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Prozess gegen Tariq Ramadan
Genfer Staatsanwaltschaft fordert 18 Monate Haft für Angeklagten

Der Angeklagte und seine Anwältin: Tariq Ramadan (L) und seine Anwältin kommen beim Genfer Tribunal an.. 
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Die Genfer Staatsanwaltschaft forderte am Dienstagabend eine dreijährige Haftstrafe, davon 18 Monate unbedingt, für den Islamwissenschaftler Tariq Ramadan. Dieser ist vor dem Genfer Strafgericht wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagt. Der Theologe plädiert auf Freispruch.

Die Schuld von Tariq Ramadan wiege schwer. Er habe seine Aura ausgenutzt, um sein Opfer zu missbrauchen und habe die Klägerin wie ein Objekt behandelt, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft.

In der Anklageschrift betonte die Staatsanwaltschaft, dass die Aussagen der Klägerin, einer 57-jährigen Frau die zum Islam konvertiert war, während des gesamten Verfahrens beständig waren. Die Staatsanwaltschaft unterstrich die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Frau.

Laut der Staatsanwaltschaft hatte die Klägerin immer gesagt, dass ihre Beziehung zu Tariq Ramadan intellektueller Natur sei und dass sie keine sexuellen Beziehungen mit ihm anstrebe. Der Staatsanwalt führte insbesondere Nachrichten an, die zwischen ihr und dem Islamwissenschaftler ausgetauscht wurden, um seine Behauptungen zu untermauern.

Einige der Nachrichten, die die Klägerin an den Islamwissenschaftler geschickt hatte, seien anzüglich gewesen. Aber die Justiz sei dazu da, alle Vergewaltigungsopfer zu schützen, auch diejenigen, die sich «anbiedern».

Komiker sagt im Prozess aus

Zuvor sagte der französische Komiker Dieudonné als Zeuge im Prozess aus. Die Klägerin habe von einem «One-Night-Stand» gesprochen, als sie ein Treffen mit dem Genfer Islamologen erwähnte.

Die Frau habe sich nach einem seiner Auftritte in der Schweiz über Ramadan geäussert, sagte der Komiker am Dienstag vor dem Genfer Strafgericht. Zwischen der Frau, dem Komiker, seinem Schweizer Produzenten und einigen Technikern sei eine Diskussion über Afrika entbrannt. Dabei sei der Name des Islamwissenschaftlers gefallen, «weil er eine wichtige Person» für den Kontinent sei.

«Nie die Rede von Gewalt»

«Wir erfuhren zur allgemeinen Verblüffung», dass die Frau Ramadan kannte, sagte Dieudonné. Von einem Techniker ausgefragt, habe die Frau dann von einem «coup du soir» gesprochen, fuhr der Komiker fort. «Es war nie die Rede von Gewalt», bekräftigte er.

Die Klägerin habe sich nicht lange mit dem Thema beschäftigen wollen, vielleicht aus Scham, mutmasste Dieudonné. Sie habe mit etwas Verlegenheit über ihre Beziehung zu Ramadan gesprochen. Sie habe sich jedenfalls nicht damit gebrüstet, sagte der Komiker.

Die Frau habe regelmässig Auftritte von ihm in der Schweiz besucht. «Wir hatten nette Gespräche und sie ist dem Team näher gekommen. Ausserhalb seiner Arbeit habe er keine Beziehung zur Klägerin gehabt, sagte er weiter.

«Nicht das böse Raubtier»

Dieudonné war von den Anwälten Ramadans in den Zeugenstand gerufen worden. Sie hatten einen anonymen Brief erhalten. Darin hiess es, dass die Klägerin dem Komiker erzählt habe, dass sie eine einvernehmliche Beziehung mit dem Islamwissenschaftler gehabt habe.

Ramadan muss sich seit Montag in Genf vor Gericht verantworten. Die etwa 50-jährige Klägerin hatte den Genfer Islamwissenschaftler 2018 angezeigt. Sie wirft ihm vor, 2008 von ihm in einem Hotelzimmer in Genf gefangen gehalten worden zu sein. Ramadan habe an ihr brutale sexuelle Handlungen vorgenommen.

Tariq Ramadan (Mitte) auf dem Weg zum Genfer Strafgericht. (16. Mai 2023)

Der 60-jährige Ramadan bestreitet die Vorwürfe. Zum Prozessauftakt sagte der Angeklagte, er sei in diesem Fall «das Opfer einer Belästigung» und nicht das böse Raubtier, als das er dargestellt werde. Er habe von der Klägerin bereits vor ihrem ersten Treffen Dutzende von Nachrichten erhalten, in denen sie ihm geschrieben habe, dass sie ihn attraktiv und sexy finde.

In Frankreich von vier Frauen beschuldigt

Der 60-jährige Ramadan muss sich möglicherweise auch in Frankreich vor einem Gericht verantworten. Im Sommer 2022 hatte die Pariser Staatsanwaltschaft einen Prozess gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung von vier Frauen zwischen 2009 und 2016 gefordert.

Der Prozess in Genf ist auf zwei Tage angesetzt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich die Verhandlung bis Mittwoch hinziehen wird.

Tariq Ramadan ist der Enkel des ägyptischen Gründers der Muslimbruderschaft, Hassan el-Banna. Sein Vater Said flüchtete 1954 in die Schweiz. Ramadan unterrichtete zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen.

SDA/aru/fal