Basketballer Bronny JamesTrotz Herzinfarkt: Der Sohn von LeBron will mit seinem Vater in der NBA spielen
Am College kassiert Bronny James 5,9 Millionen Franken, alle Augen sind auf ihn gerichtet. Nicht einmal ein körperlicher Zusammenbruch lässt den grossen Traum platzen.
Es war LeBron James dann doch ein Anliegen, ein paar Worte zum Basketballspiel seines Sohnes zu verlieren. Dessen Team hatte gerade gewonnen, also veröffentlichte er auf dem Kurznachrichtendienst X ein Video mit dem Zusatz: «Jawohl! Er arbeitet hart und bemüht sich, grossartig zu werden.» Es sind die Worte des stolzen Vaters, garniert mit einem Kronen-Emoji als Zeichen dafür, dass der junge Mann zum Basketball-Adelsgeschlecht der Familie James gehört. Der Vater führt ja unter anderem den Spitznamen «King» mit sich, König also, und man fragt sich durchaus, was das für ein Druck sein muss für einen 16-Jährigen, wenn der Vater – dessen anderer Spitzname «der Auserwählte» lautet – einen mit Karrieretipps vor den Augen von knapp 53 Millionen Social-Media-Fans beglückt.
Der Eintrag galt LeBrons zweitältestem Sohn Bryce, Zweitname Maximus, der an der Sierra Canyon High School gerade einen ordentlichen Saisonstart hingelegt hat und von dem es heisst, dass die Erwartungen in etwa auf Prinz-Harry-Niveau liegen. Der noch grössere Druck lastet indes auf LeBron James junior (18). Er trägt nicht nur den kompletten Namen des Vaters, sondern auch die Rückennummer 6, die der Senior den Grossteil seiner Karriere auf seinem Trikot hatte, bei seinen zwei NBA-Titeln mit Miami Heat (2012, 2013) zum Beispiel. LeBron junior, Spitzname Bronny, spielt bei der University of Southern California, mit der verlor er unlängst 70:86 bei den Oregon State Beavers, was keinen Social-Media-Eintrag des Vaters nach sich zog. Vermutlich, weil LeBron ein bisschen Druck vom älteren Sohn nehmen will.
Pippen, Manning – die Kinder eifern den Eltern nach
Es passiert gar nicht mal so selten, dass Kinder der Besten ihren Eltern nacheifern, allein im US-Sport: Teamkollege von Bryce an der Sierra Canyon High School ist derzeit Justin, der Sohn des früheren Chicago-Bulls-Spielers Scottie Pippen; und an der University of Texas wird gerade Football-Quarterback Arch Manning ausgebildet, um wie Opa Archie, Onkel Peyton und Onkel Eli bald in der Profiliga NFL zu spielen.
Bronny James ragt dabei aber noch einmal heraus. Erstens hat sein berühmter Vater angekündigt, dass es eines der Ziele in seiner eigenen einzigartigen Karriere sei, «im letzten Jahr gemeinsam mit meinem Sohn in der NBA zu spielen». Mit dem eigenen Kind auf dem Feld, das hat es in den vier grossen US-Ligen bislang erst dreimal gegeben: beim Eishockey (Gordie Howe und seine Söhne Mark und Marty) sowie beim Baseball (Ken Griffey und Tim Raines). Ein Vater-Sohn-Gespann im Basketball kam noch nie vor.
Und zweitens: Bronny erlitt im vergangenen Sommer einen Herzinfarkt.
«Wir führen ihn langsam heran», sagte USC-Trainer Andy Enfield kürzlich nach einem Heimspiel. Heisst: James sitzt zu Beginn auf der Bank, danach kommt er für kurze Intervalle aufs Feld, selten länger als drei Minuten am Stück. «Er hat ein gutes Gespür dafür, wann er eine Pause braucht», hat sein Trainer beobachtet. Nach dem Herzinfarkt – James war während einer Trainingseinheit umgekippt – hatten die Ärzte einen angeborenen Herzfehler festgestellt. Die Familie bat zunächst um Privatsphäre. Doch wie soll das gehen, wenn der berühmte Vater mit den Lakers in einer Arena in Laufweite vom USC-Campus auftritt und jeder Kommilitone filmt, ob Bronny tatsächlich Vorlesungen in seinem Hauptfach BWL besucht?
Kein Gehalt, aber einträgliche Rechte
Allzu grosse Sorgen um Studiengebühren und Aussichten auf dem Arbeitsmarkt muss sich der Junior jedenfalls nicht machen. Seit einem Urteil des Supreme Court im Juni 2021 dürfen College-Sportler zwar noch immer kein Gehalt beziehen – aber ihre Persönlichkeitsrechte vermarkten. Die beiden bestbezahlten Uni-Sportler derzeit sind Football-Quarterback Shedeur Sanders, der an der University of Colorado von Vater und Ex-Profi Deion Sanders trainiert wird und 4,8 Millionen Dollar im Jahr erhält – und Bronny James mit 5,9 Millionen. Das ist ein Vielfaches davon, was der Schweizer Clint Capela in seinen ersten NBA-Saisons bei den Houston Rockets bekam.
Noch ein Effekt war beim ersten Heimspiel von Bronnys Uni Mitte Dezember zu beobachten. In der Saison davor waren im Schnitt weniger als 4000 Leute gekommen. Nun: ausverkauft, 10’258 Zuschauer. Einer davon war LeBron James.
Es ist nun alles darauf ausgelegt, dass Bronny nur ein Jahr bleibt und dann in die NBA umzieht. Der Vater wiederum kann im Sommer wechseln, wohin er möchte – er hat bereits bekundet, dass er sich jenem Verein anschliessen möchte, der den Sohn im kommenden NBA-Draft wählt. Bleiben zwei spannende Fragen: Mischt sich der Vater dabei gar in den Draft ein? Und was hat Bronnys Universität überhaupt davon?
Einer der besten Verteidiger
«Er ist einer unserer besten Verteidiger und hat Qualitäten als Spielmacher», sagt sein Mitspieler DJ Rodman, übrigens Filius von Ex-Basketballer Dennis Rodman. Sollte Bronny in zwei, drei Monaten das erreicht haben, was Trainer Enfield «Basketball-Fitness» nennt, sollte er noch mehr solcher Szenen liefern wie zuletzt gegen Oregon, als er den Ball stibitzte und dann mit krachendem Dunking abschloss; kurz darauf am Gegner vorbei zum Korb segelte und gefühlvoll ablegte; danach den Dreier eines Kollegen auflegte und selbst von jenseits der Drei-Punkte-Linie traf. 20 Minuten war Bronny dabei auf dem Parkett. Was wird er erst leisten, wenn die Fitness für mehr Spielzeit reicht?
«Ich bin einfach nur dankbar», sagte Bronny nach seinem ersten Heimspiel für USC, und vielleicht sticht diese Beobachtung am meisten heraus: Ja, er ist der Sohn von LeBron, nicht nur die TV-Kommentatoren vergleichen schon jetzt jede Aktion mit der Grossartigkeit des Vaters. Wenn er aber mit Kollegen spricht, auf dem Spielfeld und abseits davon, wenn die Kollegen zugleich über ihn reden («Er feuert einen an, ist voller Energie und Optimismus, immer ansprechbar», sagt DJ Rodman), dann kommt er nicht rüber wie ein Einzigartiger – sondern wie einer von vielen, die sich (und ihrem Vater) den Traum von einer Laufbahn als NBA-Profi erfüllen wollen.
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