Amsterdam von Cannabis-Touristen überranntKiffen nur mit niederländischem Pass
Lange wollte sich Amsterdam das Geschäft mit den Coffeeshop-Touristen nicht verderben, nun denkt die Stadt um – und will an ihrem Image arbeiten.
Amsterdam ist eine der schönsten Städte der Welt. Die Grachten, die prächtigen Handelshäuser, die vielen Fahrräder. Dazu kommt die reiche Kultur, die lässigen, witzigen, aussergewöhnlich interessanten Menschen.
Wenn man aber ehrlich ist, wird der Ruf der niederländischen Hauptstadt überlagert von etwas anderem: dem bitter-würzigen Geruch, der aus den Coffeeshops dringt, die es an jeder Ecke gibt. Viele, sehr viele und vor allem junge Menschen kommen nur deshalb nach Amsterdam, weil man da so prima kiffen kann. Rein in den Laden, ein Tütchen Super Haze, Laughing Buddha oder White Widow gekauft, und ab geht es in die Wallen.
Polizei, Justiz und viele Bürger unterstützen den Vorschlag
Amsterdam hat mächtig profitiert von diesem Image. Wirklich nachhaltig ist es aber nicht, das wissen die Stadtverantwortlichen schon lange und machen nun Ernst mit dem Versuch, den Titel als Weltcannabishauptstadt loszuwerden. Wie Amsterdam am Freitag bekannt gab, sollen Touristen bald kein Gras und Hasch mehr kaufen dürfen. Nur Niederländer erhielten künftig noch Einlass in die Drogenverkaufsstellen, in denen man auch Kaffee trinken kann.
Der Vorschlag der grünen Bürgermeisterin Femke Halsema wird von Polizei, Justiz und vielen Bürgern unterstützt. Stimmt der Stadtrat zu, wäre das ein grosser Schritt für Amsterdam. Im Rest der Niederlande gilt die Regel eigentlich schon seit 2012. Damals führte die konservativ-liberale Regierung den «wietpas» ein, den Einheimische gegen Angabe von Namen und Adresse beziehen konnten. Ausländer müssen seither draussen bleiben. De facto aber nur in einem Teil des Landes: vor allem in grenznahen Städten wie Maastricht, das zuvor von Deutschen sozusagen abgegrast worden war.
Von Cannabis-Touristen überrannt
Amsterdam hingegen ignorierte die Vorgabe. Offiziell mit dem Hinweis auf den illegalen Strassenhandel, der dann wieder blühen und zur Vermischung des weichen mit dem harten Drogengeschäft samt der begleitenden Kriminalität führen würde. Doch war stets klar, dass es der Stadt auch darum ging, sich das Geschäft nicht zu verderben. Stattdessen versprach man, die Zahl der Coffeeshops weiter zu reduzieren und einen vergrösserten Schutzparameter um Schulen herum zu ziehen. Von einstmals fast 300 Läden blieben 166 übrig.
Doch dann passierte, was auch Paris und Venedig widerfuhr: Amsterdam wurde von Gästen aus aller Welt überrannt, die Einwohner fürchteten um ihren Lebensraum, und die Behörden begannen damit, Touristen gezielt zu vergrämen. Im Visier sind vor allem jene, die grölend durch die Gassen torkeln, was sich angesichts der gestiegenen THC-Werte, die durchschnittlich sehr viel höher sind als früher, auch nach nur einem Joint kaum vermeiden lässt.
Bei einer Umfrage gaben 57 Prozent der Besucher im Rotlichtviertel an, nur wegen der Drogen angereist zu sein. Die Nachfrage nach Gras und Haschisch habe deutlich zugenommen, etwa 1,5 Millionen Mal im Monat werden die Amsterdamer Coffeeshops frequentiert. Das blieb auch im Corona-Jahr 2020 so, obwohl die Läden für ein paar Wochen schliessen mussten.
Anbau und Grosshandel sind verboten
Und der gefährliche Strassenhandel, auf den Kriminologen und die Vereinigung der Coffeeshop-Besitzer am Freitag reflexartig hinwiesen? Bürgermeisterin Halsema hält das für kein so grosses Problem. Denn das interessierte Publikum komme schlicht nicht mehr in die Stadt, wenn es nicht mehr in den Coffeeshops konsumieren dürfe, das wisse man aus Untersuchungen. Alle anderen könnten ja weiterhin einkaufen. Nur reichten dafür, auch das zeigten Untersuchungen, etwa 70 Läden. Und in Maastricht gelang es durch zusätzliche Kontrollen, den zunächst florierenden Strassenhandel in den Griff zu bekommen.
Amsterdam will künftig auch genauer auf die Belieferung der Coffeeshops schauen, einen stetigen Quell von Kriminalität und Gewalt. Denn der Verkauf von Cannabis wird zwar in gewissen Mengen geduldet, Anbau und Grosshandel sind aber weiterhin verboten. Deshalb müssen sich Coffeeshops ihre Ware illegal über die Hintertür besorgen und dürfen nur maximal 500 Gramm auf Lager haben. Auch dies will die Regierung ändern. In mehreren grossen Städten soll ein Modellversuch beginnen mit staatlich kontrolliertem Anbau durch ausgewählte Produzenten. Amsterdam macht allerdings nicht mit.
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