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Entscheid von Kommission
SVP-Nationalrat Glarner geniesst nicht für alle Tweets Immunität

Nationalrat Andreas Glarner, SVP-AG, spricht mit Journalisten anlaesslich einer Anhoerung bei der Immunitaetskommission des Nationalrates, am Montag, 18. November 2024, in Bern. Glarner muss sich wegen eines angesetzten Tweets erklaeren. (KEYSTONE/Peter Schneider)
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Die Immunitätskommission (IK-N) des Nationalrates hatte am Montag über Gesuche von Justizbehörden zur Aufhebung der parlamentarischen Immunität von fünf aktiven respektive ehemaligen SVP-Parlamentariern zu entscheiden. Im Fall des Aargauer Nationalrates Glarner verneinte sie den Schutz vor Ermittlungen.

Die Kommission kam mit 5 zu 4 Stimmen zu diesem Schluss. Glarners Immunität müsse für eine allfällige Strafverfolgung gar nicht aufgehoben werden. Die Kommission trat darum auf das entsprechende Gesuch nicht ein, wie die Parlamentsdienste am Montag mitteilten. Glarners «pauschale Äusserungen» seien im vorliegenden Fall nicht durch die relative Immunität geschützt, hielt die Kommission fest.

Seine Aussage sei zu allgemein und pauschal gehalten, als dass sich eine Verbindung zu bestimmten parlamentarischen Geschäften herstellen lasse. «Nationalrat Glarner kann deshalb in diesem Fall wie jeder andere Bürger von der Justiz beurteilt werden», sagt IK-N-Präsident Pierre-André Page (SVP).

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Das Gesuch gestellt hatte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern. Sie hatte um eine Ermächtigung ersucht, gegen Glarner wegen Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zu Hass gemäss der Antirassismus-Strafnorm ermitteln zu können.

Die Mehrheit der IK-N ist der Ansicht, dass Ratsmitglieder gegenüber Privatpersonen nicht pauschal privilegiert werden sollten, wenn sie sich auf für alle zugänglichen Plattformen äussern. Als nächstes hat die zuständige Ständeratskommission über das Gesuch zu entscheiden. Andreas Glarner war am Montagabend für diese Redaktion nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Kommission vertagt Entscheid zur Immunität von Aeschi und Graber

Den Entscheid zur Aufhebung der Immunität der SVP-Nationalräte Thomas Aeschi und Michael Graber verschiebt die IK-N. Letztere hatten sich während des Besuches des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk im Bundeshaus ein Handgemenge mit Polizisten geliefert.

Ob das Handgemenge mit den Polizisten ein juristisches Nachspiel hat, ist noch offen.

Die Immunitätskommission will den Entscheid vertagen, bis ihr eine Stellungnahme der Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung vorliegt. Letztere soll zuerst darlegen, ob die beiden Nationalräte aus ihrer Sicht die Sicherheitsvorschriften für das Gebäude verletzt haben, teilte die IK-N am Montagabend mit.

Laut Einsatzjournal des Bundessicherheitsdienstes (BSD) hätten die Nationalräte Thomas Aeschi und Michael Graber – entgegen den Anweisungen der Sicherheitsassistenten des BSD – während des Besuchs des ukrainischen Parlamentspräsidenten versucht, die Haupttreppe des Parlamentsgebäudes zu benutzen. Als sie von den Beamten zurückgehalten wurden, kam es zu einem Gerangel mit körperlichem Einsatz und verbaler Auseinandersetzung.

Aufgrund des Verdachts auf Hinderung an einer Amtshandlung reichte die Bundesanwaltschaft (BA) am 19. September 2024 ein Gesuch um Aufhebung der Immunität ein. Die IK-N hörte die Nationalräte Aeschi und Graber am Montag an. Nationalrat Aeschi machte dabei geltend, dass er direkt körperlich angegangen worden sei, ohne zuvor auf das Durchgangsverbot hingewiesen worden zu sein, teilte die Kommission mit.

Nationalrat Graber fügte dem laut der Mitteilung der IK-N hinzu, dass dieses Verbot auch nicht im Vorfeld durch die Parlamentsverwaltung kommuniziert worden sei. Gemäss dem Präsidenten Page, habe die Komission lange diskutiert und am Ende den Entscheid auf Februar vertagt. Dann findet zuerst die nächste Sitzung der Verwaltungsdelegation statt, kurz darauf tagt die IK-N wieder. 

Ständerat Chiesa bleibt vor Ermittlungen zu Wahlkampagne geschützt

Die Immunität von SVP-Ständerat Marco Chiesa hob die IK-N im Zusammenhang mit Untersuchungen wegen einer SVP-Wahlkampagne jedoch nicht auf.

Die Berner Justiz wollte untersuchen, ob die SVP-Kampagne mit dem Slogan «Neue Normalität?» von 2023 gegen die Antidiskriminierungsnorm verstossen hat. Die Kampagne für die Wahlen im Herbst 2023 prangerte kriminelle Handlungen von Asylsuchenden an.

Die Berner Generalstaatsanwaltschaft ersuchte daher, die Aufhebung der Immunität von Chiesa – er war während der Kampagne SVP-Präsident – und auch des damaligen SVP-Nationalrates und damaligen SVP-Generalsekretärs Peter Keller zu prüfen. Chiesa ist nach wie vor Ständerat; das Parteipräsidium gab er inzwischen ab.

Die IK-N lehnte es nun aber ab, die Immunität der beiden aufzuheben, im Fall von Chiesa mit 6 zu 3 Stimmen und bei Keller mit 6 zu 2 Stimmen und mit einer Enthaltung. Die Aussagen der Kampagne seien der freien Meinungsäusserung und -bildung im Rahmen des demokratischen Wahlkampfes zuzuordnen. Deshalb müssten sie toleriert werden.

Berner Justiz bestätigt zweite Anzeige gegen Keller

Der Entscheid ist definitiv, da zuvor schon die Rechtskommission des Ständerates gleich entschieden hat. Trotzdem könnte die Berner Justiz gegen Keller aktiv werden. Gegen ihn ging am 11. November eine zweite Anzeige ein, die dieser Redaktion vorliegt. 

Darin begründen die Anzeigeerstatter, darunter der Eritreische Medienbund Zürich, ihre Eingabe damit, «dass die Kampagne immer noch anhält», Keller jedoch nicht mehr im Nationalrat sei und sich nicht mehr auf seine Immunität berufen könne.

Bei der Berner Staatsanwaltschaft bestätigt man den Eingang. «Da die Anzeige denselben Sachverhalt und dieselben beschuldigten Personen betrifft und lediglich ein späterer Tatzeitraum angezeigt wird, wird sie vorerst zusammen mit den anderen Anzeigen und im Rahmen des diesbezüglich laufenden Verfahrens behandelt», sagt der Sprecher der Berner Staatsanwaltschaft, Christof Scheurer.

Erst nach Abschluss des Immunitätsverfahrens und der Klärung weiterer prozessualer Fragen, werde darüber entschieden, ob und gegen welche Personen ein Verfahren eröffnet werde, sagt Sprecher Scheurer. Gut möglich also, dass sich die Justiz trotzdem noch mit dem Fall Keller beschäftigen könnte.

SDA/jaw/pin