Neue Zielscheibe der US-RegierungKlage der US-Justiz gegen Google bedroht auch Apple
Wenn die US-Justiz das weltweite Suchmaschinen-Monopol von Google knacken will, so könnten bis zu 20 Prozent des Gewinns von Apple verloren gehen.
Steve Jobs hatte eine erste Zusammenarbeit mit Google schon 2005 aufgegleist. Obwohl der Suchmaschinen-Betreiber einer der grossen Rivalen im Silicon Valley ist, witterte der Apple-Chef Gewinne in Milliardenhöhe – und ging trotz Konflikten und Misstrauen eine in dieser Art einmalige Zweckgemeinschaft ein. Sie erlaubte es beiden Seiten nahezu unentdeckt, ihre monopolistische Position zu festigen.
Dabei hätten die Kartellwächter schon früh auf der Hut sein können. Eric Schmidt, damals Google-Chef und Mitglied des Apple-Verwaltungsrats, trat 2007 zusammen mit Steve Jobs bei der Präsentation des ersten iPhone auf die Bühne in San Francisco. «Man kann sich auch ohne offiziellen Zusammenschluss zusammenschliessen», sagte er mit Verweis auf die Google-Suchmaschine, die fortan fest auf dem iPhone installiert werden würde.
Mehr wurde nicht gesagt, und niemand schien sich um mögliche Missbräuche zu sorgen. Im Gegenteil begann sich die Beziehung zu verschlechtern, weil Steve Jobs die Konkurrenz des Apple-Betriebssystems fürchtete und Android von Google zu zerstören drohte. «Wenn nötig, werde ich das bis zu meinem letzten Atemzug tun.»
Auf eigene Vorteile bedachte Partnerschaft
Nach dem Tod von Jobs indessen setzte Tim Cook voll auf die «Co-Optation», wie die völlig auf die eigenen Vorteile bedachte Partnerschaft zwischen den Technologieriesen genannt wird. «Die Google-Suchmaschine ist einfach die beste», sagte er später zum Vorwurf, durch die Partnerschaft mit Google den Datenschutz der Kunden zu gefährden.
2014 verbuchte Apple einen ersten Gewinn von einer Milliarde Dollar durch die Lizenzeinnahmen von Google. Gemäss dem US-Justizministerium überweist Google nun acht bis zwölf Milliarden Dollar pro Jahr und trägt 15 bis 20 Prozent zum Apple-Gewinn bei. Auch für Google geht die Rechnung auf, da nicht weniger als die Hälfte aller Suchanfragen weltweit von Apple-Nutzern stammt. Das sind mehr als 2,5 Milliarden Suchanfragen, die mit Werbung ausgebeutet werden können.
«Das finanzielle Risiko könnte für Apple sogar höher sein als für Google.»
Aus dieser Optik erst erschliesst sich die Tragweite der US-Kartellklage, der bisher grössten gegen die Tech-Industrie. Google könnte den Wegfall von mehr als zwei Milliarden Suchanfragen durch die Apple-Nutzer kaum ersetzen, sagen Analysten.
Und Apple müsste einen Verlust von bis zu einem Fünftel des Jahresgewinns hinnehmen. «Das finanzielle Risiko könnte für Apple sogar höher sein als für Google», meint Toni Sacconaghi, Analyst des Vermögensverwalters Bernstein. Nach seiner Ansicht würde der Marktwert von Apple in diesem Fall um 20 Prozent sinken.
Zusammenarbeit, «als wären wir ein einziges Unternehmen»
Doch Google und Apple haben viel längere Spiesse als die US-Justiz. Beide Konzerne haben Dutzende von Top-Juristen auf den Fall angesetzt und unbegrenzt viel Bargeld, um das Verfahren um Jahre zu verzögern. Demgegenüber verfügt das US-Justizministerium nur über ein Budget von 167 Millionen Dollar.
So erlauben die langsamen Justizmühlen Google und Apple, ihre Marktmacht weiter zu verfestigen, kleinere Rivalen zu erdrücken und ihre Geschäftsmodelle gerade so anzupassen wie unbedingt nötig. Wie es ein Apple-Manager seinem Partner bei Google in einem Mail einmal so beschrieb: «Unsere Vision ist, dass wir so zusammenarbeiten, als wären wir ein einziges Unternehmen.»
Grosse Unbekannte ist die Regierung Biden
Die Selbstsicherheit von Google und Apple könnte indessen rasch verfliegen, wenn die US-Regierung ihre Laisser-faire-Position der vergangenen 15 Jahre aufgibt. Diese erlaubte es den Tech-Riesen erst, ihre weltweite Übermacht zu errichten.
Bereits haben sich elf überwiegend demokratische Bundesstaaten der Klage angeschlossen. Vor kurzem legte ein von den Demokraten geführter Parlamentsausschuss einen Bericht über das wettbewerbsschädliche Verhalten von Google vor. Mit einer Regierung unter Joe Biden dürften diese Ermittlungen vertieft werden.
Diese Woche haben allerdings noch die Republikaner das Sagen, wenn sie am Mittwoch und Donnerstag die Chefs von Facebook, Google und Twitter vor dem Senatsausschuss ausquetschen. Die Parlamentarier wollen nachweisen, dass die sozialen Medien konservative Stimmen systematisch unterdrücken und Biden zum Wahlsieg verhelfen wollen. Beweise für diese Anschuldigungen gibt es nicht.
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