Kommentar zum Raiffeisen-Knall Lachappelle hat nicht mehr zugegeben, als er musste
Der zurückgetretene Raiffeisen-Präsident gibt sich reuig. Doch es bleiben viele Fragen offen.
Es war ein bitterer Moment, als Guy Lachappelle seinen Rücktritt bekannt gab. Er zeigte sich reuig gegenüber seiner Frau wegen seines Seitensprungs und reuig gegenüber der Öffentlichkeit, weil er in seiner «Verliebtheit» der Ex-Geliebten vertrauliche Bankdokumente herausgegeben hatte. (Lesen Sie dazu: «Ich habe in meiner Verliebtheit einen riesengrossen Fehler gemacht»).
Das ist sicher löblich, aber freiwillig war das nicht, und er hat nicht mehr zugegeben, als sowieso ausgekommen wäre. Am Mittwochnachmittag hat diese Redaktion mit Raiffeisen Kontakt aufgenommen, kurz darauf meldete sich Lachappelles Anwalt mit der Bitte, ihm das fragliche Mail zuzustellen, und versprach Antwort. Die kam aber nie, sondern die Pressekonferenz mit der Rücktrittserklärung.
Diese hat Lachappelle auch genützt, um seine Version der fatalen Liebesbeziehung zu erzählen, die ihn so unüberlegt handeln liess. Er hat damit genau das gemacht, was er der besagten Frau gerichtlich verbieten liess. Sie darf bis heute nicht sagen, was aus ihrer Sicht passiert ist. Der Kampf wird wohl vor Gericht entschieden, denn sie hat Strafanzeige eingereicht.
Lachappelle sagt, wegen «Stalking», gemäss der Strafanzeige geht es um mehr. Wer da recht hat, ist Privatsache. Keine Privatsache ist, dass neben der beantworteten Frage zur Herausgabe des Dokuments andere Fragen unbeantwortet bleiben. Etwa die Frage, ob der in der Strafanzeige geäusserte Verdacht zutrifft, Lachappelle habe Treffen mit der Frau über Spesen abgerechnet.
Der Verdacht betrifft sowohl Raiffeisen wie auch seine ehemalige Arbeitgeberin, die Basler Kantonalbank. Ebenso unbeantwortet blieb die Frage, ob Lachappelle Persönlichkeits- und Datenschutzgesetze verletzt hat, weil er angeblich im Beisein seiner Geliebten über Boni und die Qualifikation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BKB gesprochen hat.
Fragen stellen müsste man sich auch bei der Finanzmarktaufsicht (Finma). Sie hat 2018 Lachappelles Wahl zum Raiffeisen-Präsidenten explizit gestützt, obschon damals Zweifel bestanden wegen seines Verhaltens in der Betrugsaffäre um ASE Investment, die die BKB vor zehn Jahren in Atem hielt.
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