Schweigegeldprozess in New YorkTrump wollte den Prozess erneut stoppen – und scheitert
Da die Jury mittlerweile steht, werden am Montag die Eröffnungsplädoyers starten. Überschattet wird das Verfahren von einem Mann, der sich vor dem Gerichtsgebäude angezündet hatte.
Der frühere US-Präsident Donald Trump ist mit einem weiteren juristischen Versuch gescheitert, seinen Schweigegeldprozess zu stoppen. Am Freitag wies eine Richterin an einem Berufungsgericht im Staat New York einen entsprechenden Antrag seiner Anwälte ab. Sie hatten argumentiert, die mehrtägige Auswahl von zwölf Geschworenen und sechs Ersatzjuroren sei übereilt erfolgt. Die Einsetzung einer fairen und unparteiischen Jury sei dadurch verhindert worden, sagte Trumps Anwalt Clifford Robert.
Er bat um einen vorläufigen Stopp des Prozesses, bis ein Antrag der Verteidigung abschliessend geprüft sei, das Verfahren nicht in Manhattan, sondern an einem anderen Ort stattfinden zu lassen. Der Forderung nach einer Prozessaussetzung erteilte die Richterin jedoch eine Absage. Damit können die Eröffnungsplädoyers im historischen ersten Strafverfahren gegen einen früheren US-Präsidenten wie geplant am kommenden Montag beginnen.
Trump wird der Prozess eine wochenlange Präsenz in einem Manhattaner Gerichtssaal abverlangen. Er wird den Balanceakt einer Doppelrolle als Angeklagter und erneuter Bewerber um das höchste Staatsamt meistern müssen. Es werden anzügliche und wenig schmeichelhafte Zeugenaussagen erwartet, die sein Gegner, US-Präsident Joe Biden, dazu nutzen könnte, herauszustreichen, warum Trump ungeeignet für die Präsidentschaft sei.
Anwälte hatten die vergangenen Tage damit zugebracht, Dutzende von New Yorkern zu befragen, um das Gremium auszuwählen, das geschworen hat, persönliche Ansichten beiseite zu lassen und unparteiisch zu beurteilen, ob der 77-Jährige schuldig ist oder nicht. Dutzende potenzielle Jury-Kandidaten waren ausgeschieden, nachdem sie Zweifel daran geäussert hatten, in dem Fall fair urteilen zu können. Andere bekundeten Angst davor, in einem so folgenreichen Fall mit derart grosser Medienaufmerksamkeit eine Entscheidung zu treffen. Richter Juan Merchan hat festgelegt, dass die Namen der Geschworenen nur den Staatsanwälten, Trump und den jeweiligen Rechtsbeiständen bekannt sein sollen.
Jury für historischen Trump-Prozess steht
Nach rund viertägiger schwieriger Suche besteht die Jury für den ersten Strafprozess gegen einen früheren US-Präsidenten nun aus sieben Männern und fünf Frauen, dazu kommen fünf Frauen und ein Mann als Ersatzjuroren. Sie alle leben in Manhattan, arbeiten unter anderem als Lehrer, Bankangestellte, Anwälte, Physiotherapeuten oder bei einer Kleidungsfirma. Einige von ihnen sind verheiratet und haben Kinder. Ihre Identitäten bleiben aber gemäss der strikten Gerichtsvorschriften geheim.
Der New Yorker Richter Juan Merchan bestätigte am Freitag, nach den zwölf Geschworenen seien auch die sechs Ersatzgeschworenen ausgewählt worden. «Wir haben die vollständige Jury», sagte der Richter. Damit ist der Weg für die Eröffnungsplädoyers am Montag frei.
In dem ersten Strafprozess der Geschichte gegen einen Ex-US-Präsidenten geht es um eine Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels, die Trump mittels Fälschung von Geschäftsunterlagen vertuscht haben soll.
Der Prozess soll sechs bis acht Wochen dauern, das Urteil also deutlich vor der Präsidentschaftswahl im November fallen, bei der Trump in einer Neuauflage des Duells von 2020 gegen seinen Amtsnachfolger Joe Biden kandidieren will.
Die Zusammensetzung der Jury ist eine wichtige Grundlage für den Prozess, da Anklage und Verteidigung ausschliessen müssen, dass Geschworene zugunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten voreingenommen sind. Beobachter hatten deshalb erwartet, dass die Jury-Auswahl mehrere Wochen dauern könnte. Richter Merchan aber wirkte von Beginn an entschlossen, den Prozess zügig durchzuziehen.
Rechtsexperten rechnen mit einer Geldstrafe
Trump wird von der New Yorker Staatsanwaltschaft beschuldigt, in 34 Fällen Geschäftspapiere gefälscht zu haben, um die Zahlung von 130’000 Dollar an Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016 zu vertuschen. Mit dem Geld wurde die frühere Pornodarstellerin zum Schweigen über eine angebliche sexuelle Begegnung gebracht, die sie laut eigener Schilderung zehn Jahre zuvor mit Trump gehabt hatte.
Trump hat auf nicht schuldig plädiert. Auch hat er jeglichen sexuellen Kontakt mit Stormy Daniels dementiert. Ihm droht bei Verurteilung eine Haftstrafe – die Rechtsexperten allerdings für unwahrscheinlich halten. Sie rechnen eher mit einer Geldstrafe.
Der Rechtspopulist Trump beschreibt sich regelmässig als Opfer einer «Hexenjagd». Er ist noch in anderen Fällen strafrechtlich angeklagt, die als deutlich gravierender gelten als der Schweigegeldfall. Dabei geht es um die Versuche des Republikaners, seine Wahlniederlage von 2020 gegen den Demokraten Biden nachträglich zu kippen, sowie um die Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in sein Privatanwesen im Bundesstaat Florida. Jedoch ist unklar, ob die Prozesse zu diesen anderen Anklagen noch vor der Wahl beginnen könnten.
DPA/AFP/wy
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