Eklat im BundeshausSVP-Aeschi liefert sich Handgemenge mit der Polizei
Zwischenfall beim Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten: Zwei SVP-Parlamentarier wollen einen gesperrten Bereich passieren – Bundespolizisten hindern sie daran.
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hat sich im Bundeshaus am Mittwochmorgen ein Handgemenge mit bewaffneten Polizisten des Bundessicherheitsdienstes geliefert. Die Polizisten, die mit Maschinenpistolen bewaffnet waren, sollten den Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk im Parlament sichern. Vor der Statue der Eidgenossen gab es einen Fototermin mit Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP), während dem die Polizisten die grosse Freitreppe kurzzeitig sperrten.
In diesem Moment wollten Aeschi und sein Fraktionskollege Michael Graber die Treppe hinuntergehen. Die Polizisten sagten ihnen zuerst, sie dürften hier nicht durch. Laut mehreren Zeugen weigerten sich Aeschi und Graber, die Anweisung zu respektieren, und wollten weitergehen. «Darauf hinderten uns die Polizisten physisch», sagte ein sichtlich aufgebrachter Graber gegenüber dieser Redaktion. Georg Humbel, Journalist der «NZZ am Sonntag», der zufällig vor Ort war, spricht von einem regelrechten «Handgemenge».
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Verwackelte Handybilder zeigen, wie Aeschi von einem bewaffneten Polizisten halb zu Boden gedrückt wurde. Graber sagt, er und Aeschi hätten zufällig die Treppe hinuntergehen wollen, als sich ihnen die Polizisten in den Weg stellten.
Aeschi hat auf Twitter ein Video zum Vorfall geteilt, das das Newsportal «Nau» veröffentlichte. Er schreibt, Humbels Darstellung sei falsch, er habe sich nicht stoppen lassen. «Es geht darum, dass während der Session die parlamentarische Arbeit vor ausländischen Staatsbesuchen Vorrang hat».
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Gegenüber dem Nachrichtenportal Nau.ch spielt Aeschi den Vorfall herunter: «Ich hatte eine Unterredung mit dem Verantwortlichen des Fedpol», sagt er. «Ich habe ihm gesagt, dass man doch künftig die Haupttreppe nicht sperren soll. Was er jetzt damit macht, weiss ich nicht.»
Graber macht Vergleich mit Drittem Reich
«Wir wurden vorgängig nicht darüber informiert, dass dieser Bereich gesperrt ist», sagt Graber. «Erst als ich dort durchgehen wollte, wurde ich von einem Polizisten ohne Vorwarnung physisch geblockt», erzählt Graber, sichtlich aufgebracht. «Es ist Session und wir sind gewählte Parlamentarier», sagt er. Im Parlamentsgebäude hätten ihm Polizisten nichts zu befehlen.
Einer der Polizisten habe ihm gesagt, er führe nur Befehle aus. Darauf, erzählt Graber gegenüber dieser Redaktion, habe er dem Polizisten geantwortet: «Ihr wärt im Dritten Reich die Ersten gewesen, die Hitlers Befehle ausgeführt hätten.»
Graber spricht von einem «absoluten Skandal». Wer immer dafür politisch verantwortlich sei, «dass der Fraktionschef der grössten Schweizer Partei physisch zu Boden gestossen wurde», müsse zurücktreten.
«Tiefer kann man nicht mehr sinken»
Im Bundeshaus herrscht nach dem Vorfall Aufregung. Viele Ratsmitglieder zeigen sich konsterniert. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth sagt: «Ich finde es absolut inakzeptabel, was passiert ist.» Es sei unerhört, dass Thomas Aeschi als SVP-Fraktionspräsident versuche, die Bundespolizei an ihrer Arbeit zu hindern. Diese habe die Aufgabe, einen ausländischen Parlamentspräsidenten zu schützen. «Ich danke der Bundespolizei, dass sie ihre Arbeit gemacht hat.»
Aeschi mache sich wiederholt lächerlich und «zum Wasserträger der Putin-Propaganda», sagt Wermuth. Zum Nazi-Vergleich von Michael Graber hält er fest: «Tiefer kann man nicht mehr sinken.» SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti ergänzt: «Es ist eine Verharmlosung, eine Respektlosigkeit gegenüber den Opfern von Nazi-Deutschland.»
«Die Balance finden»
Die grünliberale Fraktionschefin Corina Gredig sagt: «Das ist absolut würdelos für unser Parlament.» Das Fedpol habe den Auftrag, das Parlamentsgebäude zu überwachen. «Parlamentarier stehen nicht über dem Gesetz. Die haben sich genauso an Regeln zu halten wie alle anderen auch.» Ausgerechnet die SVP, die immer auf Sicherheit poche, widersetze sich Sicherheitsleuten, die ihren Job machten. Zu Grabers Vergleich mit der Befehlsbefolgung im Dritten Reich sagt Gredig: «Solche Vergleiche sind daneben, insbesondere von Vetretern einer Regierungspartei. Da frage ich mich wirklich: Wie weit will man noch gehen?»
FDP-Fraktionschef Damien Cottier bedauert den Zwischenfall. In solchen Situationen müsse man die richtige Balance finden zwischen Sicherheitsbedürfnissen und der ungestörten Weiterführung des Parlamentsbetriebs, sagt er. «Wenn man für ein paar Minuten eine andere Treppe benutzen muss, ist das auch ok», sagt Cottier. «Aber zu physischen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitsleuten und Parlamentariern sollte es natürlich nie kommen.»
Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy sagt, er könne sich zum konkreten Vorfall nicht äussern, da er nicht dabei gewesen sei. «Ich erwarte aber, dass man im Bundeshaus respektvoll miteinander umgeht.» Den Nazi-Vergleich von Graber finde er deplatziert.
Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen bei Besuchen
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) muss die Sicherheit von Personen, die unter internationalem Recht geschützt sind, garantieren. Dazu gehört auch Stefantschuk.
Die Sicherheitsdienste des Parlamentsgebäudes sind während Besuchen internationaler Gäste innerhalb des Bundeshauses verantwortlich. Sprecherin Lucienne Vaudan sagt, bei Besuchen gälten immer erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. «Während ein Foto vor den drei Eidgenossen gemacht wird, schauen die Einsatzkräfte, dass es keinen Personenverkehr im Durchgangsbereich bei der Treppe gibt.» Mehr könne sie zurzeit noch nicht sagen, die Situation werde nun mit allen beteiligten Parteien analysiert.
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