Umfrage unter AktionärenJetzt wird darüber gestritten, ob die Axpo die Stromversorgung sicherstellen muss
Die Umfrage zeigt, dass sich die Eignerkantone und die Axpo-Führung nicht einig sind. Einige Kantone äussern sich zurückhaltend, während andere eine klare Ansage machen.
Seit der Bund mit einer Kreditlinie über vier Milliarden Franken die Axpo vor einer Pleite bewahren muss, steht der Stromkonzern vermehrt in der Kritik. Nun haben die neun Eigentümer der Axpo – darunter mehrere Kantone und Elektrizitätswerke – eine interne Aussprache angesetzt, um die Frage zu klären, ob und wie die Axpo die Stromversorgung sicherstellen muss. Dabei musste sich die Axpo kritischen Fragen stellen, die in einem vertraulichen Papier dokumentiert sind, das dieser Zeitung vorliegt.
Eine Umfrage bei den Kantonen, die Aktionäre des Stromriesen sind, zeigt nun: Selbst die Eigner sind sich nicht einig, ob die Axpo die Stromversorgung sicherstellen muss.
Mit gut 18 Prozent ist der Kanton Zürich einer der grössten Anteilseigner. Der zuständige Baudirektor Martin Neukom bestätigt dieser Zeitung, dass die Gespräche zwischen Eigentümern und Axpo intensiviert worden sind. Auslöser sei die aktuelle Stromkrise, die zu den bekannten Liquiditätsproblemen der Axpo führten. Nach Einschätzung von Neukom kann die Axpo-Leitung aber nicht für die Probleme verantwortlich gemacht werden.
In der Streitfrage, ob die Axpo die Stromversorgung sicherzustellen hat, verweist Neukom auf die Vergangenheit: Ursprünglich gab es zwischen der Axpo und ihren Eigentümern fix vereinbarte Geschäfte mit Liefer- und Abnahmegarantien. Doch mit der Liberalisierung des Strommarktes auf Bundesebene wurde dieses Modell hinfällig.
Seitdem kaufen die Elektrizitätswerke der Kantone den Strom über Börsen zum günstigsten Preis ein und liessen die Axpo im Regen stehen. Das führte unter anderem dazu, dass die Axpo ihre internationalen Handelsgeschäfte forcierte. «Mit der aktuellen Stromkrise stellt sich natürlich die Frage, ob der Strom wieder teilweise direkt an die Elektrizitätswerke verkauft werden soll», sagt Neukom. Das wäre eine Rückkehr zum ursprünglichen Modell.
Im Aargau wird die Frage zur Rolle der Axpo bei der Versorgungssicherheit dagegen sehr eindeutig beantwortet: «Es war und ist von zentraler Bedeutung sowie ein Hauptgrund für die Beteiligung des Kantons Aargau, dass die Axpo einen wesentlichen Beitrag an die Versorgungssicherheit leistet», teilt das Aargauer Baudepartement mit.
Der Kanton und die AEW Energie AG mit Sitz in Aarau sind jeweils mit 14 Prozent an der Axpo beteiligt. Auch die AEW Energie AG weist auf die grosse und relevante Bedeutung der Axpo im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit hin.
Gilt immer noch der alte Versorgungsauftrag?
Das Aargauer Baudepartement weist zudem darauf hin, dass die alten Statuten des Vorgängerunternehmens der Axpo immer noch gelten. Und diese sehen einen Versorgungsauftrag vor. Der Prozess zur Ablösung der alten Vereinbarungen durch ein zeitgemässes Vertragswerk sei im Gang.
Wie ein mit der Sache vertrauter Fachmann einordnet, kann die Axpo allerdings selbst bei einem nach wie vor gültigen Vertrag rechtlich kaum auf ihren Versorgungsauftrag behaftet werden. Dies aus dem von Martin Neukom angesprochenen Grund: Mit der Strommarktliberalisierung und der damit verbundenen Praxis sei der traditionelle Versorgungsauftrag überholt.
«Ein solcher Anspruch widerspräche der gemeinsamen Eignerstrategie, die festhält, dass die Axpo keinen Auftrag zur Versorgung der Kantone mit Elektrizität hat.»
Die Axpo-Leitung will jedenfalls von einem öffentlichen Auftrag zur Versorgungssicherheit nichts wissen, wie sie im eingangs erwähnten vertraulichen Papier schreibt: «Im Übrigen widerspräche ein solcher Anspruch der gemeinsamen Eignerstrategie, die festhält, dass die Axpo keinen Auftrag zur Versorgung der Kantone mit Elektrizität hat.»
Der Schaffhauser Regierungsrat Martin Kessler und die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich äussern sich zurückhaltend zu der Aktienbeteiligung und den Interessen des Kantons beziehungsweise des Unternehmens.
Die Debatte landet nun auch im Parlament. Am kommenden Montag werden zwei mehrheitsfähige Vorstösse im Zürcher Kantonsrat diskutiert, mit denen eine Rückkehr zum alten Modell und grössere Einflussnahme durch den Kanton gefordert werden. Der Regierungsrat werde diese sorgfältig prüfen, sagt Baudirektor Neukom.
Zu einem der beiden Vorstösse äussert er sich aber bereits skeptisch. Dass ein Mitglied der Kantonsregierung im Axpo-Verwaltungsrat Einsitz nehmen soll, hält er nicht für sinnvoll. «Es wäre illusorisch, zu glauben, dass Politikerinnen und Politiker eine Firma besser führen und kontrollieren können als Wirtschaftsleute», meint Neukom.
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