Interview zu Folgen des Homeoffice«Jobverlagerung wird nun bei viel mehr Firmen ein Thema»
Die Auslagerung von Arbeiten ins günstige Ausland dürfte nach der Pandemie Schule machen, sagt Marc K. Peter, Experte für digitale Transformation.
Novartis verlegt einen Teil seiner Büroarbeiten von der Schweiz ins Ausland. Geplant war dies zwar schon lange, doch das in der Pandemie breit eingeführte Homeoffice erleichtert die Einarbeitung der neuen Mitarbeitenden noch. Wir fragen bei Marc K. Peter, was dies für den Schweizer Arbeitsmarkt insgesamt bedeutet.
Herr Peter, verstärkt Homeoffice den Trend zur Jobverlagerung ins Ausland?
Die findet schon seit längerem statt. Durch digitale Technologien konnten viele Aufgaben, wie zum Beispiel die Buchhaltung, ausgelagert werden. Die Pandemie hat nun aber dazu geführt, dass auch die eigenen Mitarbeitenden vor Ort durch das Homeoffice quasi abwanderten. Es kam zu einer generellen Digitalisierung. Das hat vielen Unternehmen neue Möglichkeiten gezeigt.
Was heisst das?
Bislang waren es vor allem global aufgestellte Unternehmen oder KMU-Pioniere, die Arbeiten rund um den Globus auslagerten. Nun aber wird die Jobverlagerung bei viel mehr Firmen zum Thema. Die Pandemie hat einer breiten Masse diese Möglichkeit vor Augen geführt. Vermutlich wird dies nächstes Jahr in vielen Firmen konkret diskutiert.
Sind Jobverlagerungen tatsächlich effizient?
Die Pandemie war der Praxistest und hat beides gezeigt: die Risiken, aber auch die Potenziale.
Wer seine Arbeit effizient im Homeoffice leisten kann, muss Angst haben, dass die Stelle bald in günstigere Länder abwandert?
Die Krise hat zwar gezeigt, dass viele Arbeiten im Homeoffice geleistet werden können. Aber es gibt auch den Gegentrend: Inshoring, das Zurückholen von Jobs ins Inland. Denn Automatisierung und Digitalisierung haben Arbeitsprozesse zum Teil so günstig gemacht, dass es sich für Firmen nicht mehr lohnt, sie ins Ausland zu verlagern und hohe Transportkosten zu bezahlen.
Für diese Tätigkeiten ist dann aber weniger Personal nötig.
Nicht zwingend, aber in den meisten Fällen weniger von dem bisherigen und dafür mehr anderes qualifiziertes Personal. Das heisst, dass der Druck auf unsere Berufsbildung weiter steigt.
Was meinen Sie generell zum Homeoffice, gehört es in der Schweiz zur neuen Normalität?
Ich gehe davon aus, dass es ein fixer Bestandteil bleibt. Es wird auch Arbeiten, etwa im Kundenservice, geben, die neu nur noch als Homeoffice angeboten werden. Die Unternehmen sind im Moment daran, Lösungen für dabei auftretende Detailfragen zu entwickeln. Zum Beispiel, was mit der Briefpost für einzelne Mitarbeitende passiert, die bislang noch immer im Büro ankommt.
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