Neuer Kurs der USAJoe Biden geht auf Distanz zu den Golfmonarchien
Der neue US-Präsident überprüft die Beziehungen zu Saudiarabien und den Emiraten. Und er lässt geplante Waffenexporte stoppen – das könnte den Jemen-Konflikt verändern.
Es gehört zum Prozedere nach Amtsantritt einer neuen US-Regierung, dass sie die Aussenpolitik neu justiert und geplante grosse Waffenexporte überprüft. Allerdings lässt es schon aufhorchen, dass Präsident Joe Biden nun angeordnet hat, alle Lieferungen nach Saudiarabien vorerst einzustellen. Und dass er prüfen lässt, ob die Vereinigten Arabischen Emirate alle von Donald Trump zugesagten Rüstungsgüter tatsächlich erhalten sollen.
Die beiden Golfmonarchien zählten zu Trumps bevorzugten aussenpolitischen Partnern. Die erste Auslandsreise nach seiner Wahl führte ihn nach Saudiarabien. Kronprinz Muhammad bin Salman umgarnte Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn und Nahost-Berater. Das sunnitische Regime in Riad stand im Zentrum der trumpschen Nahost-Diplomatie. Es bestärkte ihn, das Atomabkommen mit dem Iran zu kündigen.
Rüstungsdeal mit Emiraten könnte durchkommen
Und die Emirate waren das erste arabische Land, das einwilligte, seine Beziehungen mit Israel zu normalisieren – ein Schritt, den Saudiarabien bisher nicht vollzogen hat. Trump ermöglichte den Emiraten an seinem letzten Tag im Amt den lange umstrittenen Kauf von Reaper-Drohnen und vor allem von 50 modernen Tarnkappen-Kampfjets des Typs F-35. Zuvor waren diese Maschinen Nato-Verbündeten vorbehalten gewesen und Israel, für dessen militärtechnischen Vorsprung in der Region die USA bürgen.
Das Geschäft umfasst 23 Milliarden Dollar und könnte die Überprüfung durch die neue US-Regierung überstehen. Aussenminister Tony Blinken sagte, die Regierung prüfe noch, ob im Zuge der Abraham-Accords, die auch Biden unterstützt, entsprechende rechtsverbindliche Zusagen gemacht worden seien.
Dagegen hat Biden Saudiarabien als «Paria-Staat» bezeichnet und angekündigt, das Königreich für Menschenrechtsverletzungen wie die Ermordung des Publizisten Jamal Khashoggi zur Rechenschaft zu ziehen. Zudem wollen die USA ihre Unterstützung für die von Saudiarabien geführte Militärkampagne im Jemen beenden.
Die Intervention hatte der saudische Thronfolger, damals noch Verteidigungsminister, im September 2015 angeordnet, um den versuchten Putsch der vom Iran unterstützten Huthi-Milizen gegen die international anerkannte Regierung von Präsident Abd Rabbuh Mansur al-Hadi zurückzuschlagen. Zugleich war sie nach Abschluss des Atomabkommens mit dem Iran als Machtdemonstration in der Region gedacht. Die USA liessen Riad gewähren und eine UNO-Resolution passieren, auf die das Königreich sich beim Einsatz im Nachbarland beruft.
Humanitäre Katastrophe im Jemen
Längst aber haben die Zehntausenden zivilen Opfer und die katastrophale Lage der Bevölkerung des ohnehin ärmsten arabischen Landes in Washington Widerstand hervorgerufen. Eine parteiübergreifende Initiative im Senat zum Stopp aller Waffenlieferungen nach Saudiarabien konnte Trump nur per Veto blockieren. Ohne Präzisionsmunition aus US-Produktion oder die Luftbetankung von Kampfjets und das Teilen von Aufklärungs- und Geheimdiensterkenntnissen aber kann Riad den fast ausschliesslich aus der Luft geführten Krieg nicht unvermindert fortsetzen.
US-Aussenminister Blinken kündigte diese Woche an, die von seinem Vorgänger Mike Pompeo in dessen letzten Amtstagen verfügte Einstufung der Huthi als Terrorvereinigung prüfen zu lassen. Hilfsorganisationen warnen, dass der Jemen dadurch in eine Hungersnot geraten könnte. Wie Blinken sagte, leben 80 Prozent der Bevölkerung in von Huthi kontrollierten Gebieten. Er hat bereits eine Ausnahmegenehmigung für humanitäre Lieferungen verfügt.
Angriffe der schiitischen Miliz auf zivile Ziele in Saudiarabien dürften es der neuen US-Regierung allerdings schwer machen, die Einstufung zu revidieren. In den vergangenen Tagen schoss die saudische Luftabwehr mindestens in zwei Fällen anfliegende ballistische Raketen oder mit Sprengsätzen beladene Drohnen über der Hauptstadt Riad ab. Blinken stellte klar, dass die USA Saudiarabien weiter dabei unterstützen würden, Angriffe abzuwehren. Zudem hat das US-Militär Tausende Soldaten in Saudiarabien stationiert und seine Präsenz jüngst verstärkt – Abschreckung gegen den Iran, auf die sich auch Biden bald angewiesen sehen könnte.
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