Kolumne «Fast verliebt»Kann man Männern vertrauen?
Warum es manchen Frauen grundsätzlich schwerfällt, diese Selbstverständlichkeit zu bejahen.
«Männer fragen einen ja sonst oft gar nichts, die erzählen nur, wie unfassbar toll sie sind – statt es einfach mal zu SEIN», las ich von einem Screenshot ab, den mir eine Freundin schickte. Es war eine Stelle aus Stuckrad-Barres #MeToo-Roman «Noch wach?». Eine junge Frau rekapituliert all ihre schlechten Dates. Sie denkt an diese Typen, die sie sich online erswipt hat und die dann «mit ihren bescheuerten Bibelverkäufergrinsen» vor ihr sitzen, um ihr «holzdumme» Komplimente zu machen. Kurz darauf flüchtet sich die junge Frau in die Arme ihres Chefs, im Glauben, er sei besser als die gleichaltrigen Pfeifen um sie herum. Aber der Chef benutzt sie nur.
«WORD», schrieb meine Freundin dazu, will heissen: Genau so ist es!
Viele meiner heterosexuellen Freundinnen sind Singles. Die meisten sind 30, 40 Jahre oder älter. Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass einige von ihnen Probleme haben, Männern zu vertrauen. Und sie liegen nicht ganz falsch, wenn ihnen bei aller Sehnsucht nach männlicher Liebe der Satz entfährt: «Wir heterosexuellen Frauen haben es schwer.»
Männer sind nicht ganz unschuldig an ihrem schlechten Image.
Schaut man sich Statistiken und Schlagzeilen an, muss man sagen: Männer sind nicht ganz unschuldig an ihrem schlechten Image. Zum Beispiel sind es fast ausschliesslich Männer, die in Beziehungen mit Frauen – und auch mit anderen Männern – Gewalt ausüben. Während es in Partnerschaften zwischen Frauen nicht nur den besseren Sex geben soll, sondern auch die grössere Friedlichkeit.
«Ich schlafe wieder so schlecht», sagte neulich eine Freundin, die neben mir auf dem Balkon sass und müde in die Sonne blinzelte: Sie habe diesen wiederkehrenden Albtraum, dass ihr Mann sie betrüge. «Gibt es Anzeichen?», fragte ich überrascht.
Ihr Mann kümmert sich nicht nur gleichermassen ums Kind, kocht und wäscht, er lässt sich auch regelmässig was Schönes einfallen, um ihr eine Freude zu machen. Sie druckste rum. «Na ja», sagte sie schliesslich in hartem Ton: «Muss man als Frau nicht immer damit rechnen, dass Männer einen verarschen?» Als ihr Mann von hinten kurz fragte, ob wir noch was brauchen, vergraulte sie ihn mit einem Zischen.
Plötzlich landeten wir bei der Causa Rammstein, die offenbar ihre tiefsten Männerängste weckte.
Wie sich im Gespräch bald herausstellte, gab es nichts Konkretes, das sie ihm vorwarf – nur diesen Albtraum, der ja ihr eigener war. Es schien, als speise sich ihr Argwohn aus anderen Quellen. Da war diese blöde Erfahrung, die sie mal mit einem anderen Mann gemacht hatte. Und ihr Vater hatte die Familie verlassen, als sie klein war.
Plötzlich landeten wir aber bei der Causa Rammstein, über die sie alles gelesen hatte und die offenbar ihre tiefsten Männerängste weckte. «Was hat denn dein Mann, der seine Socken nicht nur wegräumt, sondern selber wäscht, mit diesem gottverdammten Freak-Rocker zu tun?», fragte ich. Da konnte sie, erstmals an dem Morgen, selber lachen.
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