Schlag gegen LGBTQOrban verbietet Pride-Parade – Community will jetzt erst recht marschieren
Menschenrechtler sehen einen Angriff der ungarischen Regierung auf die Grundrechte sexueller Minderheiten.

- Die ungarische Regierung plant ein Verbot von Pride-Paraden und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen.
- Die neue Verfassungsänderung werde die Rechte der LGBTQ-Community massiv einschränken, kritisieren Menschenrechtsaktivisten.
- LGBTQ-Gruppen aus dem In- und Ausland kündigen weitere Proteste an.
Ungarns Hauptstadt Budapest ist seit einigen Monaten immer wieder Schauplatz grosser Proteste, die sich gegen Viktor Orbans Regierung richten. Im Februar gingen die Richterinnen und Richter auf die Strasse, weil sie durch das Vorhaben der Regierung, die Gehälter der Richterschaft an deren Reformwillen zu koppeln, ihre Unabhängigkeit bedroht sahen.
Am Sonntag zogen abermals Tausende durch die Budapester Innenstadt. Diesmal richtete sich die Demonstration gegen ein geplantes Verbot der Regenbogenparade, die zum nächsten Mal Ende Juni stattfinden sollte. Wenn es nach einem neuen Gesetz geht, soll es in Ungarn in Zukunft sowohl illegal sein, eine Pride-Parade zu organisieren, als auch, sie zu besuchen.
Viele Menschen waren grau gekleidet, um einen Kontrast zu setzen zu den Farben des Regenbogens, unter dem die Pride-Paraden überall auf der Welt stehen. Als Zeichen dafür, dass in einer illiberalen Demokratie, wie Orban sie definiert, alles grau ist. Doch es geht in Ungarn um weit mehr als um den alljährlichen Strassenumzug der LGBTQ-Community.
«Diskriminierend und nicht mit EU-Recht vereinbar»
In einer Verfassungsänderung – es ist die inzwischen 15., seit Orbans Partei Fidesz 2010 an die Regierung kam – soll die Versammlungsfreiheit dahin gehend eingeschränkt werden, dass alle Zusammenkünfte, bei denen «bei Minderjährigen für Homosexualität und Geschlechtsveränderungen geworben» werde, verboten sind.
Dazu soll festgelegt werden, dass Menschen von Geburt an nur das weibliche oder männliche Geschlecht haben dürfen. Das ungarische Helsinki-Komitee, eine Menschenrechtsorganisation, nennt das Gesetz «diskriminierend und nicht mit EU-Recht vereinbar».
Der Verfassungszusatz, über den das Parlament nun abstimmen muss, hat zur Folge, dass Pride-Paraden und ähnliche Veranstaltungen nicht mehr öffentlich stattfinden dürfen und jedem, der sie organisiert oder daran teilnimmt, Geldbussen bis zu 500 Euro drohen. Um Verstösse festzustellen, sollen die Behörden eine Gesichtserkennungssoftware einsetzen dürfen.
Da die Fidesz-Regierung im Parlament eine Zweidrittelmehrheit hat, gilt es als gesetzt, dass die Verfassungsänderung angenommen wird.

Experten sehen darin einen von vielen rechtlichen Hebeln von Fidesz, um die Rechte sexueller Minderheiten zu beschneiden. So ist es gleichgeschlechtlichen Paaren verboten, Kinder zu adoptieren, trans Menschen werden nicht anerkannt.
Verfassungsrechtlich wird das durch das sogenannte Kinderschutzgesetz aus dem Jahr 2021 ermöglicht. Dieses schränkt etwa die Sexualerziehung an Schulen ein und sieht vor, dass Minderjährige keinen Zugang zu Büchern oder Filmen bekommen dürfen, in denen es um Homosexualität oder nicht heterosexuelle Lebensweisen geht.
Die Europäische Kommission leitete 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren ein, weil sie Verstösse gegen EU-Grundsätze erkennt, die Menschenwürde, Gleichheit und Grundrechte betreffen. Auch der EU-Gerichtshof befasst sich mit dem Fall aus Ungarn. (Lesen Sie zum Thema auch die Analyse «Pseudodemokrat Orban sieht Russland als Vorbild».)
Pride 2025 soll Ende Juni erst recht stattfinden
Das ungarische Gesetz erinnert viele an die harschen Restriktionen, denen die LGBTQ-Community in Russland ausgesetzt ist. Als vor einigen Wochen dann auch noch der Gesetzesentwurf vorgelegt wurde, der auf die Budapester Pride-Parade abzielte, zündeten Abgeordnete der Opposition aus Protest farbige Rauchbomben im Parlament.
LGBTQ-Gruppen sowohl in Ungarn als auch im Ausland haben angekündigt, weiter zu protestieren und Ende Juni erst recht nach Budapest zu kommen. Das Team der Budapester Pride plant, die Regenbogenparade in diesem Jahr wie gewohnt zu veranstalten.
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