Corona-Pressekonferenz des BundesratsBeizen-Ausnahmen für Vorzeige-Kantone und ein fauler Spruch von Ueli Maurer
Simonetta Sommaruga, Alain Berset und Ueli Maurer stellten die neuen Corona-Regeln vor. Und die Vorzeige-Kantone wurden beim Namen genannt. Der Überblick.
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Die Medienkonferenz im Videostream zum Nachschauen: Simonetta Sommaruga, Alain Berset und Ueli Maurer informierten über neue nationale Corona-Massnahmen. Quelle: Youtube/Bundesrat
Das Wichtigste in Kürze:
Restaurants, Bars, Läden, Märkte, Museen, Bibliotheken sowie Sport- und Freizeitanlagen müssen zwischen 19 und 6 Uhr schliessen.
Läden, Märkte, Museen, Bibliotheken sowie Sport- und Freizeitanlagen bleiben auch an Sonn- und landesweiten Feiertagen geschlossen.
Restaurants und Bars dürfen hingegen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein.
Am 24. Dezember und für Silvester gilt die Sperrstunde erst ab 1 Uhr.
Kantonen mit einer günstigen epidemiologischen Entwicklung ist es erlaubt, die Sperrstunde bis auf 23 Uhr auszuweiten.
Derzeit könnten Freiburg, Genf, der Jura, Neuenburg, Obwalden, Nidwalden, Waadt und das Wallis von dieser Regelung profitieren.
Das Härtefall-Programm zur Unterstützung von Unternehmen in der Coronakrise soll um 1,5 auf 2,5 Milliarden Franken aufgestockt werden.
Mit diesem Schritt will der Bundesrat die neuen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus abfedern.
Über die Höhe des Corona-Schuldenbergs konnte sich Bundesrat Maurer einen Witz nicht verkneifen (Ticker-Eintrag von 14:53 Uhr).
Das gesamte Massnahmenpaket finden Sie unten im Ticker beim Eintrag um 14:00 Uhr.
Schluss
Die Medienkonferenz ist zu Ende.
Sie haben gesagt für die Bevölkerung ist es nicht wichtig, wer entscheidet, sondern, dass sie die Massnahmen mitträgt. Wie erreichen Sie das?
Sommaruga: «Die Entscheide sind schwierig für alle. Es ist klar, dass nach mehreren Monaten die Menschen die Nase voll davon haben. Wir brauchen deshalb klare Massnahmen, Massnahmen, die greifen und einen Effekt haben, um die Zahlen zu reduzieren. Was der Bundesrat heute entschieden hat, sind Massnahmen, von denen wir aus den Kantonen wissen, dass sie funktionieren. Aber es braucht jeden einzelnen. Gemeinsam können wir diese Krise meistern.»
Wieso Sperrstunde um 19 Uhr? Wieso nicht ganz schliessen? Und sind Restaurants überhaupt Hotspots? Können juristische Schlupflöcher verhindert werden? Einige diskutieren schon darüber, eine Religion zu gründen, um sich weiter treffen zu können.
Berset: «Der Moment, in dem wir anfangen, mit den Massnahmen zu spielen, werden wir nicht mehr in der Lage zu sein, die Situation zu meistern. Ziel ist eine Reduktion der Kontakte über die Feiertage. Es gibt keine Alternative. Nächstes Jahr gibt es Alternativen. Es kommt eine Impfung, ein Ende des Winters. Doch für die nächsten Wochen und Monate ist die Situation so, wie sie ist.»
Es braucht circa zwei Wochen, bis man den Effekt von Massnahmen sieht. Gibt es Veränderungen, die man schon nächste Woche sieht?
Berset: «Wir sind jede Woche mit etwas konfrontiert, das wir noch nie gesehen haben. Es geht darum, zu verhindern, was wir in der ersten oder zweiten Welle erlebt haben: eine Verdopplungszeit von 7 Tagen. Die Effekte werden wir noch nicht in einer Woche sehen können.»
Die neuen Massnahmen in der grafischen Übersicht
Am 18 Dezember könnte man Läden und Restaurants ganz schliessen, meinte der Bundesrat am Dienstag. Ist das eine Möglichkeit, wie sieht es jetzt aus?
