Antisemitischer AngriffHetzjagd auf israelische Fans in Amsterdam – was bislang bekannt ist
Nach den gewaltsamen Vorfällen in Amsterdam informierte die Polizei über den Ermittlungsstand. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist passiert?
Nach den gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Fangruppierungen in Amsterdam teilte die Polizei am Freitagmittag ihren neuesten Erkenntnisstand mit. Demnach haben propalästinensische Jugendliche aktiv Jagd auf israelische Fussballfans in Amsterdam gemacht. Mehrere Menschen seien bei den gewalttätigen Angriffen nach dem Fussballspiel von Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv verletzt worden, teilten Stadt und Polizei in einer gemeinsamen Erklärung mit. Fünf Menschen mussten nach Angaben der Polizei in Spitälern behandelt werden. Die Unruhestifter seien «aktiv auf die Suche gegangen nach israelischen Fans, um sie anzugreifen und zu misshandeln», heisst es in der Erklärung.
![epa11709900 (L-R) Chief Public Prosecutor Rene de Beukelaer, Amsterdam Mayor Femke Halsema and police chief of the Amsterdam-Amstelland unit Peter Holla update the press on the incidents that occurred the previous night in Amsterdam, Netherlands, 08 November 2024. The Israeli army confirmed on 08 November it was preparing to "deploy a rescue mission with the coordination of the Dutch government [...] following severe and violent incidents against Israelis in Amsterdam", as clashes broke out the previous night after a match between Ajax and Israeli soccer club Maccabi Tel Aviv. EPA/Koen van Weel epa11709900 (L-R) Chief Public Prosecutor Rene de Beukelaer, Amsterdam Mayor Femke Halsema and police chief of the Amsterdam-Amstelland unit Peter Holla update the press on the incidents that occurred the previous night in Amsterdam, Netherlands, 08 November 2024. The Israeli army confirmed on 08 November it was preparing to "deploy a rescue mission with the coordination of the Dutch government [...] following severe and violent incidents against Israelis in Amsterdam", as clashes broke out the previous night after a match between Ajax and Israeli soccer club Maccabi Tel Aviv. EPA/Koen van Weel](https://cdn.unitycms.io/images/68WtS3tBqR-BbJy_mS4qEE.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=dKrlOXzNRyo)
«An mehreren Stellen in der Stadt wurden Fans belagert, misshandelt und mit Feuerwerkkörpern beworfen», erklärte Bürgermeisterin Femke Halsema. Sie verurteilte dieses «antisemitische Verhalten». Stadt und Justiz untersuchen nun die Vorfälle. Die Behörden rufen alle Opfer auf, sich bei der Polizei zu melden und Anzeige zu erstatten. Laut israelischem Aussenministerium seien mittlerweile alle verletzten Israelis aus dem Spital entlassen worden.
Wie kam es zu den Angriffen?
Nach dem Fussballspiel in der Europa League von Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv hatten propalästinensische Jugendliche nach Angaben von israelischen Zeugen Fans angegriffen, als diese aus dem Stadion ins Zentrum der Stadt zurückkamen. Menschen berichteten von beängstigenden Momenten. Sie seien von maskierten jungen Männern verfolgt, geschlagen und getreten worden.
«Männer auf Motorrollern fuhren durch die Stadt und suchten israelische Fussball-Fans», führte sie aus. Die Angreifer hätten Maccabi-Fans ins Visier genommen, geschlagen und seien dann schnell geflüchtet. «Ich kann gut verstehen, dass das Erinnerungen an Pogrome weckt», sagte Halsema. «Unsere Stadt wurde zutiefst beschädigt. Die jüdische Kultur wurde zutiefst bedroht», fügte sie hinzu.
Die Polizei hatte zunächst von kleinen Konfrontationen gesprochen und sich sehr zurückhaltend geäussert. 62 Menschen wurden den Angaben zufolge vorläufig festgenommen. Zehn Verdächtige befinden sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch in Haft, davon sind zwei minderjährig. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, alle mutmasslichen Täter mit aller Härte zu verfolgen. Stadt und Justiz untersuchen nun die Vorfälle.
Nach Darstellung der Amsterdamer Polizei hatten die propalästinensischen Jugendlichen gezielt auf die Israelis am Bahnhof gewartet. Reporter des Amsterdamer TV-Senders AT5 berichteten, propalästinensische Demonstranten hätten Maccabi-Fans mit Stühlen beworfen, als diese vom Stadion am späten Donnerstagabend ins Zentrum zurückkehrten. Mobile Einsatzkräfte der Polizei hätten die Israelis abgeschirmt und mit Bussen in ihre Hotels begleitet.
Was ging dem voraus?
Das Spiel war im Vorfeld wegen der politischen Spannungen als Risikospiel eingestuft worden. Etwa 800 Beamte waren im Einsatz sowie zusätzlich mobile Einsatzkräfte.

Wie es zu den Angriffen kommen konnte und ob es um eine organisierte Aktion ging, soll untersucht werden. Die Polizei wies darauf hin, dass es bereits in der Nacht zuvor Zusammenstösse gegeben hatte. Auch Fans von Tel Aviv hätten randaliert und provoziert. So hätten sie palästinensische Flaggen verbrannt und von Häuserwänden gerissen sowie beleidigende Parolen gerufen. Das sei aber in keinerlei Hinsicht eine Entschuldigung für die antisemitischen Attacken, betonte die Bürgermeisterin.
