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Schutz vor dem Norovirus
Kommt bald die Impfung gegen die Magen-Darm-Grippe?

Auf Kreuzfahrtschiffen ist das Norovirus besonders gefürchtet, auch weil man sich immer wieder neu anstecken kann.
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Wir haben alle schon Bekanntschaft gemacht mit dem Norovirus, das heftige Magen-Darm-Grippen auslöst. Neben den unangenehmen Symptomen spürt man oft auch eine gewisse Hilflosigkeit. Denn man kann gegen die Beschwerden nicht viel ausrichten, ausser darauf zu achten, dass man nicht zu viel Flüssigkeit verliert. Für gesunde Menschen vom Schulalter bis ins fortgeschrittene Alter sind Magen-Darm-Grippen lästig, aber in Ländern mit einem funktionierenden Gesundheitssystem meist harmlos. Gefährlich sind sie jedoch für kleine Kinder, sehr alte Menschen und für Immungeschwächte. Auch in armen Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung sind sie ein grosses Problem. Denn bei starker Dehydrierung helfen nur noch Infusionen.

Eine Krankenschwester verabreicht einem Säugling den Rotavirus-Impfstoff in Port au Prince, Haiti 2014. Der Impfstoff ist für Kinder im Alter von 6 Wochen bis 6 Monaten bestimmt. 

Medikamente gibt es keine, deshalb setzt die Forschung auf Impfungen. Beim Rotavirus, das ebenfalls Magen-Darm-Grippen verursacht, existiert bereits eine Impfung. Das noch häufigere Norovirus ist ein schwieriger Kandidat für ein mögliches Vakzin. Doch jetzt arbeiten Forscherinnen und Forscher an Erfolg versprechenden Ansätzen.

200’000 Todesfälle pro Jahr durch das Norovirus

Eine Impfung wäre dringend nötig. 700 Millionen Fälle von Norovirus-Durchfallerkrankungen gibt es jährlich weltweit und mehr als 200’000 Todesfälle vor allem bei kleinen Kindern. In der Schweiz, schätzt das Bundesamt für Gesundheit (BAG), gibt es jedes Jahr rund 400’000 Norovirus-Erkrankungen. Besonders gefürchtet ist die Krankheit in Alters- und Pflegeheimen und in Spitälern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft das Norovirus als «grosse weltweite Bedrohung für die öffentliche Gesundheit» ein.

Dass es schwierig ist, einen Impfstoff gegen das Norovirus zu entwickeln, hat mit einigen Besonderheiten des Virus zu tun. Was wir vom Coronavirus kennen, gilt auch für das Norovirus: Es gibt sehr viele Varianten, die sich immer wieder neu untereinander kombinieren. Deshalb kann man sich auch immer wieder anstecken.

Die verschiedenen Noroviren nutzen nicht immer die gleichen Rezeptoren, um in die menschlichen Zellen einzudringen.

Zudem hält die menschliche Immunantwort selbst gegen eine bekannte Variante nicht sehr lange. «Es ist grundsätzlich schwieriger, gegen Viren eine Impfung zu entwickeln, bei denen nach einer durchgemachten Infektion keine guten Antikörper zurückbleiben», sagt Jakob Nilsson, leitender Arzt an der Klinik für Immunologie des Universitätsspitals Zürich.

Anders als das Coronavirus ist das Norovirus nicht leicht zu erforschen. So ist es bisher kaum gelungen, das Norovirus im Labor zu kultivieren. Und es existiert kein Tiermodell, mit dem die Wissenschaftler arbeiten könnten. Zudem nutzen die verschiedenen Noroviren nicht immer die gleichen Rezeptoren, um in die menschlichen Zellen einzudringen, was die Sache zusätzlich erschwert.

Das Norovirus ist ein Überlebenskünstler, selbst Temperaturen von minus 18 Grad im Tiefkühler übersteht es.

Bei einer der beiden neuen Impfungen setzen die Molekularbiologen der Washington University School of Medicine auf das Rotavirus, das leichter zu erforschen ist. Einem harmlos gemachten Rotavirus fügen sie ein wichtiges Protein des Norovirus zu, um eine Immunantwort auszulösen. Solche vektorbasierten Impfstoffe kamen auch während der Corona-Pandemie zum Beispiel im Impfstoff von AstraZeneca zum Einsatz. Und tatsächlich war der experimentelle Impfstoff im Tiermodell erfolgreich.

«Das ist ein Erfolg versprechender Ansatz», sagt Immunologe und Infektiologe Nilsson. Wichtig sei bei einem Norovirus-Vakzin die Immunantwort in der Darmschleimhaut. Dort müssen Antikörper in genügender Konzentration vorhanden sein, um eine Erkrankung zu verhindern. Das gelang in ersten Tests.

Das Norovirus sorgt regelmässig für grössere Ausbrüche in Heimen, Spitälern, Kindergärten oder auf Kreuzfahrtschiffen, weil es so ansteckend und beständig ist. Es braucht im Vergleich beispielsweise zum Grippevirus eine weitaus kleinere Menge an Noroviren, um zu erkranken. Zudem ist das Norovirus ein Überlebenskünstler. Selbst Temperaturen von minus 18 Grad im Tiefkühler übersteht es, weshalb man sich auch durch aufgetaute, kontaminierte Speisen, die man nicht kocht, wie zum Beispiel tiefgefrorene Beeren, anstecken kann.

Nur 20 Prozent der Ansteckungen durch mangelnde Hygiene

Schon länger sind Experten überzeugt, dass sich Norovirus-Ausbrüche am besten mit einer Impfung verhindern lassen. Zwar spiele die Hygiene bei der Essenszubereitung auch eine wichtige Rolle, wie Wissenschaftler des amerikanischen National Institute of Health in einem Forschungsbericht schrieben. Doch dieser Ansteckungsweg verursache schätzungsweise nur rund 20 Prozent der Norovirus-Infektionen.

Noch weiter in der Entwicklung ist ein weiteres Impfstoff-Projekt des Pharmaherstellers Takeda mit virenähnlichen Partikeln. Bei diesem Impfstoff haben die Entwickler bereits eine Phase-II-Studie mit Kindern zwischen einem und acht Jahren erfolgreich abgeschlossen.

«Es ist gut, wenn die Forschung verschiedene Ansätze für einen Impfstoff verfolgt», sagt Nilsson. Gerade weil das Norovirus ein schwieriger Kandidat ist. Ein bisschen warten muss man aber noch auf beide Impfstoffe. Trotzdem gibt es auch eine gute Nachricht: Rund 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung haben einen natürlichen Schutz gegen das Norovirus und erkranken bei Ausbrüchen meist nicht.

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