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Meinung

Polemik gegen Harry
Lieber Harry, es reicht jetzt mit dem Opfergetue

Einst der bemitleidenswerte Junge, heute das privilegierteste Opfer der Welt: Prinz Harry.
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Harry, wir müssen reden. Was ist bloss aus dir geworden? Du warst der pausbäckige, rothaarige Bub, der seine Mutter viel zu früh verlor und gezwungen wurde, hinter ihrem Sarg herzutrotten – und wir weinten mit dir. Du warst der ungestüme junge Mann, der über die Stränge schlug, sich als Nazi verkleidete. Und so dumm das auch war, so schnell waren wir bereit zu verzeihen, denn du warst schliesslich der traumatisierte jüngere Bruder. Als Meghan auf der Bildfläche erschien, freuten wir uns für dich – und auch für uns. Denn eure Hochzeit versprach Hollywood-Glamour und neben eurer sonst so steif auftretenden Verwandtschaft ein bisschen Farbe und Drama. 

Man sollte stets vorsichtig sein mit seinen Wünschen, heisst es. Wie wahr! Drama haben wir bekommen, und zwar nicht nur tröpfchenweise. Seit Monaten betreibt ihr damit ein regelrechtes Waterboarding der Öffentlichkeit. Und wir, euer Publikum, kriegen keine Luft mehr. Wir sind am Ende – und das Buch ist noch nicht mal erschienen. 

Nach dem grossen Interview mit Oprah Winfrey, Meghans Podcast und der sechsteiligen Netflix-Serie jetzt also noch deine Memoiren mit dem Titel «Spare». Eigentlich hätten sie ja erst morgen erscheinen sollen, aber dank eines «geleakten» Exemplars in Spanien sind uns bereits die saftigsten Details aus dem Buch um die Ohren geschlagen worden. Wieder sind es Vorwürfe, Diffamierungen, ist es schmutzige Wäsche. Ganz zu schweigen von den beiden Interviews, in denen du übers Wochenende weiter rumgeheult hast. Ganz ehrlich, dieses Sperrfeuer immer neuer Enthüllungen hat uns taub gemacht. 

Eure Erklärungen riechen nicht nur ranzig, sie sind völliger Käse.

Wir wissen jetzt also über deine Entjungferung durch eine etwas ältere Lady irgendwo im Feld hinter einer Bar Bescheid. Wie einen Zuchthengst soll sie dich getätschelt haben, du Ärmster! Wir wissen von deinen Erfahrungen im Afghanistankrieg und wie du dort mindestens 25 Talibankämpfer getötet haben willst – Militärangehörige schäumen über diese Indiskretion.

Wir haben einiges über deinen Umgang mit Alkohol und Drogen erfahren, garniert mit deiner psychologischen Erklärung, dass du als junger Mann unter Schock deinen Schmerz hast betäuben wollen, armer reicher kleiner Junge, der du offenbar immer noch bist. Wir verfolgen deine nicht nachlassenden Angriffe auf Vater, Bruder, Schwägerin, Stiefmutter und das Königshaus.

Alle waren so böse zu euch, niemand hat euch beide verstanden, dabei waren eure Seelen so rein – und sind es immer noch: Das ist es doch, was ihr uns in immer neuen Offensiven zu verklickern versucht. Aber sorry, diese Erklärung riecht nicht nur ranzig, sie ist völliger Käse. Kein Mensch würde sich ohne die Verbindung zum Königshaus für euch interessieren. Ihr habt ihnen alles zu verdanken und dankt es mit Schmutz und Selbstmitleid.

Ohne die Verbindung zum Königshaus würde sich niemand für Harry interessieren.

Es reicht jetzt mit diesem weinerlichen Gehabe und dem Opfergetue. Man kann nur froh sein, dass Prinz Philip und die Queen das nicht mehr miterleben müssen. Denn auch bei der neusten Serie sensationeller «Enthüllungen» aus der geleakten Autobiografie, aus den weiteren insgesamt zwei Stunden Interview, die übers Wochenende ausgestrahlt wurden, geht es wieder nur um das eine: Man hat euch Unrecht getan, glaubt ihr. Ihr seid Opfer, und das auf so vielen verschiedenen Ebenen.

Kann man noch abgehobener, unreifer, niederträchtiger wirken als ihr im Moment? 

Wenn ihr euch nur hören könntet. Ihr gehört zu den privilegiertesten Menschen auf diesem Planeten, ihr lasst euch in euren Traumhäusern für Hunderte von Millionen Dollar interviewen, dekoriert mit Hermès-Decken für zehntausend Franken. Und euch fällt nichts Besseres ein, als euch zu beklagen und andere anzuschwärzen. Kein einziges Mal die Regung, selbst Verantwortung für euer Schicksal zu übernehmen. Nicht einmal für die Anekdote mit der Nazi-Uniform. Dazu soll dich ja der Bruder angestiftet haben.

Einst war Harry der pausbäckige Bub, der seine Mutter viel zu früh verlor: Harry mit Diana und William.

Diese Opfer-Olympiade, das Wetteifern darum, wer sich mehr diskriminiert fühlt, ist natürlich die Krankheit unserer Zeit. Aber bei niemand anderem scheint es so krank wie bei euch. Kann man noch abgehobener, unreifer, niederträchtiger wirken als du und deine Frau im Moment? 

Und lasst euch nicht täuschen von der verhaltenen Sympathie, die ihr in den USA noch erfährt. Das kommt nur daher, weil ihr nur England als rassistisch gezeichnet habt, die USA hingegen als Hort der Freiheit. Und vielleicht auch noch, weil das, was ihr tut, unter dem Strich eine gute Story hergibt. Das ist auch das einzige, aber auch wirklich einzig Gute, was man über euch sagen kann. Eine Story allerdings, in der ihr keine Helden seid, sondern Heulsusen. Da werden auch weitere Interviews, Filme und Bücher nichts mehr ändern.