Kritik am Umgang mit CoronaKaum Tests, keine Bubble, aber ein böser Verdacht am Australian Open
Auch nach dem Abgang von Novak Djokovic kommt das Grand-Slam-Turnier nicht zur Ruhe. Alexander Zverev glaubt, dass mehrere positiv sind, ohne es wissen zu wollen.

Staatsfeind Nummer 1 Novak Djokovic wurde aus Australien ausgewiesen, damit hat niemand mehr etwas zu befürchten am Australian Open. Richtig? Mitnichten! Das Coronavirus kursiert unbemerkt im Melbourne Park. Und das könnte für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres noch zum grossen Problem werden.
Als Erster wehrte sich nun der Deutsche Alexander Zverev: «Einige Spieler hatten Covid, als sie hier eintrafen. Und ich glaube, einige haben es auch jetzt. Aber wir werden nicht getestet. Würden wir getestet, gäbe es wohl mehr positive Fälle», kritisierte der Olympiasieger nach seinem Zweitrundensieg über John Millman. «In diesem Jahr gibt es viel mehr Fälle in Australien als letztes Jahr. Und wir dürfen nach draussen gehen, um zu essen, wir dürfen tun, was immer wir wollen. Da ist es logisch, dass sich mehr anstecken.»
Die Zero-Covid-Strategie wurde in Australien fallen gelassen, die Ansteckungszahlen sind explodiert. Allein der Bundesstaat Victoria verzeichnet bei 6,7 Millionen Einwohnern aktuell rund 25’000 neue Fälle täglich – eine ähnliche Inzidenz wie in der Schweiz. Sollte sich das Virus am Australian Open weiter verbreiten, könnte das Turnier zur Lotterie werden.
Gemäss dem Credo Trumps
Wurde im vergangenen Jahr regelmässig getestet, setzt man diesmal am Australian Open auf Eigenverantwortung. Die Spielerinnen und Spieler werden ermutigt, täglich selber einen Schnelltest zu machen. Aber wer macht das schon am Tag vor dem grossen Spiel? Ein positiver Test würde schliesslich bedeuten, dass man aus dem Turnier ausscheiden würde. Und bei Geimpften verlaufen viele Corona-Infektionen symptomfrei, zumal mit der Omikron-Variante, die auch in Australien dominiert.
Man setzt am Australian Open also auf das Credo von Donald Trump: Wer weniger testet, hat auch weniger Fälle. Doch inzwischen wurden schon einige bekannt. Australiens Enfant terrible Bernard Tomic beschwerte sich während seines Spiels in der Qualifikation über die lockeren Vorschriften: «Ich kann es nicht glauben, dass keiner getestet wird», schimpfte er auf dem Stuhl. «Sie erlauben den Spielern, mit Schnelltests auf den Court zu kommen. Ich bitte Sie! Es gibt keine offiziellen PCR-Tests.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Tomic fühlte sich nicht wohl, trat trotzdem an und verlor. Während seiner Partie bot er dem Schiedsrichter noch die kuriose Wette an, er lade ihn zum Abendessen ein, wenn er nicht in den nächsten drei Tagen positiv getestet werde – und umgekehrt. Der Schiedsrichter schlug nicht ein. Zwei Tage später gab der 29-Jährige dann tatsächlich bekannt, positiv zu sein.
Der Franzose Ugo Humbert bestritt seine Erstrundenpartie im Hauptfeld gegen Richard Gasquet, verlor in vier umkämpften Sätzen und unterzog sich vor seinem Abflug aus Australien dem obligatorischen Test. Prompt war er positiv, obschon er während seines Matchs nichts gemerkt hatte. Statt die Heimreise anzutreten, muss er sich eine Woche in Isolation in Melbourne begeben.
«Ich war noch in keinem Restaurant, bin noch nie ausgegangen. Ich schotte mich ab, weil ich kein Risiko eingehen will.»
Zverev lebt, um seine Chancen am Australian Open nicht zu kompromittieren, nun freiwillig in einer Blase. «Ich unternehme nicht viel ausserhalb», sagte er. «Ich war noch in keinem Restaurant, bin noch nie ausgegangen. Ich war nirgendwo anders als im Hotelzimmer und auf dem Court. Ich schotte mich ab, weil ich kein Risiko eingehen und mir die bestmögliche Chance geben will, hier gut abzuschneiden. Und wenn ich mich mit dem Coronavirus anstecke, wird das nicht geschehen.»
Turnierdirektor Craig Tiley, interviewt von «Channel 9», mochte nicht auf diese Kritik eingehen. Alles laufe wunderbar, die Sicherheitsmassnahmen würden greifen, meinte er. Derweil wird der Umgang mit dem Coronavirus zum Spiel im Spiel. Denkbar wäre, dass sich jemand mit dem Virus ansteckt, es in der Garderobe weitergibt, selbst aber asymptomatisch bleibt und es gar nicht merkt. Dass dann aber die auf diese Weise angesteckte Spielerin oder der angesteckte Spieler mehr mit dem Virus zu kämpfen hat – wie jüngst Rafael Nadal – und so ausscheidet.
Die Tenniscracks spielen in Melbourne um Preisgelder in Millionenhöhe. Da fragt sich, was sie höher gewichten: Eigeninteressen oder Eigenverantwortung.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.