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Neue Akkus für E-Autos und E-Bikes
Kochsalz im Tank

Wenn die Natrium-Ionen-Batterie den Durchbruch schafft, kommt der US-Elektroautohersteller Tesla nicht darum herum, sie zumindest in der Chinaversion des Model 3 einzubauen.
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Rein akustisch erinnert das in kühlem Weiss und Blautönen gehaltene Video an den Filmklassiker «Star Wars». Zu sehen sind aber keine Raumschiffe mit Hyperantrieb, sondern ein neuartiger Akku für die irdische Mobilitätswende, der im Grunde mit Kochsalz funktioniert. Mit akzentuiertem Sirren, Piepen und Zischen untermalt der chinesische Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology (Catl) die Präsentation einer Natrium-Ionen-Batterie für Elektroautos. In zwei Jahren soll die Serienproduktion beginnen.

Im Vergleich zur klassischen Lithium-Ionen-Batterie kann die Natrium-Variante vor allem ökologisch und bei der Verfügbarkeit punkten. «Natrium ist das sechsthäufigste Element der Erde», sagt der Catl-Entwickler Qiseng Huang. Es ist als Salz im Meer enthalten und in grossen Mengen in Gesteinen, woraus es auch gewonnen wird, zum Beispiel für den Einsatz in der Küche.

Lithium hingegen steckt nur sehr verdünnt in manchen Erzen und in entlegenen Salzseen. Um es herauszulösen, wird viel Material, Energie und Wasser verbraucht. Zudem enthalten viele Lithium-Ionen-Batterien teures Kupfer, Nickel und auch Kobalt, das grösstenteils aus dem Kongo stammt, wo Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen kaum ausgeschlossen werden können.

Die Vorteile von Natrium sind im Grunde nichts Neues. Als Batteriematerial ist das Alkalimetall schon seit Jahrzehnten immer mal wieder im Gespräch, zumal es mit Lithium chemisch eng verwandt ist. Wer sich an den Chemieunterricht erinnert: Im Periodensystem der Elemente steht es direkt darunter.

Eine Natrium-Ionen-Batterie funktioniert deshalb prinzipiell genauso wie die klassische Lithium-Variante: Sie enthält zwei Elektroden aus unterschiedlichen Materialien, die als Minus- und Pluspol fungieren und die elektrisch positiv geladene Natriumteilchen, sogenannte Ionen, aus der Batterieflüssigkeit, dem Elektrolyten, aufnehmen können. Wird die Batterie über einen äusseren Stromkreis geladen, wandern die Natrium-Ionen gen Minuspol und kehren dort ein. Wird dem Akku Strom abgezapft, bevölkern sie den Pluspol.

Schnelle Aufladung

Allerdings sind Natrium-Ionen schwerer und voluminöser als ihr Lithium-Pendant und sie verlangen andere Elektrodenmaterialien. Das für den Minuspol von Lithium-Akkus übliche Grafitmaterial etwa, das auch in Bleistiftminen steckt, ist für sie weniger geeignet. «Unser Team hat ein stabiles Kohlenstoffmaterial mit einer einzigartigen porösen Struktur entwickelt, in denen sich auch die Natrium-Ionen schnell bewegen können», sagt Catl-Entwickler Huang. Am Pluspol wiederum finden sie im Farbstoff Berliner Blau ausreichend Platz.

Die neuen Natrium-Batteriezellen lassen sich laut Hersteller in nur 15 Minuten zu 80 Prozent aufladen, überstehen mindestens 1000 Ladezyklen und sie funktionieren auch bei Tiefsttemperaturen von minus 20 Grad Celsius.

«Die Meldung könnte jetzt Schwung in die Sache bringen.»

Philipp Adelhelm, Humboldt-Universität Berlin

Die sogenannte Energiedichte, die für die Reichweite von Elektroautos entscheidend ist, beträgt 160 Wattstunden pro Kilogramm. Das ist ähnlich hoch wie jene von Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die relativ preisgünstig sind und seit vergangenem Jahr vom E-Autobauer Tesla in der Chinaversion des Model 3 verbaut werden. Teurere Lithium-Ionen-Batterien machen mit bis zu 270 Wattstunden je Kilogramm allerdings höhere Reichweiten möglich.

«Erfreut und überrascht» sei er gewesen, als er von der Catl-Präsentation der Natrium-Ionen-Batterie erfahren habe, sagt Philipp Adelhelm, der an der Humboldt-Universität Berlin zu Natrium-Ionen-Batterien forscht. Bisher seien Natrium-Batterien eher ein Nischenthema, um das sich in Deutschland nur wenige Arbeitsgruppen kümmerten. Auch in der Schweiz, an der Empa in Dübendorf wird an Salzwasser-Batterien geforscht. «Die Meldung könnte jetzt Schwung in die Sache bringen», hofft er.

Überraschender Einsatz in Autos

Weltweit haben zwar schon einige Unternehmen Prototypen von Natrium-Ionen-Batterien präsentiert, zum Beispiel Natron Energy aus den USA, Tiamat aus Frankreich, Hina Battery aus China und das britische Unternehmen Faradion, das mit einem Industriepartner im nächsten Jahr mit einer Vorserienproduktion beginnen will.

Doch die von Catl angekündigten Speicherdichten und Ladegeschwindigkeiten seien die bisher höchsten, sagt Adelhelm. «Am meisten hat mich überrascht, dass die Natrium-Ionen-Batterien jetzt offenbar für einen Einsatz in Elektroautos infrage kommen. Bis vor kurzem haben die meisten sie eher im Bereich stationärer Stromspeicher gesehen, wo die Energiedichte eben keine so grosse Rolle spielt.»

«Sie werden wahrscheinlich nie die Energiedichte von Lithium erreichen, weil sie eine niedrigere Zellspannung haben.»

Michael Holzapfel

Michael Holzapfel vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal arbeitet seit rund 20 Jahren vor allem an Lithium-Ionen-Batterien. Ihn überzeugt, dass mit Catl einer der weltweit führenden finanzkräftigen Batteriehersteller hinter der Meldung steckt. «So ein Unternehmen braucht keine Fördermittel, sondern haut hundert Millionen Euro in die Entwicklung, und dann passt das», sagt er.

Beim Preis sieht Holzapfel ebenfalls Vorteile gegenüber vielen Lithium-Ionen-Batterien. Die Elektrodenmaterialien seien billiger, und man könne auf teure Kupferfolien als stromleitenden Untergrund verzichten. Dass Natrium-Ionen-Batterien die etablierten Lithium-Akkus komplett ersetzen werden, glaubt er aber nicht. «Sie werden wahrscheinlich nie die Energiedichte von Lithium erreichen, weil sie eine niedrigere Zellspannung haben.»

Akkus mit hohen Energiedichten sind für viele Anwendungen gefragt, für zunehmend energiehungrige Smartphones oder Notebooks zum Beispiel und im Bereich der Elektromobilität vor allem für Lieferwagen, Luxuslimousinen und SUV.

Die Strecke, die ein Fahrzeug mit einer Batterieladung bewältigt, hängt schliesslich nicht nur vom Gewicht des Akkus, sondern auch von dem des Autos ab. «Man muss allerdings auch keine zweieinhalb Tonnen schweren Autos bauen», sagt Holzapfel. Und für leichtere Autotypen seien die Natrium-Ionen-Batterien durchaus geeignet, für Elektroroller oder E-Bikes sowieso.

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