Zinsentscheid der NationalbankLeitzins bleibt auf Rekordtief von -0,75 Prozent
Die Schweizerische Nationalbank hält an ihrer bisherigen Geldpolitik fest. Der Franken sei nach wie vor «hoch bewertet».
Die Schweizerische Nationalbank hält an ihrer bisherigen expansiven Geldpolitik fest. Den heissgelaufenen Hypothekar- und Immobilienmarkt behalten die Währungshüter im Auge – unternehmen aber noch nichts. Der Leitzins und der Zins auf Sichteinlagen bei der Notenbank bleiben damit bei -0,75 Prozent, teilte die SNB am Donnerstag im Rahmen der geldpolitischen Lagebeurteilung mit.
Die SNB betonte ausserdem ihre Absicht, bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt zu intervenieren. Denn sie sieht den Franken als nach wie vor «hoch bewertet» an. Die SNB hatte 2020 für fast 110 Milliarden Franken Fremdwährungen gekauft.
Immobilienmarkt im Blick
Der «Nullentscheid» kommt nicht überraschend – von der Nachrichtenagentur AWP befragte Volkswirte hatten unveränderte Zinsen prognostiziert. Einzig bei der Beurteilung des Immobilienmarktes hatte man zum Teil eine Verschärfung erwartet.
Doch die SNB verzichtet darauf, den Bundesrat aufzufordern, den antizyklischen Kapitalpuffer wieder zu aktivieren. SNB-Chef Thomas Jordan und sein Team bleiben beim üblichen «Wording»: Man prüfe regelmässig, ob der Puffer reaktiviert werden müsse.
Ist der Kapitalpuffer aktiviert, sind die Banken verpflichtet, ihr Eigenkapital aufzustocken, wenn sich Fehlentwicklungen am Kreditmarkt aufbauen.
Die SNB stellt am Donnerstag indes erneut fest, dass die Hypothekarkredite und Wohnliegenschaftspreise in den letzten Quartalen stark angestiegen sind. Insgesamt habe die Verwundbarkeit des Markts weiter zugenommen.
Wirtschaft erholt sich
Für die Weltwirtschaft zeichnet die SNB ein relativ optimistisches Bild. Unter der Annahme, dass dank der Impffortschritte keine starken Eindämmungsmassnahmen mehr erforderlich sein werden, sollte sich die aktuell solide Wachstumsdynamik in den kommenden Quartalen fortsetzen. Das Szenario unterliege jedoch grosser Unsicherheit, mahnen die Währungshüter.
Die Währungshüter rechnen auch mit einer deutlichen Erholung der Schweizer Wirtschaft. Sie erwarten für das laufende Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandproduktes (BIP) um ‹rund 3 Prozent›. Das BIP dürfte in der zweiten Jahreshälfte sein Vorkrisenniveau erreichen.
Im Juni war die SNB noch von einem höheren Wachstum von ‹rund 3,5 Prozent› ausgegangen. Die Abwärtsrevision sei vor allem auf konsumnahe Branchen wie den Handel und das Gastgewerbe zurückzuführen. Dort sei die Entwicklung weniger dynamisch als erwartet ausgefallen.
Inflation im Griff
Die neue bedingte Inflationsprognose der SNB ist dafür eine Spur höher als zuletzt. Für 2021 geht die SNB neu von einer Inflation von 0,5 Prozent aus (alt: 0,4). Für 2022 werden nun 0,7 Prozent (alt: +0,6%) vorhergesagt für 2023 unverändert +0,6 Prozent.
Die Hauptgründe dafür seien erneut die höheren Preise für Erdölprodukte und Waren, die von Lieferengpässen betroffen sind.
Damit bleiben die Zinsen in der Schweiz und die Inflation im internationalen Vergleich weiterhin tief. US-Notenbank-Chef Jerome Powell etwa, der sich am Vorabend geäussert hatte, sieht sich mit ganz anderen Hausnummern konfrontiert: Zuletzt stieg die Inflation in den Vereinigten Staaten auf 5,3 Prozent. Auch in Deutschland ist die Teuerung im August auf 3,9 Prozent geklettert.
Evergrande zeigt Anfälligkeit der Finanzmärkte
Jordan bemüht sich um eine ausgewogene erste Einschätzung der Probleme beim chinesischen Bauträger Evergrande. Generell sei es zu früh, um eine abschliessende Beurteilung abzugeben, sagte der Währungshüter während einer Telefonkonferenz am Donnerstag.
«Ich glaube es wäre falsch, in Alarmismus zu verfallen, gleichzeitig wäre es falsch, die ganze Entwicklung zu ignorieren und sie als ein lokales Problem abzutun», so Jordan. Gleichzeitig habe aber die Entwicklung aber gezeigt, dass scheinbar kleinere Ereignisse am Ende zu einer grösseren Verunsicherung und Korrektur an den Finanzmärkten führen können.
«Ebenso wie die anderen Notenbanken verfolgen auch wir die weitere Entwicklung sehr genau», kündigte Jordan an. Die Frage sei nun, wie gut die Situation in China unter Kontrolle gebracht werde.
«Was die jüngsten Ereignisse aber ganz klar zeigen, wie wichtig es ist, dass die Marktakteure wie etwa Banken über ein ausreichendes Eigenkapitalpuffer verfügen, um solche Unruhen absorbieren zu können, damit es eben nicht zu einem Domino-Effekt kommt.»
Am Ende sei es zu früh, um zu sagen, ob Evergrande gar kein Problem für die Märkte darstellt, oder ob es vergleichbar sein werde mit der Finanzkrise 2007/08. «Wir müssen erst mehr dazu wissen, um sagen zu können, in welche Richtung es geht.»
SDA/ij
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