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Zoff im Team – kein Einzelfall
Der Anschlag auf Kerrigans Knie hielt halb Amerika in Atem

Julia Simon of France, right, competes next to Justine Braisaz-Bouchet of France, left, during the women's 10 km pursuit race at the IBU Biathlon World Cup, on Saturday, December 16, 2023, in Lenzerheide, Switzerland. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Julia Simon und Justine Braisaz-Bouchet kommen sich immer wieder sehr nah. Denn sie sind Biathletinnen, Französinnen – und Teamkolleginnen. Simon pflegt Braisaz-Bouchet im Weltcup jeweils mit einer Berührung ins Staffel-Rennen zu schicken. Und das hat durchaus seine Ironie.

Denn seit Olympiasiegerin Braisaz-Bouchet glaubt, Weltmeisterin Simon habe ihr die Kreditkarte geklaut und damit für rund 1600 Euro online eingekauft, gehen die beiden auf maximal mögliche Distanz.

«L’Equipe» machte den Vorfall diesen Sommer publik, passiert sein soll er im letzten Jahr anlässlich eines Sommerwettkampfs. Demnach wurden mit der Kreditkarte unter anderem Produkte des Sportkamera-Herstellers Go Pro gekauft, die alsbald an Simons private Adresse geliefert wurden. Simon bestreitet den Vorwurf, doch Braisaz-Bouchet klagte sie gar ein. Alle Schlichtungsversuche des französischen Biathlon-Verbands sind bislang gescheitert. Solange aber Aussage gegen Aussage steht, haben die beiden im Team zusammenzuarbeiten.

Zu dieser aussergewöhnlichen Geschichte gehört, dass sich Simon und Braisaz-Bouchet seit Kindertagen kennen. Sie wuchsen im selben Ort auf, wurden zusammen gross, teilten sich lange das Zimmer an den Wettkämpfen. Damit ist es vorbei.

Natürlich aber sind die beiden nicht die ersten prominenten Teamkolleginnen oder Teamkollegen, die es so gar nicht miteinander können. Hier eine Auswahl.

Anschlag aufs Knie: Harding vs. Kerrigan

Keines Blickes wuerdigen sich die beiden amerikanischen Eiskunstlaeuferinnen Tonya Harding (l) und Nancy Kerrigan waehrend des Trainings am 17. Februar 1994 in der Eishalle von Hamar. 1994 hatte eine Harding-Attacke gegen ihre Rivalin Kerrigan bei den US-Titelkaempfen in Detroit fuer Schlagzeilen gesorgt: Mitglieder der so genannten Harding-Clique hatten Kerrigan mit einer Eisenstange gegen die Knie geschlagen, um sie bei den Olympischen Winterspielen im norwegischen Lillehammer auszuschalten. (KEYSTONE/EPA/DPA/ANDREAS ALTWEIN)

Die Geschichte wird gerne als «das Biest und die Schöne» dargestellt, also von der zwar sehr talentierten, aber verbissen-spröden Tonya Harding und der strahlenden Arbeiter-Tochter Nancy Kerrigan. Im Kern aber ist es das Schicksal einer jungen Eiskunstläuferin aus zerrütteter Familie, die ihrer immer besser werdenden Konkurrentin den Erfolg und die Publizität neidet.

Darum organisierte Hardings Ex-Mann, mit dem sie aber noch zusammenlebte, einen Anschlag samt Handlanger. Dieser sollte Kerrigan vor den US-Meisterschaften von 1994 mit einer Eisenstange das Knie so beschädigen, dass diese die Olympischen Spiele verpasste. Die Attacke verletzte Kerrigan zwar, trotzdem schaffte sie es innert sechs Wochen zurück aufs Eis und damit nach Lillehammer.

Hardings Mann war da samt Komplizen bereits geständig, US-Meisterin Harding aber nicht. Jeder zweite Amerikaner schaltete darum den Fernseher ein, als sich die Teamkolleginnen an den Spielen indirekt duellierten. Kerrigan wurde Zweite, Harding Achte – und gab bald darauf zu, in die Attacke involviert gewesen zu sein. Trotzdem kam sie straffrei davon, der eigene Verband aber sperrte sie lebenslang.

Kerrigan wiederum wurde auch dank der Attacke zum Star in der Heimat und mittels Sponsoren zur Multimillionärin. Den Wettkampf-Sport beendete sie nach ihrem Silber von Lillehammer, um in Eiskunstlauf-Shows aufzutreten.

Gehässigkeiten rund ums Eis: Zwei Gleiterinnen im Clinch

German ice-skaters Anni Friesinger, right, and Claudia Pechstein, left, change their ice-rinks during the women's 3.000 meters race the European Ice Speed Skating Championships in Erfurt, Eastern Germany, on Saturday, Jan. 5, 2002. Friesinger won the competition and Pechstein placed third. (AP Photo/ Jan Bauer)

Es war nie die Art von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein, sich kleinzumachen. Darum hat die erfolgreichste Winterolympionikin Deutschlands auch keinen Konflikt gescheut – und da gab es so manchen.

