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Entscheid zugunsten von Apple
Nach Apple-Urteil droht neuer Druck auf Schweizer Steuerregime

Erlitt eine empfindliche Niederlage: Margrethe Vestager, Wettbewerbskommissarin und Vizepräsidentin der EU-Kommission.
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Margrethe Vestager scheut sonst nicht das Rampenlicht. Doch nach der Schlappe im prestigeträchtigen Streit mit Apple liess die Wettbewerbshüterin und Vizepräsidentin der EU-Kommission nur eine recht trotzige Presseerklärung verlesen. Das EU-Gericht in Luxemburg hat am Mittwoch einen Entscheid der Dänin für nichtig erklärt, wonach der iPhone-Hersteller in Irland Steuern in der Höhe von 13 Milliarden Euro hätte nachzahlen müssen.

Die EU-Kommission habe nicht nachweisen können, dass die Steuervereinbarungen von Apple in Irland eine verbotene staatliche Beihilfe darstellten, hielten die Richter fest.

Eine persönliche Niederlage für Vestager

Deutlicher hätte das Urteil nicht ausfallen können. Für Margrethe Vestager ist es auch eine persönliche Niederlage. Sie zehrte vom Image der furchtlosen Kämpferin für Steuergerechtigkeit und gegen amerikanische Informatikkonzerne.

Dieses Image ist nun schwer angekratzt, umso mehr, als sich in letzter Zeit die Niederlagen gehäuft haben. Vestager hat nun zwei Monate Zeit, zu überlegen, ob sie das Urteil an die nächste Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof weiterziehen will.

Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Apple habe in Irland zwar 16 Milliarden Euro Profit aus seinem europäischen Geschäft registriert, aber nur auf einen Gewinn von 50 Millionen Euro effektiv Steuern bezahlt, bekräftigte Vestager in der kurzen Stellungnahme ihren Standpunkt. Statt der in Irland ohnehin niedrigen Belastungen nur eine Körperschaftssteuer von 0,005 Prozent.

Druck auf Steueroasen dürfte zunehmen

Aus Schweizer Perspektive könnte man das Urteil aus Luxemburg auf den ersten Blick als positive Nachricht interpretieren. Es bestätigt zuerst einmal, dass in Steuerfragen der Spielraum selbst für Mitglieder im Club nach wie vor enorm gross ist. Und dass die Luxemburger Richter auch in Prestigefällen gegen die EU-Kommission entscheiden können. Das könnte vielleicht die Furcht vor dem Rahmenabkommen und der dort vorgesehenen Rolle für den Europäischen Gerichtshof etwas entschärfen.

Gleichzeitig wird der Entscheid der Luxemburger Richter die EU-Kommission und das Europaparlament motivieren, noch stärker gegen umstrittene Steuersparmodelle in einzelnen Mitgliedsstaaten und gegen Steueroasen in aller Welt zu vorzugehen.

EU gibt Kampf gegen «aggressive Steueroptimierung» nicht auf

Für Beobachter kommt die Niederlage von Margrethe Vestager nicht ganz überraschend. Die Wettbewerbshüterin musste sich in ihrem Kampf gegen Steuersparmodelle auf eine juristische Hilfskonstruktion abstützen. Denn im Steuerbereich hat die EU-Kommission vergleichsweise kaum Instrumente. Ganz anders, wenn es um Wettbewerbsrecht und wettbewerbsverzerrende Subventionen geht.

Auch nach der Niederlage vor dem EU-Gericht bekräftigt Vestager, der Steuerdeal von Apple in Irland sei illegale Staatsbeihilfe. Die EU-Kommission werde in Fällen von «aggressiver Steueroptimierung» weiterhin überprüfen, ob diese mit dem europäischen Beihilferecht im Einklang seien.

Der Schweiz droht ein Platz am Pranger

Abgesehen von der Pressemitteilung, überliess Vestager es am Mittwoch anderen, zur Apple-Entscheidung Stellung zu nehmen. Das Gerichtsurteil werde Brüssel im Kampf gegen Steueroptimierung nicht stoppen, im Gegenteil, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Und präsentierte prompt neue Vorstösse, um Schlupflöcher zu schliessen.

Das Timing am Tag des Apple-Urteils ist kein Zufall. Der Zeitpunkt könnte auch mit Blick auf milliardenschwere Hilfsprogramme nicht besser sein, die im Zug der Corona-Krise diskutiert werden. Frankreich und andere Länder machen sich dafür stark, dass Unternehmen, die für aggressive Steueroptimierung oder für Verbindungen in Steueroasen bekannt sind, keine Hilfen bekommen sollen.

Paolo Gentiloni will auch neue Wege nutzen, um das Prinzip der Einstimmigkeit zu umgehen, das bisher den Kampf für Steuergerechtigkeit gebremst hat. Einige der Initiativen werden auch zu mehr Druck auf die Schweiz führen. So sollen die Regeln für Unternehmensbesteuerung reformiert werden, um jede Form «schädlicher Steuerkonkurrenz» auch ausserhalb besser bekämpfen zu können.

So könnte der Schweiz bald wieder ein Platz am Pranger drohen, der schwarzen Liste der «nicht kooperativen» Länder, die jetzt ebenfalls überarbeitet werden soll.