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Demonstrationen gegen Polizeigewalt
US-Proteste dauern an: 25 Städte verhängen Ausgangssperre

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Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis haben Ausschreitungen in US-Metropolen in der fünften Nacht in Folge angedauert. In Minneapolis im Bundesstaat Minnesota setzten sich Demonstranten in der Nacht zum Sonntag erneut über eine Ausgangssperre hinweg. Sicherheitskräfte drängten Demonstranten mit Tränengas zurück, wie der Sender CNN berichtete. In zahlreichen anderen Städten in den USA kam es Medienberichten zufolge zu Unruhen und auch zu Plünderungen. Behörden in insgesamt 25 Städten in 16 US-Bundesstaaten erliessen demnach Ausgangssperren. Dennoch kam es vielerorts zu Protesten.

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd hat in den USA eine Welle von friedlichen Protesten aber auch von Gewalt ausgelöst: Es brennen Häuser, Läden werden geplündert und die Sicherheitskräfte sind trotz eines massiven Aufgebots überfordert. In vielen US-Städten kam es bei Protesten zu Ausschreitungen und Festnahmen. Minnesotas Gouverneur Tim Walz sprach am Samstag von einer «unglaublich gefährlichen Situation».

Vielen Demonstranten gehe es längst nicht mehr um den Mord an Floyd, sondern nur um «Zerstörung und Chaos». Es handele sich um einen «organisierten Versuch, die Zivilgesellschaft zu zerstören», sagte Walz vor Journalisten. Er und der Bürgermeister von Minnesota, Jacob Frey, sagten, friedliche Proteste seien weiterhin erlaubt, aber die Gewalt müsse ein Ende haben. Das Recht der Meinungsfreiheit «endet beim Werfen von Molotow-Cocktails», erklärte der für die Sicherheit in Minnesota zuständige John Harrington.

Nationalgarde mobilisiert

Die Proteste in Minneapolis haben auch nach Beginn der Ausgangssperre angedauert. Der Sender CNN berichtete, Sicherheitskräfte drängten Demonstranten unter anderem mit Tränengas zurück. In Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota gilt seit 20 Uhr am Samstagabend eine Ausgangssperre. Minnesotas Gouverneur Tim Walz hatte alle Bewohner aufgefordert, zu Hause zu bleiben. In den vergangenen Nächten war es zu schweren Ausschreitungen gekommen.

Wegen der Proteste hatte Gouverneur Walz am Samstag erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg die gesamte Nationalgarde des Bundesstaats mobilisiert. Die Nationalgarde teilte mit, rund 2500 der insgesamt bis zu 10’000 aktivierten Soldaten würden in der Nacht zum Sonntag eingesetzt, um in Minneapolis und Umgebung für Ordnung zu sorgen. Die anderen Soldaten stünden für die kommenden Tage bereit.

US-Präsident Donald Trump hat den örtlichen Behörden mit dem Einsatz der «unbegrenzten Macht des Militärs» gedroht. Gouverneure und Bürgermeister müssten «viel härter» vorgehen, sonst werde die Regierung einschreiten, drohte er am Samstag über Twitter. Dann werde es auch «viele Festnahmen» geben, drohte er über Twitter während eines Flugs in den Bundesstaat Florida.

Trump hatte bereits kurz zuvor erklärt, er habe dem Bundesstaat Minnesota wegen der gewaltsamen Proteste die Hilfe der Streitkräfte angeboten. Die Soldaten stünden bereit und könnten «sehr schnell» vor Ort sein, sagte Trump am Samstag im Garten des Weissen Hauses.

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Der Sender zeigte Live-Bilder aus der Zentrale.
Poteste arteten am Freitag auch in anderen Städten aus, darunter in Atlanta.
Demonstranten demolieren ein Polizeiauto…

Floyd (46) war am Montag nach einem brutalen Polizeieinsatz gestorben. Einer der vier beteiligten Polizisten wurde am Freitag des Mordes angeklagt und festgenommen: der Beamte, der Floyd sein Knie minutenlang in den Nacken gedrückt hatte. Der Afroamerikaner hatte mehrfach um Hilfe gefleht, bevor er das Bewusstsein verlor, wie von Passanten aufgenommenen Videos zeigten.