Besonders innig war ihr Reiben mit Teamkollegin Anni Friesinger in den Nullerjahren. «Wir haben uns noch nie gut verstanden. Wir sind uns einfach, wie man so schön sagt, nicht grün», sagte sie einst dem «Spiegel». Als «Zickenduell» heizte die deutsche Presse diesen Gegensatz munter an – auch zwischen West (Friesinger) und Ost. Dass beide jeweils über die Medien lästerten, mitunter weit unter der Gürtellinie, sorgte wie in einer Soap für stets neuen Gesprächsstoff.

Es diente beiden. Denn das Interesse an der vermeintlichen Randsportart war zu jener Zeit enorm, Millionen Deutsche verfolgten via TV die wichtigsten Wettkämpfe von Anni und Claudi, tendenziell mit Vorteil für Pechstein. Ihre Begründung lieferte Pechstein noch so gerne: «Das hat vielleicht damit zu tun, dass ich ein lockerer und lustiger Typ bin, der das gut aushalten kann. Ausserdem habe ich nicht ständig in die Zeitungen geguckt. Wahrscheinlich hat Anni Friesinger das zu oft getan und sich die Dinge mehr zu Herzen genommen.» Pechstein ist auch mit 51 Jahren noch aktiv, Friesinger als Eurosport-Expertin dabei. Geblieben ist die gegenseitige Abneigung.

Zwei Alphamänner, ein Problem: Maier vs. Eberharter

Cameras are being pointed at Austrian ski racer Hermann Maier, front left, whereas Austrian ski racer Stephan Eberharter, back, reads a newspaper, shortly before a press conference in St. Moritz, one day before the official start of the Alpine Ski World Championships in St. Moritz, Switzerland, Friday, January 31, 2003. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Obiges Bild gehört zu den ikonischeren von Hermann Maier und Stephan Eberharter. Es zeigt die beiden an einer Pressekonferenz vor der Ski-WM 2003. Eberharter war mit sieben Siegen im Weltcup nach St. Moritz gereist – und doch nicht der Alpine der Stunde.

Denn das (mediale) Interesse galt seinem Teamkollegen Maier. Dieser hatte sich nach einem schweren Motorrad-Unfall zurück zum Siegfahrer gekämpft und kurz vor den Titelkämpfen erneut im Weltcup triumphiert. Die Konkurrenzsituation auch ums Rampenlicht brachte die beiden Alphatiere keineswegs näher.

«Ich bin mit Hermanns Art nicht zurechtgekommen. Wenn wir uns beim Essen gegenübersassen, haben wir kaum ein Wort miteinander gesprochen. Maier lebte in seiner eigenen Welt. Wegen seiner Erfolge und seines Ruhms war er nicht mehr in der Lage, seine Umwelt zu betrachten», beschrieb Eberharter ihr Verhältnis, das ihn trotzdem stimulierte: «Hermann hat uns mitgerissen, uns ans Limit gebracht», sagte er.

Nach ihren Rücktritten folgte konsequenterweise das grosse Nichtbeachten. Eberharter sagte jüngst: «Ich habe seit 18 Jahren nichts von ihm gehört. Aber warum sollte sich das ändern? Er war zu unserer aktiven Zeit schon ein eigener Typ, schwer zugänglich. Ist oft arrogant rübergekommen.» Maier wählte öffentlich eine andere Strategie: Er schwieg bevorzugt ganz laut zu Eberharter.

Der Edelhelfer will nicht spuren: Armstrong vs. Landis

FILE - This July 22, 2004, fie photo shows overall leader Lance Armstrong, right, straining in the ascent of the La Croix Fry pass, as teammate Floyd Landis pours water over his neck, during the 17th stage of the Tour de France cycling race between Bourg-d'Oisans and Le Grand Bornand, French Alps. Disgraced American cyclist Floyd Landis has admitted to systematic use of performance-enhancing drugs and accused seven-time Tour de France champion Lance Armstrong of involvement in doping, the Wall Street Journal reported Thursday, May 20, 2010. (AP Photo/Bernard Papon, Pool)

Als Lance Armstrong vor drei Jahren in einer Dokumentation über seinen früheren Teamkollegen Floyd Landis sprach, nannte er ihn «ein Stück Sch…». Will heissen: Auch lange nach der gemeinsamen Zeit beim Radteam US Postal ist da wenig Zuneigung.

Denn Landis war zwar in den 2000er-Jahren einer der Edeldomestiken und damit bei drei der sieben mittlerweile aberkannten Tour-de-France-Siege für den Texaner wichtig. Weil er aber eigene Ambitionen hegte und sich von Kontrollfreak Armstrong nicht wirklich kontrollieren liess, implodierte das einst freundschaftliche Verhältnis – und brachte beide zu Fall.

Denn Landis gestand nicht nur das eigene Dopen, er trug ab 2010 mit seinen Aussagen wesentlich dazu bei, dass auch Armstrongs viele Lügen zerbarsten. Landis klagte gar gegen seinen früheren Teamkollegen, der ihm 2,75 Millionen Franken zahlen musste. Landis handelt mittlerweile mit Hanfprodukten, Armstrong noch immer primär mit sich als Marke.