Kolumne «Heute vor»Als Peitschenknallen die Horgner Nachtruhe störte
«Das kann doch niemandem zugemutet werden» – am frühmorgendlichen Lärm des Schulsilvesters schieden sich am Zürichsee schon vor 70 Jahren die Geister.
Es ist noch stockfinster, als am 23. Dezember 1953 ein lautes Scheppern durch die Horgner Gassen schallt. Der Schulsilvester ist eröffnet. Und mit ihm nimmt für viele Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde eine bislang ruhige Nacht ihr Ende.
Während es 70 Jahre später vielerorts etwas ruhiger bleibt, gehörte es für viele Kinder und Jugendliche um den See lange einfach dazu, am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien lärmend um die Häuser zu ziehen. Dass der Brauch seit je schon für gemischte Reaktionen sorgte, zeigt ein Blick ins Archiv dieser Zeitung.
Peitschenknallen um halb drei
Denn vor genau 70 Jahren wählten einige Schelme in Horgen besonders kreative Methoden, um ihren älteren Mitbürgern einen verfrühten Start in den Tag zu bescheren. «Bei der Analyse des heurigen Lärmkonzertes stosse ich auf Neuerungen», schreibt eine Leserin im «Anzeiger des Bezirks Horgen», einem Vorgänger der ZSZ. Neuerdings hatten manche Jugendliche nämlich die Lautstärke eines Peitschenhiebs für sich entdeckt.
Erbost über den verlorenen Schlaf war die Leserin jedoch keineswegs: «Ich bin weit davon entfernt, den munteren Buben deswegen auch nur irgendwie zu grollen», schreibt sie und erinnert sich stattdessen freudig an ihre eigene Schulsilvesterzeit. Zudem sei das Peitschenknallen ein aus dem Bauerntum stammender alter Brauch, der ihrer Meinung nach durchaus zur Tradition passe.
Eine völlig gegensätzliche Reaktion auf dasselbe Spektakel zeigte hingegen eine andere Leserin. Morgens in der Früh geweckt zu werden, müsse man am Schulsilvester zwar in Kauf nehmen. Die Lärmerei, die dieses Mal schon mitten in der Nacht begann, habe jedoch «mit dem Begriffe ‹Schulsilvester› nichts mehr zu tun».
Insbesondere das neuartige Geräusch des Peitschenknallens übertrumpfe den bisher üblichen Lärm nämlich bei weitem: «Niemandem kann zugemutet werden, von halb drei Uhr morgens an keine Ruhe mehr zu finden», hält sie fest. Könne die Jugend nicht mehr mit einem «gestrengen Worte» erreicht werden, müsse das nächste Mal bedauerlicherweise die Ortspolizei eingeschaltet werden.
Schmunzeln statt Ärger
Gelärmt wurde an jenem Morgen auch in Uetikon am rechten Ufer. Auch hier beschrieb ein Leser seine gestörte Nachtruhe in der damals rein rechtsufrigen «Zürichsee-Zeitung»: «Einmal im Jahr pfeift die Jugend auf Schule und Gesittetsein.»
Dabei werde so manch unschuldiger Schläfer durch scheppernde Pfannendeckel oder ein Drücken auf die Hausglocke unsanft aus dem Schlaf geschreckt. Vor vielen Jahren sei aber auch er einmal jung gewesen, weshalb er sich dann einfach, für sich hin schmunzelnd, auf die andere Seite drehe.
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