Ex-Notenbankchef des LibanonEr plünderte die Staatskasse und versteckte Geld in diesem Schweizer Gebäude
Riad Salamé soll Vermögen der libanesischen Zentralbank in der Westschweiz veruntreut haben. Die NGO Public Eye zeigt jetzt den Weg des Geldes auf.
- Public Eye enthüllt komplexe Schweizer Immobilieninvestitionen von Riad Salamé, dem Ex-Notenbankchef des Libanon.
- Ein Genfer Anwalt ist in die Offshore-Firmenstrukturen involviert.
- Riad Salamé wurde in Beirut wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder verhaftet.
- Die schweizerische Bundesanwaltschaft ermittelt wegen schwerer Geldwäscherei.
Angesichts der Nachrichtenlage im Libanon erhält der Fall eine besondere Brisanz: Ein Bericht der Nichtregierungsorganisation Public Eye beleuchtet einen neuen Aspekt im politisch-finanziellen System, das den Libanon kontrolliert – parallel zur Herrschaft der Hizbollah.
Die NGO hat die Spur des Geldes verfolgt, das Riad Salamé in Genfer Banken und Immobilien versteckt hatte. Salamé hat 30 Jahre lang die Zentralbank des Libanon geführt.
Dabei soll ein Genfer Anwalt eine zentrale Rolle gespielt haben. Laut Public Eye ein Argument dafür, dass Juristinnen und Juristen in Sachen Geldwäscherei stärker beaufsichtigt werden sollten. Der Berufsstand ist vom Geldwäscherei-Gesetz ausgenommen. Doch das könnte sich ändern, es wird derzeit überarbeitet.
Public Eye wirft Blick auf Schweizer Immobilieninvestitionen
Die Recherchen decken Immobilieninvestitionen in der Schweiz auf, die über ein komplexes Netzwerk von Offshore-Firmen getätigt werden.
Eine dieser Strukturen hat ein Genfer Anwalt zugunsten von Riad Salamé in der Schweiz registriert: Die Immobiliengruppe am Genfersee besitzt zwei Bürogebäude in Morges VD und Rolle VD. Letzteres hat einen Wert von 17 Millionen. Es wurde 2019 gekauft und ist derzeit an ein multinationales Unternehmen vermietet.
Der Anwalt antwortete Public Eye, dass die Bundesjustiz «kein Interesse daran gezeigt habe, ihn anzuhören, und auch keine Vorwürfe gegen ihn erhoben habe». Er versuchte trotzdem, die Veröffentlichung der Recherche zu blockieren. Der Vermieter der Liegenschaften gab seinerseits an, dass er keine Ahnung habe, wer hinter den Offshore-Firmen stehe.
Der Sturz von Riad Salamé
Der 74-jährige Riad Salamé, der wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder im Fokus mehrerer Ermittlungen steht, wurde Anfang September in Beirut festgenommen. Der ehemalige Chef der libanesischen Zentralbank wurde von den USA auf eine schwarze Liste gesetzt.
Lange Zeit galt der Ökonom als unantastbar. Einst für seine Beteiligung am «Wiederaufbau» des Libanon gelobt, wurde Salamé zum Symbol einer Kleptokratie, die ab 2019 Hunderte Millionen ins Ausland abführte – während eine beispiellose Wirtschaftskrise die Menschen auf die Strasse trieb.
In der Schweiz führt die Bundesanwaltschaft gegen Riad Salamé seit vier Jahren eine Untersuchung wegen des Verdachts auf «schwere Geldwäsche» zum Nachteil der Zentralbank des Libanon. Der Vorwurf lautet, dass während eines Jahrzehnts insgesamt mehr als 325 Millionen Dollar von der Zentralbank auf ein Konto bei der HSBC Private Bank in Genf geflossen sind.
Wie die Zeitung «Le Temps» 2021 berichtete, wurde das Geld auf weitere Konten bei Julius Bär, Pictet, EFG Zürich oder UBS verteilt. Die Konten wurden im Namen von Offshore-Firmen eröffnet, die auf Salamé oder seinen jüngeren Bruder lauteten. Das Geld soll dazu verwendet worden sein, ein imposantes Immobilienportfolio in mehreren Ländern aufzubauen.
«Vereinigung von Straftätern»
Für beide Brüder gilt die Unschuldsvermutung. Einer der Anwälte Salamés sagte, dass dessen Vermögen aus seiner Zeit als Investmentbanker bei Merrill Lynch und aus einem Familienvermögen stamme. Beide seien «bei seiner Ernennung zum Chef der Zentralbank ordnungsgemäss deklariert» worden. Im Gegenzug meldet das Umfeld des Ex-Notenbankchefs, Salamés rechtliche Probleme seien von Richtern gesät, die von politischen Gegnern im Libanon manipuliert worden seien.
Die Genfer Anwältin Zeina Wakim betont, dass die Ermittlungen, die weltweit gegen Riad Salamé eingeleitet wurden, nun auch die höchsten Politiker des Libanon einholen. Dies zeige, «in welchem Ausmass eine kriminelle Vereinigung, die sich weitgehend des internationalen Bankensystems bediente, den Reichtum des Landes jahrzehntelang unter sich aufgeteilt hat».
Die Anwältin hat in der Schweiz, aber auch in Frankreich und Grossbritannien mehrere Strafanzeigen im Auftrag der Stiftung Accountability Now eingereicht. Ebenso sind ihre Beschwerden bei der Finanzmarktaufsicht (Finma) hängig, die zu den jüngsten Sanktionen gegen die HSBC Private Bank und die Audi Private Bank geführt haben. Wakim schätzt, dass weltweit Vermögenswerte und Immobilien im Zusammenhang mit dieser Affäre im Wert von über einer halben Milliarde Dollar beschlagnahmt wurden.
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