Im Haftbefehl gegen den Polizisten heisst es unter anderem, der Gerichtsmediziner gehe nach vorläufigen Erkenntnissen nicht von Ersticken aus. Der 46-Jährige habe an Gesundheitsproblemen gelitten, die gemeinsam mit der Festsetzung und möglichen Rauschmitteln im Blut vermutlich zum Tod geführt hätten. In den letzten zwei Minuten und 53 Sekunden habe er keine Lebenszeichen mehr gezeigt. Die Anwälte der Familie Floyd meldeten jedoch Zweifel an den Ergebnissen dieser Analyse an. Sie wollten eine unabhängige Obduktion in Auftrag geben.

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… Ebenso in London.
Kundgebungen auch in Europa: Auch in Rom solidarisieren sich Menschen mit dem getöteten George Floyd.
… Ebenso in London.

Örtliche Reporter berichteten in der Nacht zu Samstag, weder Soldaten noch Polizisten seien in Minneapolis zu sehen gewesen. Walz räumte ein, die Sicherheitskräfte seien angesichts des Ausmasses der gewaltsamen Proteste überfordert gewesen. Walz, Frey und der Bürgermeister von St. Paul, Melvin Carter, erklärten übereinstimmend, die meisten der Demonstranten, die jetzt wichtige Infrastruktur zerstörten, seien Unruhestifter von ausserhalb der Region.

Auch in Washington DC demonstrierten mehrere Hundert Menschen. Die Polizei nimmt einen Demonstranten fest.

An den Protesten in Minneapolis und dem angrenzenden St. Paul beteiligten sich schwarze und weisse Demonstranten. Sie trugen Schilder mit Aufschriften wie «Bin ich der nächste?» und «Ohne Gerechtigkeit kein Frieden». Auch in anderen Städten wie Atlanta, New York, Detroit, Washington, Louisville, Portland und Oakland kam es nach Floyds Tod in der Nacht zu Samstag zu Protesten.

In Atlanta im Bundesstaat Georgia griffen Demonstranten die Zentrale von CNN an. Der Sender zeigte Live-Bilder aus der eigenen Zentrale, auf denen zu sehen war, wie Demonstranten von ausserhalb Objekte auf Polizisten im Eingangsbereich des Senders warfen. Der Gouverneur von Georgia, Brian Kemp, verhängte über Atlanta sowie über weitere Städte im Umland den Ausnahmezustand. Etwa 500 Mitglieder der Nationalgarde von Georgia sollten eingesetzt werden, um Menschen und Eigentum zu schützen, schrieb Kemp am Samstag auf Twitter.

Auch in New York gingen mehrere Tausend Menschen gegen Rassismus auf die Strasse. In der Nacht kam es dabei in den Stadtteilen Manhattan und Brooklyn zu Ausschreitungen. Dem Sender CNN zufolge nahm die Polizei mindestens 72 Menschen fest. Auf beiden Seiten soll es Verletzte gegeben haben. Viele Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift «I can’t breathe» (»Ich kann nicht atmen»), was Floyd gesagt hatte, kurz bevor er das Bewusstsein verlor. Bürgermeister Bill de Blasio schrieb auf Twitter: «Wir wollen nie wieder eine solche Nacht erleben.»

Am Freitag wurde ein Haftbefehl gegen den Polizisten erlassen, der Floyd das Knie auf den Nacken drückte. Kundgebung in Washington DC.

In der Grossstadt Portland im Bundesstaat Oregon wurde am Samstag der Notstand und ein nächtliches Ausgangsverbot verhängt. Im kalifornischen Los Angeles erklärte die Polizei infolge gewaltsamer Proteste ein Demonstrationsverbot für das Stadtzentrum.

Trump bot dem Gouverneur des Staates Minnesota an, das Militär gegen Demonstranten einzusetzen. Angehörige der Nationalgarde vor einem abgebrannten Gebäude in Minneapolis.

