Klimademo in CS-FilialeLausanner Klimaaktivisten verurteilt
Das Waadtländer Kantonsgericht hat 12 Klimaaktivisten verurteilt, die 2018 in einer Credit-Suisse-Filiale Tennis spielten. Die Aktion sei ein Hausfriedensbruch gewesen, so die Richter.
Der Waadtländer Staatsanwalt Eric Cottier ist zufrieden. «Das Recht ist korrekt angewendet worden. Das ist der Hauptauftrag, den ein Gericht hat», sagte Cottier am Donnerstag, nachdem das Waadtländer Kantonsgericht 12 Lausanner Klimaaktivisten wegen Hausfriedensbruchs verurteilt hatte.
Ein Einzelrichter am Bezirksgericht Lausanne hatte im Januar im selben Fall komplett anders entschieden – für die Aktivisten und gegen Cottier. Bei der Klimaerwärmung handle es sich um einen «rechtfertigenden Notstand», hielt der Richter fest. Der Notstand habe die Aktivisten im November 2018 legitimiert, in einer Lausanner Filiale der Credit Suisse Tennis zu spielen und so gegen klimaschädliche Investitionen der Bank zu protestieren (wir berichteten).
Das Waadtländer Kantonsgericht hat dieses Urteil am Donnerstag aufgehoben. Es anerkennt zwar den Klimawandel und teilt die Besorgnis der Aktivisten über die verheerenden Naturereignisse der letzten Monate, aber das Gericht geht nicht von einem Notstand aus. Die offizielle Schweiz bemühe sich, den Ausstoss der Treibhausgase zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen, betonte Gerichtspräsident Christophe Maillard bei der Urteilsverkündung. Damit sieht das Gericht auch keine Legitimation, im Innern einer Bank zu demonstrieren und damit Recht zu verletzten, wie dies die Aktivisten gemäss Ansicht des Gremiums taten.
Zudem hätten sie sich gegen die eingreifenden Polizisten physisch zur Wehr gesetzt, indem sie Arme und Beine ineinander verketteten. Anders als der Einzelrichter der ersten Instanz ahndete das Kantonsgericht auch einen Verstoss gegen das Lausanner Polizeireglement, weil die Jugendlichen für ihre Kundgebung vor der Bank keine Bewilligung eingeholt hatten.
Richterin widerspricht öffentlich
Gerichtspräsident Maillard rief die Verurteilten auf, sich mit Initiativen, Petitionen und in Parlamenten für ihre Sache einzusetzen. Die freie Meinungsäusserung sei in diesem Land garantiert. «Es ist möglich, die Propagandaziele mit legalen Mitteln zu erreichen, ohne eine Straftat zu begehen», so der Richter.
Das Dreiergremium aus zwei Richtern und einer Richterin war sich in der Urteilsfindung in mehreren Punkten nicht einig geworden. Die Richterin bestand darauf, dass der Gerichtspräsident bei der Urteilsverkündung darauf hinwies, dass sie den Straftatbestand der Hinderung einer Amtshandlung für nicht erfüllt hielt und auch mit dem Strafmass nicht einverstanden war. Damit sorgte die Richterin für ein absolut seltenes Ereignis in der Waadtländer Rechtssprechung.
Zehn der zwölf Aktivisten wurden zu einer Geldstrafe von 400 Franken und 150 Franken Busse verurteilt. Zwei Aktivistinnen müssen 200 Franken Strafe und 100 Franken Busse bezahlen. Dazu kommen pro Person 300 Franken für Gerichts- und Untersuchungskosten. Bei den Aktivisten handelt es sich um Studenten, die von wenigen Hundert Franken pro Monat leben, wie sie während des Prozesses betonten.
Generalstaatsanwalt Cottier bezeichnete die Geldstrafen als «milde». Das Gericht hätte die Möglichkeit gehabt, die Aktivisten zu verurteilen, aber sie von einer Geldstrafe zu befreien. Das habe man nicht tun können, weil die Bank ihren Betrieb kurzzeitig habe einstellen müssen, erläuterte der Gerichtspräsident. Die Straftat der Aktivisten sei damit nicht vernachlässigbar.
Fall kommt vor Bundesgericht
Der grüne Politiker und nun verurteilte Aktivist Paul Castelain sagte, das Urteil schockiere ihn. Die Rechtsprechung schütze Politik und Finanzplatz für ihre Untätigkeit und treibe die besorgte Jugend weiter in die Verzweiflung. Man werde sich aber nicht entmutigen lassen, sondern bereits am Freitag beim Klimaprotest in Bern weiterkämpfen, so Castelain. Anwältin Irène Wettstein kündigte gleich nach der Urteilseröffnung an, das Verdikt beim Bundesgericht anzufechten.
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