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Schwierige Mission in der Ukraine
Kriegsverbrechen sieht er schon heute, jeden Tag

Im Bundeshaus macht Damien Cottier (47) Karriere, und auch im Europarat ist er ein gefragter Mann. 
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Sein Mandat hat er nicht gesucht. Man hat es ihm anvertraut. Zuhanden des Europarats in Strassburg soll der Neuenburger FDP-Nationalrat Damien Cottier mit einem kleinen Team einen Bericht über im Ukraine-Krieg verübte Gräueltaten verfassen. Der geografische Fokus liegt auf der Hauptstadt Kiew und ihren Vororten Butscha und Irpin, wo russische Soldaten im März mutmasslich Zivilisten erschossen und Frauen vergewaltigten. 

Cottiers Auftrag ist, möglichst viele Beweismittel zu sichten und Interviews zu führen: mit internationalen Ermittlern, ukrainischen Staatsanwälten, Opfern und deren Angehörigen und mit Augenzeugen möglicher Kriegsverbrechen. Im Blick hat er Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen, vergangene, aber auch allfällige künftige.  

Im Bundeshaus macht Cottier rasant Karriere. Erst kürzlich wählte ihn die FDP-Fraktion in einer Kampfwahl zum Präsidenten. Jetzt übernimmt er auch noch in Strassburg eine schwierige Aufgabe. Zu seiner neusten Tätigkeit wollte sich der Neuenburger auf Anfrage nicht äussern. Er will sich nicht über Gebühr öffentlich exponieren, sein Mandat ist durchaus delikat. 

Am Sonntag versicherte der 47-Jährige in der RTS-Radiosendung «Forum» aber, er stehe nicht unter Druck, in der Ukraine innert kürzester Zeit möglichst viele Beweise zu sammeln. Cottier stellte darüber hinaus klar, er agiere nicht als Ermittler oder Staatsanwalt. Ebenso wenig gehe es darum, dereinst an einem Gericht Anklage zu erheben, sondern lediglich Fakten zu sammeln und diese dem Europarat bis in spätestens zwei Jahren in einem ausführlichen Bericht zur Kenntnis zu bringen. 

Russlands Ausschluss findet er richtig

Die Ukraine ist im Europarat vertreten, Russland nicht mehr – was Cottier richtig findet. Zwei Tage nach dem russischen Angriff beschloss der Europarat einstimmig, der Aggressor müsse den Rat verlassen. Ein logischer Entscheid, der auch für Damien Cottier bis heute der einzig richtige war, denn Kriegshandlungen sind mit der Europäischen Menschenrechts­konvention nicht vereinbar. 

Cottier ist einer von zwölf Bundesparlamentariern, die die Schweiz in Strassburg vertreten. Im Europarat leitet er den «Ausschuss für Recht und Menschenrechte», jenes Gremium also, das das Parlament formell mit der Berichterstattung beauftragt hat. Der Neuenburger ist selbst zwar kein Jurist und somit auch kein Spezialist für das internationale Strafrecht, aber er studierte einst Internationale Beziehungen und befasste sich somit intensiv mit der Europäischen Menschenrechts­konvention und dem Kriegsvölkerrecht. Auch vor diesem Hintergrund sagte er zu RTS: «In der Ukraine werden Kriegsverbrechen verübt, jeden Tag.» 

Bei Didier Burkhalter viel gelernt

Für den 47-Jährigen ist die Fact-Finding Mission in der Ukraine eine weitere wichtige und auch logische Wegmarke in seiner beruflichen Karriere. Cottier war Medienchef der FDP Schweiz, als ihn Bundesrat Didier Burkhalter 2010 als persönlichen Mitarbeiter in seine Nähe holte. Als Aussenminister engagierte sich Burkhalter für die weltweite Stärkung und Einhaltung der Menschenrechte und für die Beilegung von Kriegen, zum Beispiel jenem in Syrien.

Cottier unterstützte und beriet Burkhalter, sass in Friedensverhandlungen, tauschte sich mit Diplomaten und Mediatoren aus und wurde 2017 selbst Diplomat. In der Schweizer UNO-Mission in Genf leitete er die Abteilung für humanitäre Angelegenheiten. 2019 wählten ihn die Neuenburgerinnen und Neuenburger schliesslich in den Nationalrat. Dort gehört er bereits dem FDP-Führungszirkel an.