. Bei den Grünen betragen die entsprechenden Werte 57 respektive 70 Prozent. Dies lässt sich als Zeichen dafür deuten, dass Besserverdienende, auch linke, selber auf einen steuerlichen Vorteil hoffen.

«Wenn die Bürgerlichen gewinnen, werden sie weitere schädliche steuerpolitische Vorlagen nachreichen.»

Christian Levrat, SP-Präsident

Für SP-Präsident Christian Levrat ist klar, dass viele Stimmbürgerinnen und -bürger über die Folgen der Vorlage noch ungenügend informiert sind. «Kinderabzüge, das tönt erst mal gut. Aber wer genau rechnet, der merkt, dass von dieser Vorlage nur Topverdiener profitieren, etwa 6 Prozent aller Haushalte.» Menschen mit tiefem Einkommen dagegen gingen leer aus: Da sie heute schon keine Bundessteuer bezahlten, nütze ihnen der Steuerabzug nichts. Levrat hofft auf ein klares Nein im September: «Es ist die erste steuerpolitische Vorlage dieser Legislatur. Wenn die Bürgerlichen gewinnen, werden sie weitere schädliche Vorlagen nachreichen.»

Ganz anders interpretiert der Zürcher CVP-Nationalrat Philipp Kutter die Ergebnisse: Sie zeigen für ihn, dass die linken Parteispitzen an ihrer Basis vorbeipolitisieren. «Gerade in den Städten, wo viele Linke leben, sind die Kosten für die Kinderbetreuung ein grosses Problem.» Kinder seien wichtig für die Gesellschaft, betont Kutter. Die Angabe der Gegner, dass nur 6 Prozent der Haushalte profitierten (worin auch die Kinderlosen eingerechnet sind), hält Kutter für irreführend. Er verweist auf Berechnungen des Bundes, wonach der Abzug einer Mehrheit der Familien zugutekäme.

An der repräsentativen Tamedia-Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Institut Leewas haben vom 11. bis zum 13. August 24’252 Personen aus der ganzen Schweiz online teilgenommen. Die Daten werden nach demografischen, geografischen und politischen Variablen modelliert. Der Fehlerbereich liegt bei 1,0 Prozentpunkten.