Kommentar zu Tempo 30Kein Wundermittel – aber erstaunlich wirksam
Vor allem die Städte machen vorwärts und wollen den Verkehr entschleunigen. Das ist gut, auch wenn damit nicht alle Probleme gelöst werden.
Tempo 30 ist nicht das Wundermittel gegen Luftverschmutzung in den Städten. Dies zeigen verschiedene Studien. Der Effekt ist bescheiden, es kann sogar das Gegenteil bewirken, wie Experten jetzt bestätigen.
Trotzdem: Die Vorteile von Temporeduktionen in Innenstädten sind nicht wegzudiskutieren: Die Verkehrssicherheit wird erhöht. Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung kann die Hälfte der schweren Unfälle gegenüber Tempo 50 verhindert werden. Ebenfalls um etwa die Hälfte verringert sich der Lärm, wenn das Tempo auf 30 km/h gedrosselt wird. Und der Verkehr wird flüssiger. Eine Langzeitstudie aus England hat eindrücklich gezeigt, dass sich weder der Individualverkehr noch der öffentliche Verkehr verlangsamen. Es gibt weniger Stop-and-go-Phasen und weniger Staus.
Es braucht vorderhand noch das Korrektiv in Form von möglichen Einsprachen gegen Tempo-30-Zonen.
Es erstaunt deshalb nicht, dass Tempo 30 bereits vielerorts gelebte Realität in Schweizer Städten ist – und diese dadurch lebenswerter und sicherer geworden sind. Das ist meistens das Verdienst von linken und grünen Politikerinnen und Politikern, die in den städtischen Kommunen oft über Mehrheiten verfügen. Viele Städte unternehmen gerade jetzt wieder neue Anläufe, um noch mehr solcher Zonen einzurichten oder Tempo 30 flächendeckend für die Nachtzeit einzuführen. (Mehr dazu: In dieser Stadt gilt nachts Tempo 30.)
Diese Bemühungen gipfeln in einem Vorstoss der Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter, welche Tempo 30 innerorts zur Regel, Tempo 50 zur Ausnahme machen will. Diese Forderung geht allerdings zu weit. Es braucht vorderhand noch das Korrektiv in Form von möglichen Einsprachen gegen Tempo-30-Zonen. Denn die meisten Städte sind verkehrstechnisch so angelegt, dass etwa auf Durchgangsstrassen eine höhere Geschwindigkeit sinnvoll ist.
SVP- und Gewerbekreise titulieren Politiker und Behörden, die sich für Tempo-30-Zonen einsetzen, gern als weltfremde Autohasser. Solche Beleidigungen gehen nicht an. Pauschalvorwürfe führen nirgends hin. In der Debatte um Tempo 30 ist nicht Ideologie, sondern eine nüchterne Analyse gefragt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.