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Angst vor Ernteausfällen
Katalonien durchlebt die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten

Nur noch ein Rinnsal: Der ausgetrocknete Fluss Ter nahe der katalanischen Stadt Vilanova de Sau. Der Ter versorgt den Stausee Pantà de Sau mit Wasser (23. November 2022). 
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Dass die Kirche von Sant Romà de Sau in letzter Zeit immer häufiger zu sehen ist, freut zwar Touristen und auch einige Einheimische, es ist aber ein schlechtes Zeichen. Denn die Kirche ist Teil eines in den Sechzigerjahren aufgegebenen Dorfes, das anlässlich des Baus des Stausees Pantà de Sau aufgegeben wurde. Bei normalem Wasserstand ist sie nicht zu sehen. 

Der Pegel des Sees befindet sich zurzeit unter zehn Prozent seiner eigentlichen Kapazität. Im Vorjahr lag er noch bei 55 Prozent. In Katalonien herrscht seit zweieinhalb Jahren eine Dürrephase. Die Regierung hat auf Druck der Wasserbehörde bereits Ende Februar in 224 Gemeinden der Region den Ausnahmezustand ausgerufen und harte Massnahmen zum Wassersparen angeordnet.  

Historischer Tiefstand: Der Pegel des Stausees Pantà de Sau liegt zurzeit unter zehn Prozent seines eigentlichen Fassungsvermögens und gibt die sonst unter Wasser stehende Kirche von Sant Romà de Sau frei. (27. März 2023) 
Noch nicht so gravierend: Bereits im Juni 2022 ragte die Kirche Sant Romà de Sau aus dem Wasser. Damals war die Wasserknappheit aber noch nicht ganz so dramatisch.  

Die Kapazität der katalanischen Stauseen insgesamt liegt zurzeit bei rund 28 Prozent des normalen Wasservolumens, wie das spanische Nachrichtenportal «Newtral» berichtete. Der wegen der Dürre ausgerufene Wassernotstand betrifft rund sechs Millionen Menschen und umfasst die Städte Barcelona, Badalona und Sabadell. In den betroffenen Gebieten muss der Wasserverbrauch der Landwirtschaft auf 40 Prozent reduziert werden, und pro Person dürfen nur noch maximal 230 Liter pro Tag verbraucht werden. 

Grosse Angst vor Ernteausfällen 

Da die Landwirtschaft 70 Prozent des Wassers in Katalonien verbraucht, sind hier auch die Ängste, was Ernteausfälle anbelangt, am grössten. Noch ist unklar, ob kommenden Sommer überhaupt wird bewässert werden können, wenn nicht bald grosse Mengen an Regen fallen. Die in normalen Jahren übliche zweite Getreideernte in der Region zwischen Leida und Aragon gilt bereits jetzt als verloren. Das betroffene Gebiet, das eine Fläche von 25’000 Hektar umfasst, geht von einem Schaden von 25 Millionen Euro aus, wie die spanische Zeitung «El País» am Sonntag berichtete.

Auch was den wasserintensiven Obstanbau in der Region angeht, sehen die Prognosen düster aus: Ein Hektar Obstbäume benötigt zwischen 9000 und 10’000 Kubikmeter Wasser pro Saison, um Ertrag abzuwerfen. Die Obstproduzenten befürchten, dass die Einschränkungen im kommenden Sommer das Wasservolumen auf 2000 Kubikmeter reduzieren werden. Wenn die in den Monaten April und Mai üblichen Gewitter ausbleiben sollten, werde die Ernte nicht zu retten sein, sagte ein Obstbauer gegenüber «El País».

Sehr bewässerungsintensiv: Blühende Obstbäume in der Provinz Lleida.

Die in der Region noch weit verbreitete Praxis der Bewässerung mittels Überflutung hat zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen. Die Investitionen für die Installation von sparsamen Sprinkler- oder Tropfbewässerungssystemen wollen längst nicht alle auf sich nehmen. Dem entgegnen Obstbauern wie Jaume Gardeñes, dass viele Brunnen ohne das versickernde Wasser der Überschwemmungsbewässerung trocken bleiben würden. 

Altes Ritual wird wieder erweckt 

Im Dorf L’Espunyola, eineinhalb Fahrstunden nördlich von Barcelona, wurde Ende März das erste Mal seit 2008 ein alter Brauch wiederbelebt: Die Dorfbewohner nahmen die Statue der örtlichen Jungfrau «Mare de Déu dels Torrents», die laut lokalen Überlieferungen mit Regen in Verbindung gebracht wird, von ihrem angestammten Platz und trugen sie in einer Prozession durch das Dorf. Zuvor fand eine speziell wegen der Dürre einberufene Messe unter Beisein des angereisten Bischofs von Solsona statt. 

Eine alte Tradition wird wiederbelebt: Bewohner von L’Espunyola tragen die Statue der Jungfrau «Mare de Déu dels Torrents» unter Beisein des Bischofs von Solsona durch das Dorf. (26. März 2023)

Das kleine Dorf lebt vor allem von der Landwirtschaft und dem Tourismus. Wenn es in den nächsten zwei Wochen nicht regnet, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die diesjährige Ernte noch zu retten ist, wie ein Bauer der Nachrichtenagentur AP sagte.   

Extremere Dürreperioden durch Klimaerwärmung

Katalonien ist wegen seiner Lage am Mittelmeer und seinen grossen Ballungsgebieten wie Barcelona besonders anfällig für Wasserknappheit, wie der Meteorologe Miguel Manzanares der BBC erklärte: «Der Mittelmeerraum ist eines der am stärksten gefährdeten Gebiete in Bezug auf den Klimawandel. Das Mittelmeer ist ein geschlossenes Meer, das seine eigene atmosphärische Umgebung schafft.» Hinzu kommt der hohe Wasserverbrauch von Barcelona und seiner Agglomeration mit 5,5 Millionen Bewohnern. 

Nicht jede Dürre ist automatisch auf den Klimawandel zurückzuführen. Die Klimaerwärmung fördert durch die angestiegene Temperatur der Erdatmosphäre aber längere Trockenperioden, weil dadurch den Böden mehr Feuchtigkeit entzogen wird und die Verdunstung ansteigt, was die Dürreperioden verschlimmert. 

Auch einzelne Regionen der Schweiz leiden zurzeit unter Wassermangel. So kündigten die Aargauer Gemeinden Niederwil und Fischbach-Göslikon an, den Wasserverbrauch ab Dienstag einzuschränken, weil der Grundwasserspiegel des örtlichen Grundwasserpumpwerks nach dem trockenen letzten Sommer und dem regenarmen Winter besorgniserregend tief steht. So ist es bis auf weiteres verboten, Rasen und Gärten zu bewässern, Autos zu waschen und Schwimmbecken zu füllen.