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Korruption in Österreich
FPÖ-Chef Kickl verliert seine Immunität

The Chairman of Austria's Freedom Party (FPOe) Herbert Kickl leaves after addressing journalists during a meeting with the Austrian president at the Austrian President's office, at Hofburg Palace in Vienna, Austria on October 21, 2024, following the country's general election on September 29. (Photo by GEORG HOCHMUTH / APA / AFP) / Austria OUT
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In Kürze:
  • Österreichs Parlament hat die Immunität von FPÖ-Chef Herbert Kickl aufgehoben.
  • Kickl wird vorgeworfen, im U-Ausschuss falsche Aussagen gemacht zu haben.
  • Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kann nun gegen ihn ermitteln.
  • Kickl bestreitet die Vorwürfe und bleibt politisch in Österreich aktiv.

Der «U-Ausschuss rot-blauer Machtmissbrauch» war einer von unzähligen Untersuchungsausschüssen, die sich im Laufe der österreichischen Geschichte mit politischer Korruption beschäftigt haben. Bis zum Sommer wurden Akten mit mehreren Millionen Seiten gesichtet und in 14 Sitzungen zwölf Leute befragt, die einmal mehr ein Bild zeichneten, das man ohnehin von Österreich hat: dass bei der Vergabe von Posten und Geldern in der Politik nicht alles so läuft, als bewerbe man sich um einen Spitzenplatz im Anti-Korruptions-Ranking.

Und doch könnte ausgerechnet dieser Untersuchungsausschuss weitreichende Konsequenzen haben. Denn am Mittwochabend hat das österreichische Parlament die Immunität von FPÖ-Chef Herbert Kickl aufgehoben. Kickl wird vorgeworfen, in ebenjenem Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt zu haben.

Hat Kickl im Untersuchungsausschuss gelogen?

Auf der nach oben offenen österreichischen Skandalskala liegen die Anschuldigungen gegen Kickl im unteren Bereich. Kickl soll als Zeuge im U-Ausschuss nicht wahrheitsgemäss über eine Kärntner Werbeagentur namens Ideenschmiede berichtet haben, an der er zeitweilig beteiligt war. Die Agentur hatte in den Nuller- und Zehnerjahren Aufträge von der Kärntner Landesregierung bekommen, im Gegenzug soll ein Landespolitiker Geld von ihr erhalten haben, es gab deswegen bereits mehrere Gerichtsverfahren. Gegen Kickl selbst aber wurde in dieser Sache nie ermittelt, und er hat immer bestritten, etwas mit den Unregelmässigkeiten der Ideenschmiede zu tun gehabt zu haben.

Ins Visier des U-Ausschusses kam der FPÖ-Chef, weil die Werbeagentur wieder aufpoppte, als Kickl von 2017 bis 2019 Innenminister in der Koalition unter Sebastian Kurz war. Sie soll einen Vorschlag für Polizeilogos gemacht haben. Dazu im Ausschuss befragt, sagte Kickl, er habe «keinerlei Bezug oder Beteiligung daran». Dies aber sei nachweislich falsch, sagte Andreas Hanger, Abgeordneter der ÖVP, die die Untersuchung initiiert hatte. So gebe es ein Schriftstück, das Kickl als stillen Teilhaber der Werbeagentur geführt habe.

FPÖ spricht von «Verfolgungsjustiz»

Die ÖVP hat Kickl wegen Falschaussage in diesem und fünf anderen Punkten im Untersuchungsausschuss angezeigt – nach Aufhebung der Immunität kann nun die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermitteln. Kickl weist die Vorwürfe zurück, der FPÖ-Abgeordnete Christian Ragger sprach von «Verfolgungsjustiz durch die jeweiligen in der Regierung sitzenden Parteien».

Für Herbert Kickl ändert sich erst mal nichts. Der FPÖ-Chef kann im politischen Wien weiterhin gelassen beobachten, wie ÖVP, SPÖ und Neos unter grossen Mühen versuchen, eine Dreierkoalition zustande zu bringen. Das liegt auch daran, dass die Themen, die in dem Untersuchungsausschuss verhandelt wurden, äusserst komplex sind.

So ging es um Vorgänge im inzwischen aufgelösten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das Innenminister Kickl unterstanden hatte und aus dem möglicherweise Informationen nach Russland abgeflossen waren. Der Komplex berührt die Aktivitäten des früheren Wirecard-Vorstands Jan Marsalek genauso wie eine Spionageaffäre und ist derart umfangreich, dass der Ausschuss in seinem Abschlussbericht angeregt hat, die politische Verantwortlichkeit für die Vorgänge im BVT weiter aufzuklären – am besten in einem Untersuchungsausschuss. Es wird nicht der letzte in der österreichischen Geschichte sein.

Doch die Geschichte hat gezeigt, dass Untersuchungsausschüsse auch in Österreich empfindliche Folgen haben können. Der frühere ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz etwa kam ins Visier der Strafverfolger, nachdem er als Zeuge im «Ibiza»-Untersuchungsausschuss, der unter anderem die undurchsichtige Postenvergabe in der ÖVP-FPÖ-Koalition aufgearbeitet hatte, seine Rolle bei einer wichtigen Stellenbesetzung heruntergespielt hatte. Er verliess das Wiener Landesgericht für Strafsachen im Februar mit einer Bewährungsstrafe von acht Monaten, die noch nicht rechtskräftig ist.