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Ehemalige Kantonsrätin diffamiert
Mutmassliche Online-Stalker von Jolanda Spiess-Hegglin streiten vor Gericht alles ab

Die ehemalige Zuger Kantonsraetin Jolanda Spiess-Hegglin nach der Verhandlung im Zuger Kantonsgericht, wo der Prozess zwischen Jolanda Spiess-Hegglin und dem Medienhaus Ringier verhandelt wird, am Mittwoch, 19. Januar 2022, in Zug. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
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Zwei mutmassliche Online-Stalker der früheren Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin haben am Mittwoch vor Bezirksgericht Pfäffikon alle Vorwürfe abgestritten: Er habe niemanden beleidigt oder verleumdet. Das seien Fakten, sagte der eine der zwei Beschuldigten, ein 49-jähriger Fusspfleger. Einiges sei dabei etwas härter ausgedrückt, anderes weniger. Dass Spiess-Hegglin juristisch gegen ihn vorgehe, belaste ihn psychisch sehr stark. Zeitweise könne er nicht mal mehr arbeiten.

Das Verfahren in Pfäffikon ist jedoch nicht das einzige, in das der Schweizer verwickelt ist. Am Bezirksgericht Hinwil musste er sich im vergangenen Jahr wegen rund 1500 Kommentaren verantworten – Hauptthema auch dort die frühere Kantonsrätin Spiess-Hegglin und die Ereignisse bei der Zuger Landammann-Feier 2014. Noch hängig ist ein Zivilverfahren mit 100 Fällen von Persönlichkeitsverletzung.

Als Zuschauer an Gerichtsprozess

Sein 79-jähriger Mitbeschuldigter, ein Jurist und früherer Sportjournalist, bezeichnete die Anklage der Staatsanwältin als komplett fehlerhaft und voller Lügen, entweder «mangels Fachwissen» oder weil sie die Akten nicht richtig studiert habe.

Auch der 79-Jährige bezeichnet sich als «Kritiker» der früheren Kantonsrätin. Zusammen mit seinem 49-jährigen Mitstreiter war er deshalb auch beim Prozess «Spiess-Hegglin gegen Ringier» von Ende Oktober in Zug – als Zuschauer.

«Im Hass auf Spiess-Hegglin vereint»

Für den Anwalt von Spiess-Hegglin ging es beim Prozess in Pfäffikon nicht um «freie Meinungsäusserung», sondern klar um Stalking. Die beiden Beschuldigten seien seit Jahren «im Hass auf Spiess-Hegglin vereint». Viel tiefer als die beiden könne man dabei nicht sinken.

So hätten sie etwa Spiess-Hegglins Gesicht auf Porno-Bilder montiert und diese auf einer eigens dafür erstellten Website veröffentlicht. «Ein wesentliches Motiv für ihre Aktivitäten ist Frauenfeindlichkeit», sagte der Anwalt. Die beiden würden keine Grenzen kennen und hätten «viel Zeit».

Beweislage ist erdrückend

Der 79-jährige Beschuldigte bestritt vehement, etwas mit den Porno-Collagen zu tun zu haben. Allerdings liegen den Ermittlern E-Mails vor, in denen er sich mit dem 49-Jährigen darüber austauscht, was sie als nächstes auf die Website stellen wollen. Die Beweislage ist also erdrückend.

Die Staatsanwältin, die beim Prozess nicht anwesend war, fordert für den 49-Jährigen eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 60 Franken sowie eine Busse von 600 Franken, dies unter anderem wegen mehrfacher übler Nachrede, mehrfacher Verleumdung, Beschimpfung, Pornografie und weiterer Delikte.

Der 79-jährige Rentner, bei dem die Liste der Vorwürfe etwas kürzer ist, soll mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 60 Franken bestraft werden, dazu soll er mit 300 Franken gebüsst werden.

Anwalt fordert Genugtuung von 30’000 Franken

Spiess-Hegglins Anwalt beantragt dazu eine Genugtuung von jeweils 15’000 Franken. Seine Mandantin sei durch das Stalking verängstigt gewesen, begründete er die Forderung. So schrieb der 49-Jährige in der Facebook-Gruppe «Wir wählen SVP» unter anderem, dass es «so lange weitergehen wird, bis ein Verrückter durchdreht und…».

Spiess-Hegglin verfolgte den Prozess mit, allerdings per Videoübertragung, weil sie mit den Beschuldigten nicht in einem Raum sein wollte. Dies sorgte beim Rentner ebenfalls für Kritik. Das Gericht erfülle dieser Frau offenbar jeden Wunsch.

Das Bezirksgericht wird das Urteil in den kommenden ein bis zwei Wochen schriftlich eröffnen.

Prozess musste zwei Mal abgebrochen werden

Der Prozess war in diesem Jahr schon zwei Mal angesetzt, musste aber beide Male kurz nach Beginn abgebrochen werden. In beiden Fällen war der 49-jährige Beschuldigte dafür verantwortlich, der sich weigerte, mit einem der anwesenden Zuschauer im selben Raum zu sein.

Hintergrund der Belästigungen sind die Vorkommnisse an der Zuger Landammannfeier im Jahr 2014. Nach der offiziellen Feier kam es zwischen der damals frisch gewählten Kantonsrätin Spiess-Hegglin (damals Grüne) und einem SVP-Kantonsratskollegen zu einem Sexualkontakt. In der Folge wurde dieser verdächtigt, Spiess-Hegglin mit K.-o.-Tropfen wehrlos gemacht und geschändet zu haben.

Der Vorfall löste in dem Medien ein grosses Echo aus. Was genau passiert ist, konnte nicht abschliessend geklärt werden. Spiess Hegglin gründete daraufhin den Verein Netzcourage und geht mit diesem gegen Hassattacken im Netz vor. Weiter hat sie vom Medienhaus Ringier vor Gericht den Gewinn herausgefordert, den dieses mit persönlichkeitsverletzenden Artikeln über sie gemacht hat.

SDA/lop