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Klimaziele der Schweiz
Bundesrat will Extrawurst für Firmen abschaffen

THEMENBILD --- Rauch tritt am 20. Februar 2005 aus dem Kamin der Verbrennungsanlage Josefstrasse in Zuerich in den winterlich kalten Himmel. Die Anlage ist eine von sechs Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) des Kantons Zuerich. Der Hauseigentuemerverband Schweiz HEV und der Schweizerische Gewerbeverband haben am Dienstag, 20. Dezember 2005, an einer Medienkonferenz in Zuerich, an Stelle der CO2-Abgabe einen zweiten Klimarappen gefordert. Im Gegensatz zur CO2-Abgabe sei der Klimarappen II ein wirkungsvolles Instrument zur Reduktion von CO2-Emissionen, da die Einnahmen aus dem Klimarappen II zu 100% zweckgebunden fuer energetische Sanierungen im inlaendischen Gebaeudebereich und zur Foerderung von Grossanlagen (KVA, ARA, Holz, usw.) eingesetzt werden wuedern. Der Klimarappen II schaffe damit konkrete Investitionsanreize. Statt wie die CO2-Abgabe, die ueber 9 Rappen pro Liter Heizoel kosten wuerde, werde der Klimarappen II lediglich 1,6 bis 1,7 Rappen pro Liter Heizoel betragen. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Die Kritik kommt geballt daher. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und neun weitere Wirtschaftsverbände machen der Eidgenössischen Finanzkontrolle in einem Schreiben einen schweren Vorwurf. Die oberste Finanzaufsicht des Bundes habe in ihrem am Montag veröffentlichten Bericht Äpfel mit Birnen verglichen – eine «methodische Fehlleistung». 

Was ist passiert? Die Finanzkontrolle hat analysiert, was die CO₂-Abgabebefreiung dem Klima bringt. Energieintensive Unternehmen können sich davon entbinden lassen, die Abgabe zu zahlen, wenn sie im Gegenzug ihre CO₂-Emissionen senken. Zwischen 2013 und 2020 haben sie dies um 19 Prozent getan. Damit übertrafen sie zwar die vereinbarte Reduktionsleistung von 12 Prozent. Aber: Die gesamte Industrie habe in diesem Zeitraum 20 Prozent geschafft, so die Finanzkontrolle. 

Die Verbände werfen der Finanzkontrolle nun vor, die «Klima-Leistung» der Gesamtindustrie deutlich zu überschätzen: Der Vergleich schliesse auch jene Emissionsreduktionen ein, die durch Produktionsverlagerungen ins Ausland zustande gekommen seien. Oder durch Firmenschliessungen wie etwa im Fall der Raffinerie Collombey, die sehr viele Emissionen ausgestossen habe.

«Bei der Reduktionsleistung der abgabebefreiten Unternehmen handelt es sich dagegen vollumfänglich um tatsächlich eingesparte Emissionen», sagt Rudolf Minsch, Präsident der Energie-Agentur der Wirtschaft, die von den zehn Verbänden getragen wird. Minsch ist zudem Geschäftsleitungsmitglied bei Economiesuisse.

Chefoekonom Rudolf Minsch informiert ueber die neusten Umfrageergebnisse und praesentieren die aktuelle Konjunkturprognosen von economiesuisse fuer das Jahr 2023, aufgenommen am Montag, 5. Dezember 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Tatsächlich steht in einer Fussnote des EFK-Berichts, dass bei den Emissionen der gesamten Industrie die beiden erwähnten Fälle nicht berücksichtigt sind – allerdings auch keine Neugründungen. 

Die Finanzkontrolle weist die Kritik der Verbände zurück: Methodik und Datenquellen seien im Bericht transparent dargestellt und geeignet, um die gemachten Schlussfolgerungen zu untermauern. Auch habe sie die Datensätze nicht um Einzelfälle bereinigt, «weil dies zu einer undurchsichtigen Datenlage führen würde».

Umstrittene Empfehlung

Die Heftigkeit der Kritik ist kein Zufall: Es geht um die Zukunft dieses Klimaschutzinstrumentes. Die Finanzkontrolleure zogen in ihrem Bericht brisante Schlussfolgerungen: Die Ziele für die abgabebefreiten Unternehmen seien «nicht anspruchsvoll genug». Das Bundesamt für Umwelt solle daher eine Revision der CO₂-Verordnung einleiten, um den Unternehmen ehrgeizigere Vorgaben zu setzen. Die Empfehlung erfolgt nicht zuletzt mit Blick auf das Ziel der Schweiz, bis 2050 klimaneutral zu werden. 

Die Wirtschaftsverbände wollen die Abgabebefreiung erhalten. Das Parlament hatte diese Option eingeführt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Betriebe durch die CO₂-Abgabe nicht zu gefährden. Das Netto-null-Ziel habe zum Zeitpunkt der Einführung 2008 noch keine Rolle gespielt, so Rudolf Minsch.

Die Verbände befürchten, dass Unternehmen bei einer Abschaffung der Befreiungsmöglichkeit oder einer Verschärfung des Instruments ihre Produktion ins Ausland verlagern, «was kaum zu einer Verminderung der globalen Treibhausgasemissionen führen würde».

Eine Abschaffung verlangt die Finanzkontrolle allerdings nicht. Sie betont vielmehr, ihre Empfehlungen hätten zum Ziel, die CO₂-Abgabebefreiung besser zu machen. Auch stelle sie die Reduktionsleistung der abgabebefreiten Unternehmen nicht infrage.

Allerdings: Pläne zur Abschaffung bestehen sehr wohl – vonseiten des Bundesrats. In seiner Botschaft zum neuen CO₂-Gesetz macht er klar, dass die CO₂-Abgabebefreiung Ende 2040 auslaufen soll. Sein Ziel: «einen Anreiz zum Übergang auf einen fossilfreien Energieverbrauch setzen».