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Krankenkassen-Prämien
Am Tag des Prämienschocks: Ständerat will Mindest­franchise erhöhen

Esther Friedli, SVP-SG, Mitte, aeussert sich zur Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit, an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 11. September 2024 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
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Am Donnerstagnachmittag war es wieder so weit. Jeden Herbst tritt die zuständige Bundesrätin – aktuell Elisabeth Baume-Schneider (SP) – vor die Medien und gibt bekannt, wie sich die Krankenkassenprämien entwickeln. Dieses Jahr liegt der Anstieg im Schnitt bei 6 Prozent.

Die Versicherten haben die Möglichkeit, für sich die günstigste Lösung zu suchen. Sie können die Krankenkasse wechseln, ein anderes Versicherungsmodell wählen – oder eine andere Franchise.

Wer eine hohe Franchise wählt, profitiert von tieferen Prämien, muss aber im Krankheitsfall mehr aus der eigenen Tasche bezahlen. Die höchste Franchise beträgt 2500 Franken, die Mindestfranchise liegt seit 20 Jahren bei 300 Franken. Versicherte müssen also mindestens 300 Franken ihrer jährlichen Behandlungskosten selbst übernehmen. 

Baume-Schneider: «Moderate Anpassung»

Künftig soll es mehr sein: Der Ständerat will den Bundesrat beauftragen, die Regeln so zu ändern, dass die ordentliche Franchise «die Kostensituation besser abbildet». Die Mindestfranchise soll also steigen. Der Ständerat hat am Donnerstag – kurz vor der Bekanntgabe des Prämienanstiegs – eine Motion von SVP-Vertreterin Esther Friedli angenommen, mit der auch der Bundesrat einverstanden war. 

Die Regierung kann die Franchise in eigener Kompetenz erhöhen, auf dem Verordnungsweg. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider gab nicht bekannt, wie stark der Bundesrat sie erhöhen will. Sie sagte aber, die Anpassung werde moderat ausfallen.

Dem Ständerat lag auch ein Vorstoss von FDP-Vertreter Josef Dittli vor, der eine regelmässige Erhöhung der Franchisen und/oder des Selbstbehalts forderte, gekoppelt an die Prämienentwicklung. Dieses Anliegen lehnte der Bundesrat ab.

Dittli zog seinen Vorstoss schliesslich zugunsten von Friedlis Motion zurück. Beide argumentierten mit den steigenden Gesundheitskosten. «Wir müssen endlich etwas dagegen unternehmen», sagte Dittli. Der Aufschrei wegen der Prämien werde auch dieses Jahr wieder gross sein. Die Statistik zeige, dass der Anteil der privaten Finanzierung über die Jahre zurückgegangen sei. 

Weniger unnötige Behandlungen

Friedli sagte: «Wenn wir den Kostenanstieg bremsen wollen, sind alle gefordert.» Sie zeigte sich überzeugt, dass eine Anpassung der Mindestfranchise die Eigenverantwortung stärken würde. Die Hoffnung besteht darin, dass die Versicherten weniger unnötigerweise zum Arzt gehen, wenn sie mehr aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Dadurch sollen die Krankenkassenprämien sinken. 

Gemäss einer Studie im Auftrag des Krankenversicherers Helsana liegt das Sparpotenzial bei 1,2 Milliarden Franken pro Jahr, wenn die Mindestfranchise von 300 auf 500 Franken steigt. Damit liesse sich die Durchschnittsprämie für Erwachsene monatlich um 13.50 Franken senken. 

Die Studie zeigt allerdings auch, auf wessen Kosten. Die tiefste Franchise wählen Personen mit niedrigem Einkommen, weil sie das Risiko nicht eingehen können, eine hohe Arztrechnung selbst bezahlen zu müssen. Am häufigsten wählen Einelternhaushalte mit Kindern die Franchise von 300 Franken – und Menschen mit einem schlechten Gesundheitszustand. 

«Angriff der Verletzlichsten»

Die Autoren der Studie sprechen von einem Zielkonflikt: Mit einer höheren Selbstbeteiligung der Versicherten könnten systemweite Einsparungen und damit auch Prämienreduktionen erreicht werden. Gleichzeitig erhöhe sich die finanzielle Belastung von Versicherten im Krankheitsfall. 

Die Linke stellte sich aus diesem Grund dagegen. SP-Ständerat Baptiste Hurni sprach von einer Attacke gegen Versicherte mit geringem Einkommen und chronisch Kranke – gegen die Verletzlichsten. Das sei «abscheulich». Die Gegnerinnen und Gegner befürchten auch, dass Untersuchungen und Behandlungen aufgeschoben werden, wenn Kranke mehr aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Das würde sich negativ auf die öffentliche Gesundheit auswirken – und könnte die Kosten sogar ansteigen lassen. 

SP-Vertreterin Flavia Wasserfallen gab zu bedenken, dass im internationalen Vergleich die Kostenbeteiligung in der Schweiz ohnehin schon hoch sei. Es gehe nicht an, das Problem der steigenden Prämien damit zu lösen, dass die Menschen sich im Krankheitsfall auch noch stärker an den Kosten beteiligen müssten. Der Ständerat nahm Friedlis Vorstoss aber an, mit 25 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Als Nächstes wird der Nationalrat darüber entscheiden.