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Parlamentseröffnung in London
Keir Starmer will mit einem prallen Programm Gross­britannien umbauen

Britain's Prime Minister Keir Starmer (L) and Britain's Conservative Party opposition leader Rishi Sunak (R) speak together as they process through the Central Lobby during the State Opening of Parliament at the Houses of Parliament, in London, on July 17, 2024. (Photo by Stefan Rousseau / POOL / AFP)
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Die königliche Kutschfahrt nach Westminster Palace. Charles und Camilla auf den Thronsesseln im Oberhaus. Die Verlesung der Thronrede in Anwesenheit ihres Autors, des Premierministers. Das Ritual zur jährlichen Parlamentseröffnung, zur Einleitung einer neuen Legislaturperiode in Grossbritannien, ist das immergleiche – glanzvoll, feierlich, ein Staatsakt in den Kulissen einer grossen Vergangenheit.

Nur dass es an diesem Mittwoch, erstmals seit 15 Jahren, wieder ein Labour-Regierungschef war, dessen Regierungserklärung das Staatsoberhaupt verlas. Am 4. Juli hatte Sir Keir Starmer mit seiner Labour Party eine lange Periode konservativer Herrschaft in Westminster auf spektakuläre Weise beendet. Labour errang 412 der 650 Unterhaussitze bei den Wahlen. Die Tories kamen gerade noch auf 121 dieses Mal.

Einen Blitzstart hingelegt

Für Starmer, der sich mit seinem Team sehr gründlich auf die Regierungsübernahme vorbereitete, war es wichtig, einen Blitzstart hinzulegen, um seinem Land deutlich zu machen, dass nach der langen Tory-Zeit nun wirklich schnell einiges anders werden soll. Binnen Stunden war das neue Kabinett ernannt am vorletzten Freitag. Und in den folgenden Tagen löste, im Feuerwerksmodus, eine Initiative die andere ab.

Britain's King Charles III, wearing the Imperial State Crown and the Robe of State, reads the King's Speech from the The Sovereign's Throne in the House of Lords chamber, during the State Opening of Parliament, at the Houses of Parliament, in London, on July 17, 2024. (Photo by HENRY NICHOLLS / POOL / AFP)

Innenministerin Yvette Cooper etwa gab bekannt, dass der Tory-Plan der Deportation unerwünschter Bootsflüchtlinge nach Ruanda «bereits am Tag 1» der neuen Labour-Regierung «einen schnellen Tod gestorben» sei. Gesundheitsminister Wes Streeting stieg, zur Vermeidung neuer Streiks im schwer angeschlagenen Gesundheitswesen, in sofortige Verhandlungen mit dem Ärztebund ein.

Energieminister Ed Miliband stoppte ein von den Konservativen geplantes Kohlebergwerk und gab grünes Licht für den erneuten Bau von Onshore-Windfarmen. Und Angela Rayner, die für den Wohnungsbau verantwortliche Vizepremierministerin, traf erste Vorbereitungen zur (nicht unumstrittenen) Genehmigung des Baus von 1,5 Millionen zusätzlichen Häusern und Wohnungen.

Gegen «culture wars»

Kultur- und Medienministerin Lisa Nandy wiederum erklärte, dass es mit den von der Tory-Rechten gepflegten «culture wars» ein Ende haben müsse und werde. Zum Beispiel soll der viel angefeindeten BBC die Gebühr und der Status einer öffentlich-rechtlichen Anstalt erhalten bleiben. Beides hatte Rishi Sunaks Regierung infrage gestellt.

Im aussenpolitischen Bereich kündigte der neue Foreign-Office-Chef David Lammy an, dass sich Starmers Regierung um ein neues, besseres Verhältnis mit der EU bemühen wolle.

Der rasante Start Starmers zog entsprechende Aufmerksamkeit auf sich. Generell erlebten die Briten in dieser Phase eines demonstrativen Neuanfangs einen Premierminister, der sich überraschend selbstbewusst auf dem politischen Parkett zu bewegen wusste. Die alte Unsicherheit, die ihn als Oppositionsführer belastet hatte, schien mit einem Mal von ihm abgefallen zu sein.

Übergang zu grüner Energie

Mit grossem Ernst verfolgte Keir Starmer denn auch im Oberhaus die Verlesung seiner ersten Regierungserklärung. Sie enthielt rund vierzig Gesetzesvorhaben, so viele wie seit Jahren nicht mehr.

Dazu gehörten Gesetze zur Stärkung von Mieterrechten, zur Erweiterung lokaler Selbstverwaltung, zur Reform des Oberhauses (das bald keinen Erbadel mehr enthalten soll), zur erstmaligen Besteuerung von Privatschulen, zur Bewilligung neuer Rechte für Arbeiter und Angestellte, zur schrittweisen Wiederverstaatlichung der Eisenbahnen und zur Gründung des staatlichen Investment-Konzerns Great British Energy, der den Übergang zu grüner Energie erleichtern soll.

Selbst mit diesem prallen Programm vermochte Starmer aber keineswegs alle Erwartungen zu erfüllen. In vielen Bereichen drängen Labour-Leute, Grüne und Liberaldemokraten auf mehr Geld aus der Schatzkanzlei.

Als eins der brisantesten Themen hat sich dabei die einstweilige Weigerung der Regierung erwiesen, die von den Tories eingeführte Begrenzung von Sozialleistungen auf zwei Kinder pro bedürftiger Familie wieder aufzuheben. In diesem Punkt rumort es kräftig in der Labour Party. Eine erste Rebellion kündigt sich für die nächsten Tage bereits an.