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Kinder des Verdrängens

Juan Guirao mit einem Foto seines Vaters, der 1940 getötet und in einem Massengrab begraben wurde. Juan, der an der Alzheimer-Krankheit litt, verstarb im Februar 2019.
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Wer von Verschwundenen hört, denkt zuerst an Argentinien. Hier haben die Mütter der Plaza de Mayo und die historische Aufarbeitung der Gräuel durch die Justiz dafür gesorgt, dass die Erinnerung an die geschätzten 30’000 Verschwundenen wach blieb. Weniger bekannt ist, dass dreieinhalb Jahrzehnte zuvor in Spanien weit mehr Menschen verschwanden, in erster Linie Anhänger der besiegten Republikaner.

Die schwache Erinnerung an diese Gräuel hängt damit zusammen, dass die Faschisten nach Francos Tod nur mit einer Amnestie für die Täter von Kriegsverbrechen und der nachfolgenden Gräuel zur Machtübergabe bereit waren. Auch viele Familie mit Angehörigen auf beiden Seiten verdrängten die Ereignisse, um nicht von neuem zerrissen zu werden.

Zu Beginn dieses Jahrhunderts ging die nächste Generation das Thema vorsichtig an: Zivilorganisationen begannen mit Ausgrabungen, wo man Massengräber vermutete. Literatur und Film nahmen sich des Themas an, der spanische Autor Javier Marias etwa, dessen Familie in die USA geflohen war, schrieb eine Trilogie. Für die Justiz kam die Aufarbeitung noch zu früh: Der Madrider Untersuchungsrichter Baltasar Garzón wurde verfemt, als er 2012 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ermitteln begann.

Und jetzt kommt die dritte Generation ohne Tabus: Der 32-jährige Fotograf Santi Donaire porträtiert seit vier Jahren Angehörige, die nach Verwandten suchen, fotografiert Ausgrabungen von Massengräbern und die Identifizierung der Opfer. Es ist kein Zufall, dass dieser Fotograf andalusische Wurzeln hat. Rund die Hälfte der über hunderttausend Menschen verschwand in Andalusien, wo der Widerstand gegen Franco nach Kriegsende lange anhielt.

Das Tal der Gefallenen ist ein Mausoleum, das 60 Kilometer ausserhalb von Madrid im Auftrag von Francisco Franco errichtet wurde. Das Kreuz, das die Überreste von Franco enthält, ist mit 150 Metern Höhe das höchste Gedenkkreuz der Welt.
Angehörige von Menschen, die während der Militärdiktatur von General Franco ermordet wurden, nehmen an der Eröffnung des Grabes 22 auf dem Friedhof von Paterna teil. In diesem Grab liegen 23 Menschen, die im Jahr 1941 ermordet wurden. Nur fünf konnten durch DNA identifiziert werden
Auf dem Friedhof Paterna sind mehr als 2.000 Menschen begraben, die vom Franco-Regime in den 40er und 50er Jahren wegen ihrer politischen Positionen und öffentlichen Funktionen erschossen wurden.
Eine forensische Expertin begutachtet einen Schädel mit einem Einschussloch im Hinterkopf. 
Eine Gruppe von ArchäologInnen und ForensikerInnen der wissenschaftlichen Vereinigung «Arqueoantro» öffnet ein Grab auf dem Friedhof von Paterna. Seit 20 Jahren versuchen verschiedene Organisationen tausende von Verschwundenen aus Massengräbern im ganzen Land zu lokalisieren, exhumieren und zu identifizieren.
Seit Jahren treffen sich jeden Donnerstag Verbände von Opfern des Franco-Regimes an der Puerta del Sol in Madrid, um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer zu fordern.
Vicente ist 80 Jahre alt. Als er 2 Monate alt war, wurde sein Vater Paco von der Franco-Diktatur erschossen. Die Familie lebte in einer Stadt in der Nähe von Valencia. Nach dem Mord an seinem Vater wurde seine Mutter aus dem Ort vertrieben, weil sie «die Frau des Bürgermeisters» war. Heute hofft Vicente, dass DNA-Studien seinen Vater zurückbringen, der im August 2020 in einem Massengrab in Paterna exhumiert wurde.
Mehrere Angehörige von Menschen des Grabes 113 in Paterna umarmen sich als sie erfahren, dass ein Richter beschlossen hat, die Morde an ihren Verwandten nach der Öffnung des Grabes zu untersuchen. 
In jeder dieser Kisten befinden sich Überreste von Leichen, welche in verschiedenen Gemeinschaftsgräbern ausgehoben wurden. Die Boxen werden nun zur genetischen Identifizierung in eine Universität oder ein Museum überführt.