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Meinung

Kommentar zu Actionfilmen
Knarren, Leichen und Explosionen – und ich langweile mich trotzdem

Nach vier Jahren Filmpause ist Ryan Gosling derzeit in «The Gray Man» als CIA-Agent zu sehen. Der Film ist mit 200 Millionen Dollar Budget die bisher teuerste Netflix-Produktion.
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Gemessen an der Anzahl Filme, die es über sie gibt, könnte man meinen, die Hälfte der Menschheit arbeite als Agentin oder Killer.

Gerade sind zwei aus Hollywoods höchster Liga endlich wieder in neuen Rollen zu sehen, beide nach mehrjähriger Pause: Ryan Gosling und Brad Pitt. Die zwei gehören zu den beliebtesten und bestbezahlten Stars im Geschäft. Wenn ein neuer Film mit Gosling oder Pitt kommt, wollen ihn Millionen Menschen sehen.

Bei mir war die Vorfreude auf die Filme nur kurz, denn: «The Gray Man» und «Bullet Train» sind zwei stumpfe, brutale Actionstreifen, mal wieder. Gosling spielt einen Agenten, Pitt einen Auftragsmörder. Über «The Gray Man» schreibt diese Zeitung, dass in einer Szene «zahlreiche Menschen und noch mehr historische Gebäude dran glauben müssen», in «Bullet Train», der sehr angestrengt umgesetzt ist, «sterben so viele, dass man sie nicht zählen kann».

Fühlen sich die Schauspieler nicht ein bisschen lächerlich dabei?

Mich langweilen solche Killerfilme. Ihre Originalität besteht höchstens in der Art, wie Menschen umkommen oder Gebäude und Fahrzeuge in die Luft fliegen. Wenn es länger als 30 Sekunden knallt, drifte ich in Gedanken ab.

Hat einen Oscar gewonnen, gefällt sich als prügelnder Killer: Brad Pitt in «Bullet Train».

Warum ballern Hollywoods bekannteste und erfolgreichste Männer so gern in ihren Filmen umher? Oscarnominierte (Gosling), gar oscargekrönte Darsteller (Pitt), die aus einem Berg von Drehbüchern auswählen können? Warum gefallen sie sich mit diesen Pistolenattrappen in der Hand? Fühlen sie sich nicht ein bisschen lächerlich dabei?

Was Gosling und Pitt in den Filmen zeigen können: ihre Fitness, ein paar coole Posen, Standhaftigkeit.

Schauspielerisch lassen die Rollen ja nicht allzu viel zu. Man blickt cool oder ernst, egal, ob man gerade mit Menschen interagiert, ein Massaker veranstaltet oder vor einer Explosion davonkommt. Die Dialoge beschränken sich auf ein Minimum, weil toughe Killer-/Agenten-Männer immer etwas rätselhaft und darum einsilbig sind (Pitts Figur in «Bullet Train» ist hier die Ausnahme, die die Regel bestätigt).

Profilieren kann man sich mit diesen Rollen wirklich nicht. Zudem scheint der Spassfaktor zweifelhaft: Viele Szenen werden vor dem Green Screen gedreht, Schlägereien und Verfolgungen übernehmen Stunt-Profis.

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Was Gosling, Pitt oder auch Ex-Bond Daniel Craig in ihren jüngsten Filmen zeigen können: ihre Fitness, ein paar coole Posen, Standhaftigkeit. Aus den ärgsten Situationen laufen sie mit kleinen Kratzern davon, und man wundert sich schon gar nicht mehr, dass man sich nicht darüber wundert, wie die das alles überleben. 

Der Überbau: Diese Männer kommen mit der grössten Widrigkeit klar, der akuten physischen Bedrohung ihres Lebens. Womöglich ist es das Privileg des Actionstars, sich wenigstens auf der Leinwand unverwundbar zu sehen?

Es sind ja auch längst nicht nur Gosling und Pitt, die exzessiv um sich schiessen und sich durch Filme prügeln. Mit Daniel Craig wurde James Bond tödlicher denn je, geradezu zur Killermaschine, die im Schnitt alle zweieinhalb Minuten tötet. Keanu Reeves hat sich mit der John-Wick-Reihe Kultstatus erballert.

In diesen Filmen passiert jeweils wirklich nicht mehr, als dass Reeves Menschen über den Haufen schiesst. Im Teil zwei ist er für 128 Filmtode verantwortlich, innert 122 Filmminuten. Ich war selten schlechter unterhalten. 

Keanu Reeves in der Rolle als John Wick.

Man kann solche Plots als Alltagsflucht sehen, als reine Ablenkung, als Ventil gar und vielleicht auch als Fingerübungen für die Screenwriter. Die unverwüstlichen, unnahbaren Agenten und Killer bedienen unseren Eskapismusbedarf und zelebrieren dabei eine Männlichkeit, die nicht mehr dem Zeitgeist entspricht – die es in dieser Ausprägung aber sowieso nie gegeben hat.

Das hat seine Faszination und lockt viele Menschen vor Leinwände und Bildschirme. «Bullet Train» ist ansprechend angelaufen, trotz mauer Kritik, «The Gray Man» erhält ein Sequel. Die dicken Gagen sind denn auch ein ganz weltlicher Anreiz für die Rollen – Gosling und Pitt sollen beide je 20 Millionen Dollar Gage für ihre jüngsten Jobs erhalten haben.

Der tödlichste Bond: Daniel Craig in «No Time to Die».

Mein Problem mit Baller- und Killerfilmen: Da regt sich emotional absolut nichts bei mir. Verständlicherweise, denn was die Filme vereint, ist die Realitätsferne.

Ob Gosling als «Super-Superagent» halb Europa zusammenschiesst, Brad Pitt sich durch einen Schnellzug mordet, James Bond im Alleingang ein ganzes Waffenlager samt Besatzung zerlegt: Das hat alles so gar nichts mit mir zu tun und auch nicht mit dem Alltag von 99,9 Prozent der Menschen, die mich umgeben. Die Wiederholung der immer gleichen Actionmuster lässt mich zudem abstumpfen. Irgendwann hat man es kapiert, das geht recht schnell, und dann hat man es auch gesehen. Da ziehen mich auch die lautesten Schiessereien und schnellsten Schnitte nicht mehr mit. Entweder man ist Fan, oder man ist raus.

Dass Action nicht stumpf sein muss, zeigt «Top Gun: Maverick».

In jüngeren Jahren hat man den Ballermännern meist noch etwas Pseudotiefgang angedichtet. Irgendein traumatisches Erlebnis treibt sie um, flüchtige Rückblenden zeugen davon. Spannender macht dies die Figuren nur bedingt: Sie werden dadurch gern noch etwas wortkarger. Über ihre Traumata reden sie nicht.

Dass Action nicht stumpf sein muss, zeigt «Top Gun: Maverick». Hier gibts keine Knarren und nur eine Explosion, zum Spannungshöhepunkt am Ende des Films. «Top Gun» stellt Nähe her, indem er die Szenen in den Kampfjets real, ohne Effekte miterleben lässt. Da kann man im Kinositz nicht ausweichen.

Wenn Filme etwas erreichen wollen, dann doch dies: dass sich das Publikum irgendwo in ihnen wiederfindet. Dass man lacht, weint, staunt, Angst kriegt, nachdenklich wird, und sich im Anschluss darüber unterhalten will. Alles andere ist doch langweilig.

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