Vor dem Spiel war es auch in der Nähe des Stadions im Südosten der Stadt zu Auseinandersetzungen gekommen. Etwa 200 Demonstranten versuchten nach Angaben der Polizei, zu der Spielstätte zu gelangen. Zuvor hatte die Stadtverwaltung eine Demonstration direkt vor der Johan-Cruijff-Arena verboten und einen anderen Ort in der Nähe für die Kundgebung bestimmt. Die Sicherheitsvorkehrungen waren vor der Partie deutlich verschärft worden.
Wie reagiert Israel?
Die israelische Regierung kündigte nach Bekanntwerden der Vorfälle an, zwei Flugzeuge zur Evakuierung von Staatsbürgern in die Niederlande zu schicken. Ein erster Flieger wurde am Nachmittag in Amsterdam erwartet, wie eine Sprecherin der israelischen Luftfahrtbehörde mitteilte.
![epa11709321 An El Al aircraft lands on the tarmac at Schiphol Airport near Amsterdam, Netherlands, 08 November 2024. The Israeli army confirmed on 08 November it was preparing to "deploy a rescue mission with the coordination of the Dutch government [...] following severe and violent incidents against Israelis in Amsterdam", after clashes broke out after a match between Ajax and Israeli soccer club Maccabi Tel Aviv EPA/Michel van Bergen epa11709321 An El Al aircraft lands on the tarmac at Schiphol Airport near Amsterdam, Netherlands, 08 November 2024. The Israeli army confirmed on 08 November it was preparing to "deploy a rescue mission with the coordination of the Dutch government [...] following severe and violent incidents against Israelis in Amsterdam", after clashes broke out after a match between Ajax and Israeli soccer club Maccabi Tel Aviv EPA/Michel van Bergen](https://cdn.unitycms.io/images/FUi49zOCq2_8l_iNEMDb3N.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=OF3XBwqvU_g)
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sprach in einem Telefonat mit seinem niederländischen Amtskollegen Dick Schoof von einem «vorsätzlichen antisemitischen Angriff». Der israelische Präsident Isaac Herzog erinnerte im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Amsterdam an den Grossangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023. «Wir haben an diesem Morgen schockierende Bilder und Videos gesehen, von denen wir gehofft hatten, dass wir sie nach dem 7. Oktober nicht wieder sehen müssen: Ein antisemitisches Pogrom gegen die Fans von Maccabi Tel Aviv und israelische Bürger im Herzen von Amsterdam», schrieb er auf X.
Das israelische Aussenministerium kündigte einen «dringenden» diplomatischen Besuch des neuen Aussenministers Gideon Saar in den Niederlanden an, der «bald» erfolgen werde. Saar verurteilte die Ausschreitungen bei X als «barbarische und antisemitische Terrorattacken».
Welche Reaktionen löste der Vorfall aus?
Ministerpräsident Dick Schoof verurteilte auf X diese «unakzeptablen antisemitischen Angriffe auf Israelis». Er habe inzwischen mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu telefoniert. Er sagte dem Land alle Unterstützung zu.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die Ausschreitungen. «Antisemitismus hat keinen Platz in Europa. Wir kämpfen entschlossen gegen jede Art von Hass», schrieb sie bei X.
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«Die Bilder aus Amsterdam sind furchtbar und für uns in Europa zutiefst beschämend», erklärte die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei X. «Der Ausbruch solcher Gewalt gegenüber Juden überschreitet alle Grenzen», fuhr sie fort. Dafür gebe es keine Rechtfertigung. Juden «müssen in Europa sicher sein».
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Der französische Präsident Emmanuel Macron verurteilte auf X die Vorfälle aufs schärfste. Er schrieb, dass die Gewalt gegen israelische Bürger an die beschämendsten Stunden der Geschichte erinnern würden. «Frankreich wird weiterhin unermüdlich gegen den abscheulichen Antisemitismus kämpfen.»
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Ein Sprecher des UN-Menschenrechtskommissars bezeichnete die Vorfälle als «sehr verstörend»: «Niemand sollte aufgrund seiner Nationalität, Religion, Ethnie oder aus einem anderen Grund Opfer von Diskriminierung oder Gewalt werden».
«Die Hatz auf Juden ist wieder ausgebrochen – das waren keine Krawalle unter Fangruppen», schrieb der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, bei X. Gerade angesichts des bevorstehenden Jahrestags der Pogromnacht am 9. November in Deutschland sei es ein «Armutszeugnis, dass Juden und Israelis in Westeuropa nicht mehr sicher sein können».
Die Europäische Fussball-Union (Uefa) hat die «Gewalttaten aufs Schärfste» verurteilt. «Wir vertrauen darauf, dass die zuständigen Behörden so viele Verantwortliche wie möglich für diese Aktionen identifizieren und anklagen werden», heisst es in einer Uefa-Stellungnahme weiter: «Die Uefa wird alle offiziellen Berichte prüfen, verfügbare Beweise sammeln, diese auswerten und weitere geeignete Massnahmen entsprechend ihres Regelwerks prüfen.»
DPA/AFP/jaw
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