Geldblog: RetrozessionenKickbacks sind für Banken ein gutes Geschäft
Vertriebsentschädigungen gehören eigentlich den Kunden. Mittels Vertragsänderungen verlangen manche Geldinstitute von ihnen, auf die Herausgabe dieser Provisionen zu verzichten.
Meine Bank erhöht die Depotgebühren für Anlagen und hat mir einen neuen Verwaltungsauftrag vorgelegt. Bisher waren die Depotgebühren 0,2 Prozent. Neu sind sie 0,4 Prozent. Im neuen Vertrag steht zudem, dass ich auf das Recht auf die Herausgabe von Entschädigungen verzichte. Sind damit Retrozessionen gemeint? Leserfrage von H.S.
Ja, dabei geht es konkret um Retrozessionen. Die meisten Banken haben in den letzten Jahren ihre Verträge mit den Kundinnen und Kunden geändert, um das Thema Retrozessionen zu regeln. Früher wurde darüber nicht geredet. Die Banken erhielten stillschweigend Vertriebsentschädigungen von Fondsfirmen. Dies war für die Institute lukrativ und eine nicht unerhebliche Einnahmequelle. Inzwischen hat sich die Rechtslage geändert. Bei den Retrozessionen handelt es sich um Kickbacks, also Provisionen, die von Fondsfirmen an denjenigen fliessen, der seiner Kundschaft die Produkte verkauft. Je höher diese Provision ist, desto höher ist der Anreiz, einen bestimmten Fonds vorzuziehen.
Dies hat dazu geführt, dass Kunden nicht immer die besten Fonds bekamen, sondern nicht selten jene Fonds, die besonders attraktive Kickbacks bezahlten. Heute dürfen Retrozessionen von den Banken nicht mehr einfach stillschweigend einbehalten werden, ohne dass der Kunde davon weiss. Banken müssen erhaltene Retrozession gemäss Bundesgerichtsurteil grundsätzlich an die Kunden weitergeben und diesen über die Kickbacks informieren. Wenn die Kunden allerdings darüber informiert und ausdrücklich damit einverstanden sind, dass die Bank die Provisionen nicht an sie weitergibt, darf sie die Retrozessionen behalten.
Entweder müssen Sie diese Vertragsänderung akzeptieren oder eine neue Bank suchen.
Damit jemand später nicht auf dem Gerichtsweg nachträglich Retrozessionen geltend macht, haben die Banken ihre Kundenverträge angepasst. Genau darum geht es in Ihrem neuen Kundenvertrag mit Ihrer Regionalbank. Hier wird ausdrücklich der Umgang mit Vertriebsentschädigungen thematisiert. Dabei werden Sie informiert, dass Ihre Bank Vertriebsentschädigungen erhält, «wobei deren Höhe bei der Anlageberatung durch die Bank nicht als Entscheidungskriterium beigezogen wird.» Kontrollieren können Sie dies indes nicht.
Weiter heisst es: «Bei der Festlegung der geltenden Preise wurde berücksichtigt, dass die Bank die Dienstleistungen, die unten aufgeführten Entschädigungen erhält.» Die Bank macht deutlich, dass ohne die Kickbacks die Gebühren noch weit höher wären. Weiter steht im Vertrag: «Der Vertragspartner ist daher einverstanden, dass alle Entschädigungen vollumfänglich bei der Bank verbleiben. Er verzichtet damit auf jedes Recht auf Herausgabe von Entschädigungen.» Mit der Unterzeichnung dieses neuen Vertrages erklären Sie sich somit einverstanden, dass die Bank die Kickbacks einbehalten darf und verzichten auf das Recht, diese später juristisch einzufordern.
Ihre Bank ist mit diesem Vertrag kein Einzelfall. Diese Praxis ist weit verbreitet. Entweder müssen Sie diese Vertragsänderung akzeptieren oder eine neue Bank suchen, die punkto Retrozessionen eine andere Politik verfolgt und sämtliche Entschädigungen an die Kunden weitergibt. Eine andere Sache ist die Verdoppelung der Depotgebühr. Hier können Sie die Höhe der Gebühr durchaus beeinflussen. Wenn Sie bei der Bank auf jede Art von Beratung verzichten – also die Variante «execution only» nutzen, zahlen Sie nur 0,2 Prozent pro Jahr. Bei der Variante mit Beratung und Steuerverzeichnis zahlen Sie indes 0,4 Prozent. Sie müssen sich überlegen, ob Sie wirklich die Beratung benötigen. Falls nicht, können Sie darauf verzichten und Gebühren sparen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.