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Meinung

Kommentar zu Bezahlkarten
Scheinlösung für ein nicht existierendes Problem

ARCHIV - 06.05.2024, Brandenburg, Seelow: Eine Bezahlkarte für Asylbewerber wird in einer Außenstelle des Sozialamtes vom Landkreis Märkisch-Oderland gezeigt. Am selben Tag begann die Ausgabe der Bezahlkarten für Asylbewerber im Landkreis Märkisch-Oderland. Asylbewerber sollen künftig einen Teil staatlicher Leistungen zum Lebensunterhalt nicht mehr als Bargeld oder mit Schecks erhalten, sondern als Guthaben via Bezahlkarte. Nur ein geringerer Teil soll noch als Bargeld - als eine Art Taschengeld - abgehoben werden können. (zu dpa: «Brandenburg will Bezahlkarte flächendeckend einführen») Foto: Patrick Pleul/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Patrick Pleul)
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Frankreich hat sie schon lange, Deutschland hat sie vor kurzem beschlossen: eine Bezahlkarte für Asylsuchende. Geht es nach den Bürgerlichen, wäre die Schweiz als nächstes Land dran. Doch der Zürcher Kantonsrat hat dem Ansinnen von SVP und FDP am Montag mit 94:77 Stimmen eine Abfuhr erteilt. Zu Recht.

SVP und FDP argumentieren, die Karte verhindere, dass Asylsuchende Geld zweckentfremden und ins Ausland schicken würden. Nur: welches Geld? Asylsuchende erhalten heute knapp 16 Franken pro Tag in bar; wer von Nothilfe lebt, bekommt gar nur 9 Franken. Damit müssen die Betroffenen unter anderem Essen und Hygieneartikel bezahlen. Da bleibt kaum etwas, was zweckentfremdet werden könnte.

Aber selbst wenn dem so wäre, wäre die Bezahlkarte keine Lösung. Denn natürlich könnte das System ausgehebelt werden. Der Kanton Zürich hat damit Erfahrung. Vor 15 Jahren ersetzte man die Bargeldzahlungen in der Nothilfe durch Migros-Gutscheine. Und schaffte sie nach nur zwei Jahren wieder ab. Denn es hatte sich ein heimlicher Gutscheinhandel entwickelt: Die Leute kauften damit Waren und verhökerten sie gegen Bargeld. Und zwar nicht in erster Linie, weil die Betroffenen Geld ins Ausland schicken wollten, sondern weil sie sich gegängelt fühlten und nicht nur in der Migros einkaufen wollten.

Es gibt keinen überzeugenden Grund, warum eine Bezahlkarte besser funktionieren sollte, da können die Einsatzmöglichkeiten noch so restriktiv sein. Zudem stellt sich auch die rein praktische Frage, wie die Betroffenen damit die Kontrolle über ihre knappen Finanzen behalten können. Geradezu gruslig ist schliesslich der von SVP und FDP geforderte Paragraf, wonach die Behörden «in begründeten Fällen» den Kontostand abfragen können sollen.

Fraglich ist auch, ob sich mit solcherlei Regeln die Migration eindämmen lässt, wie dies einzelne SVP- und FDP-Votanten in Aussicht stellten. Wohl eher nicht. Die Schweiz ist für Asylsuchende ein Ziel, weil es hier (vermeintlich) gut bezahlte Arbeit und Sicherheit gibt – und nicht wegen ein bisschen Asylfürsorge.

Die Bezahlkarte ist eine Scheinlösung für ein Problem, das so nicht existiert.