Sommaruga: «Wir sagten lediglich, dass man sich darauf vorbereiten muss, falls sich die Situation nicht verbessert oder verschlimmert. Wir bereiten den Prozess mit den Kantonen vor, wie man dann reagieren wird. Für die Bevölkerung ist es wichtig zu wissen, dass wir das bereits mit den Kantonen angeschaut haben, und für eine Verschlechterung vorbereitet sind. Obwohl wir hoffen, dass das nicht nötig sein wird.»
Werden wir Mitte Januar einen Graben sehen zwischen den Kantonen mit unterschiedlichen Massnahmen?
Berset: «Wir wissen immer noch sehr wenig. Wir können keine Prognosen machen und müssen sehr flexibel bleiben. In einer Pandemie ist nichts unmöglich. Wir versuchen, alles zu machen, dass wir Mitte Januar nicht noch einmal scharfe Massnahmen aussprechen müssen. Klar wäre es einfacher, alles zu schliessen. Wir versuchen genau das zu verhindern. Wir wissen, welche Massnahmen helfen und versuchen nach wie vor, einen Weg zu finden, mit den Massnahmen, welche uns am besten schützen, trotzdem weiterhin ein gewisses gesellschaftliches Leben ermöglichen können. Wie es Mitte Januar genau aussehen wird, ist jetzt schwierig zu sagen. Aber kantonale Unterschiede sind möglich.»
Viele Branchen haben Schutzkonzepte entwickelt. Die scheinen aber nicht zu nützen?
Gerber: «Hierzu zwei Punkte: Erstens sind die Kantone zuständig, die Konzepte zu kontrollieren und machen das auch. Zweitens informieren sie das BAG über die Kontrollen und Verstösse. Dazu gibt es publizierte Berichte. Teilweise wurden Mängel festgestellt, aber sie schützen schon.»
Die Vorzeige-Kantone: Wo dürfte die Sperrstunde verlängert werden?
Mathys: «Stand gestern hätten Freiburg, Genf, der Jura, Neuenburg, Obwalden, Nidwalden das Waadt und das Wallis diese Möglichkeit.»
Was ist das Ziel, 2000 Fälle? 500?
Berset: «Das Ziel ist, dass die Zahlen sinken. Wir hofften nach der letzten Halbierung, dass es eine weitere gibt. Und haben dann gemerkt, dass dies nicht geschah. Darum musste der Bundesrat mit neuen Basismassnahmen eingreifen. Wir wollen die Situation unter Kontrolle haben und dass die Zahlen sinken.»
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Wieso gibts keine verbindliche Homeoffice-Pflicht?
Berset: «Wir haben das ständig diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass eine starke Empfehlung der beste Weg ist. Was uns auch sehr stark beschäftigt hat ist der Anstieg in Zusammenhang mit den kommenden Feiertagen. Das war uns wichtiger.»
War die Kurzarbeit auch noch einmal ein Thema?
Maurer: «Ich nehme an, dass wir darüber nächste Woche noch einmal diskutieren werden. Aber mit den Massnahmen, die wir jetzt getroffen haben, beuteln wir erneut die tiefen Einkommen. Wenn Arbeitnehmer mit tiefem Lohn längere Zeit mit 80 Prozent des Lohns leben müssen, wird es schwierig. Wir müssen in dieser schwierigen Situation schauen, dass die schwächsten nicht durch die Maschen fallen.»
Was gilt für Kinos?
Gerber: «Kinos sind Kulturinstitutionen, die dürften ab 19 Uhr und sonntags schliessen. Aber: Filmvorführungen gelten als öffentliche Veranstaltung und sind daher verboten, die Kinos werden wohl geschlossen.»
Wieso verbieten Sie die Sonntagsverkäufe, aber die Restaurants dürfen offen sein am Sonntag?
Berset: «Ziel der Übung ist, die Kontakte und Menschenansammlungen zu reduzieren. Man könnte auch sagen dass es damit mehr Leute in den Läden hat unter der Woche. Aber wenn wir am Sonntag die Läden schliessen sind die Leute weniger unterwegs und es gibt weniger Kontakte. Treffen in einem geschlossenen Raum sind sehr riskant. Die Erfahrung zeigt, dass wenn man die Kontakte in Innenräumen begrenzt, kann man die Fälle eingrenzen. Wir glauben, dass die jetzige Reduktion der Kontakte uns an Weihnachten helfen werden. Und vergessen Sie nicht: Wir haben viel weniger strenge Massnahmen als viele andere europäischen Länder.»
