Kontroverser Gast der «Weltwoche»Köppel bringt Viktor Orbán nach Zürich – Berset und Cassis empfangen ihn zum Höflichkeitsbesuch
Der ungarische Ministerpräsident wird nächste Woche auf Einladung des «Weltwoche»-Chefs in Zürich eine Rede halten. In Bern trifft Orbán den Bundespräsidenten und den Aussenminister.
Nachdem er 2018 den umstrittenen Trump-Berater Steve Bannon in die Schweiz gebracht hat, empfängt Roger Köppel nun einen weiteren internationalen Stargast der rechtskonservativen Szene: Am 22. November tritt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán an einer «Matinee» der «Weltwoche» im Zürcher Hotel Dolder Grand auf.
Orbán verbindet den Aufenthalt in der Schweiz am Tag vorher mit einem «Höflichkeitsbesuch» in Bern bei Bundespräsident Alain Berset und Aussenminister Ignazio Cassis. Die Bundeskanzlei bestätigte am Freitag einen Bericht von RTS. Die Initiative für das Treffen mit der Schweizer Regierung ging von Orbán aus.
Putins enger Verbündeter
Bekannt als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, steht Orbán international in der Kritik, insbesondere seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Zwar trägt Ungarn die Sanktionen gegen Russland formell mit. Aber Orbáns Treffen mit Putin in Peking vor einem Monat hat zusätzliche Bedenken ausgelöst, was vom US-Botschafter in Ungarn, David Pressman, öffentlich zum Ausdruck gebracht wurde.
Die ungarische Regierung wies Pressmans Kritik zurück. «Es ist nicht die Aufgabe des US-Botschafters, die ungarische Aussenpolitik festzulegen. Das ist die Aufgabe der ungarischen Regierung», sagte Orbáns Stabschef Gergely Gulyas.
Die Ankündigung der Veranstaltung mit Orbán in Zürich löst kontroverse Reaktionen aus, insbesondere in den sozialen Medien.
Maurer und Blocher sind auch dabei
Neben Köppel und Orbán treten am Mittwoch in Zürich auch die SVP-Alt-Bundesräte Ueli Maurer und Christoph Blocher auf. Mit dabei ist zudem Fürstin Gloria von Thurn und Taxis.
Die süddeutsche Adelige hat Orbán 2012 an den «Thurn-und-Taxis-Festspielen» in Regensburg empfangen. Ihr wird eine besondere Faszination auch für andere rechtskonservative Politiker nachgesagt, etwa Donald Trump. Darauf angesprochen, sagte sie zur «Mittelbayerischen Zeitung»: «Rechtskonservativ ist man doch heute schon, wenn man sich regelmässig die Zähne putzt.»
Viktor Orbán gilt als eine der polarisierendsten Figuren in der europäischen Politik. Seine Regierungsführung hat sowohl innerhalb Ungarns als auch international viele Kontroversen hervorgerufen. Er vertritt eine stark nationalistische Politik.
Ausgesprochener EU-Kritiker
Orbán spricht sich vehement gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten aus und stellt dies als Schutz der christlichen Identität Europas und Ungarns dar. Seine Regierung wird zudem kritisiert für ihre autoritären Tendenzen. Dazu gehören Einschränkungen der Pressefreiheit, die Schwächung unabhängiger Institutionen und die Einflussnahme auf die Justiz.
Obwohl Ungarn Mitglied der Europäischen Union ist, legt Orbán eine dezidiert euroskeptische Haltung an den Tag. Er kritisiert die Brüsseler Politik und setzt sich für eine Reform der EU ein, die mehr nationale Souveränität zulässt.
Orbáns Politik und Rhetorik finden Anklang bei rechtskonservativen und nationalistischen Gruppen in Europa und darüber hinaus. Er wird als Vorbild für rechtskonservative Politiker in ganz Europa gesehen, die ähnliche Ziele verfolgen.
«Alle sind herzlichst willkommen und können ihre kritische Sicht einem Realitätstest unterziehen.»
Roger Köppel gibt sich von den Kontroversen um Orbán unberührt und lädt die Kritiker ein, sich selbst ein Bild zu machen, wie er «20 Minuten» sagte. Der «Weltwoche»-Besitzer und -Chefredaktor betont die «gemeinsamen Werte von Freiheitsliebe und Respekt vor anderen Meinungen», die die Schweiz, Ungarn und die «Weltwoche» verbinden würden.
Gelegenheit, Orbán in Zürich zu erleben, besteht allerdings nur noch per Livestream im Internet: Tickets zur Matinee – Kostenpunkt: 90 Franken – sind ausverkauft.
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