Nach einem Protest vor dem Weissen Haus drohte US-Präsident Donald Trump Demonstranten – indirekt, aber dafür erneut mit sehr deutlichen Worten: Falls die Demonstranten am Freitag über den Zaun des Regierungssitzes gelangt wären, wären sie von «boshaften Hunden und den bedrohlichsten Waffen» begrüsst worden, schrieb Trump am Samstag auf Twitter. Dann wären sie «wirklich mindestens schwer verletzt» worden. Viele Beamte des Secret Service warteten nur auf «Action». Der Protest vor dem Weissen Haus war vergleichsweise klein und harmlos: Demonstranten warfen einige Behelfszäune aus Metall um, die rund 30 Meter vor dem Zaun des Weissen Hauses Passanten zurückhalten.

Führende Demokraten hatten Trump bereits am Freitag vorgeworfen, mit seinen martialischen Äusserungen zu den Ausschreitungen am Rande der Proteste nur weiteres Öl ins Feuer zu giessen.

Joe Biden, der Trump bei der Wahl im November ablösen will, forderte einen entschlossenen Kampf gegen «systematischen Rassismus» in den USA. «Durch unser Schweigen, durch unsere Selbstgefälligkeit sind wir Komplizen der Fortsetzung des Kreislaufs der Gewalt», sagte der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten. «Leute: Wir müssen aufstehen. Wir müssen uns bewegen. Wir müssen uns ändern.»

US-Stars protestieren in sozialen Medien

Auch zahlreiche Stars reagieren auf Floyds Tod. Oscar-Preisträger Jamie Foxx (»Ray») nahm am Freitag an einer Kundgebung zum Protest gegen Polizeigewalt teil. Er sei nicht als Promi, sondern als Bruder nach Minneapolis gekommen, sagte der Schauspieler vor einer überwiegend schwarzen Menschenmenge. «Wir wollen euch wissen lassen, ihr habt Unterstützung.»

Sänger John Legend verlinkte auf Twitter Worte des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King, dass nur mit sozialer Gerechtigkeit und Fortschritt Aufstände zu vermeiden seien. «Hamilton»-Star Lin-Manuel Miranda rief zu Spenden für Organisationen auf, die festgenommenen Demonstranten mit Geld und Anwälten helfen.

Menschen versammeln sich am Freitag in Minneapolis, ein bekannter Basketballspieler umarmt eine Frau.

Sängerin Taylor Swift wandte sich per Kurznachrichtendienst Twitter direkt an US-Präsident Donald Trump, der den Demonstranten bei Plünderungen mit einem gewaltbereiten Militäreinsatz drohte. «Nachdem du während deiner gesamten Präsidentschaft die Feuer der weissen Vorherrschaft und des Rassismus angefacht hast, hast du jetzt die Nerven dazu, moralische Überlegenheit vorzutäuschen und dann mit Gewalt zu drohen?», schrieb Swift. «Wir werden dich im November aus dem Amt wählen.»

«Keine andere Wahl»

Cardi B verteidigte die Demonstranten in einem Video. «So sehr ich diese Art von Gewalt nicht mag – es ist, was es ist», sagte die Sängerin. «Zu viele friedliche Demonstrationen, zu viele Hashtags, die zu Trends werden, und keine Lösungen. Die Menschen haben keine andere Wahl.» Sänger Justin Bieber schrieb bei Instagram: «Keine Leben sind von Bedeutung bis schwarze Leben von Bedeutung sind.» Sängerin Beyoncé veröffentlichte ein Foto von Floyd auf ihrer Webseite und schrieb dazu «Rest in Power» (etwa Ruhe in Macht, in Anlehnung an «Rest in Peace», Ruhe in Frieden).

Seit sie das Video des Polizeieinsatzes gesehen habe, habe sie Floyds Gesicht und seine Worte nicht mehr aus dem Kopf bekommen, schrieb Kylie Jenner, TV-Star und Schwester von Kim Kardashian, bei Instagram. «Niemand sollte in Angst leben und niemand verdient einen Tod wie den von George Floyd und zu vielen anderen.»