Maurer: «Der Umsatzrückgang dürfte im Dezember und Januar irgendwo bei 600 bis 800 Millionen liegen.»
Sie schränken die Gastronomie und das öffentliche Leben ein, nicht aber die Privaten. Ist das nicht kontraproduktiv, weil man da keine Schutzkonzepte hat?
Sommaruga: «Wenn Sie die Erfahrungen in den Kantonen mit solchen Einschränkungen nehmen, konnte man nicht sehen, dass sich das einfach ins Private verschiebt. Der Bundesrat wollte in diesen Festtagen versuchen, bei den Haushalten und bei Familien mit Kindern keine unnötigen Einschränkungen zu machen. Es gibt aber nach wie vor die Empfehlung, sich möglichst auf zwei Haushalte zu beschränken.»
Gewisse Kantone werden erst im Frühling Härtefall-Gelder auszahlen können. Kann das beschleunigt werden?
Maurer: «Das sehe ich anders. Wir gehen davon aus, dass schon jetzt in allen Kantonen Gelder ausbezahlt werden können. Ich glaube, man hat hier zu viel Angst gemacht. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier verzögert sind. Wir müssen uns aber schon bewusst sein: Wir beurteilen im Vergleich zum Frühling jetzt Einzelfälle, das dauert einfach etwas länger, die Gesuchsteller müssen sich länger gedulden.»
Serge Gaillard der eidgenössischen Finanzverwaltung ergänzt: «Viele Kantone zahlen jetzt schon Geld aus. Andere brauchen etwas mehr Zeit, aber das Geld kann auch rückwirkend ausbezahlt werden. Nach Abschluss der Parlamentsdebatte soll die Verordnung noch stärker vereinfacht werden. So kann man von einer Härtefallprüfung zu mehr einem ‹Massengeschäft› gehen.»
Wie sollen die Schulden wieder abgebaut werden? Ohne Steuererhöhung und Sparpakete?
Maurer: «Das Ziel ist es, den Schuldenberg zurückzubauen, ohne die Steuern zu erhöhen. Das entscheiden wir aber nicht jetzt, wo wir noch mehr Schulden anhäufen. Wir machen einen Vorschlag, wie wir es abbauen können in zwei bis drei Monaten. Der zu tilgende Betrag dürfte insgesamt bei 25 bis 30 Milliarden liegen. Erst ab 2024 wird es wohl wieder ein ausgeglichenes Budget geben. Auch die internationalen Entwicklungen sind wichtig, wie sich das Wirtschaftswachstum entwickelt, wie sich die Exporte erholen können.»
Wird die Finanzhilfe auch rückwirkend ausgesprochen für Restaurants, die in letzter Zeit geschlossen wurden?
Maurer: «Diese Frage werden wir prüfen. Es ist schon so, dass die Restaurants in der Westschweiz bereits einen Effort gemacht haben. Sie schauen aber auch schon mit dem Kanton wegen Entschädigungen. Es wäre denkbar, dass von den 750 Millionen des Bundes noch Geld in die Restaurants in der Westschweiz fliessen würde. Das ist aber im Detail noch nicht geklärt und ich möchte keine falschen Erwartungen wecken.»
Weshalb geht man nicht in die ausserordentliche Lage und wieso sind die Testkapazitäten kein Kriterium?
Berset: «Wir können mit der besonderen Lage schon Massnahmen treffen. Die Kantone können darüber hinaus weitere Massnahmen treffen, das bleibt wichtig. Ich erinnere Sie: Es gibt auch Kantone, wo die Restaurants derzeit ganz zu sind.»
Mathys: «Aktuell werden pro Tag circa 30'000 Tests durchgeführt, die Kapazitäten sind aber wesentlich grösser. Wir sehen hier keine Probleme.»
Maurer witzelt über Höhe des Schuldenbergs
Maurer: «Es ist jetzt schon zu viel. Aber wenn es noch mehr braucht, müssen wir uns weiter verschulden. Wir könnten dann bald einmal die olympischen Spiele auf dem Schuldenberg abhalten, der wird so hoch sein, dass es dort schneesicher ist.
Lesen Sie dazu unseren Artikel: Maurers Kehrtwende – Schuldenschnitt statt Sparplan
sep/cpm
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