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Meinung

Kommentar zur Alkoholabstimmung
Jetzt kann die Migros ihre vielen Baustellen nicht mehr übertünchen

Hat etliche Probleme zu lösen: Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen am Donnerstag an einer Medienkonferenz zum Entscheid des Alkoholverkaufs.
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Die Abstimmung über die Einführung von Alkohol in den Supermärkten war die beste PR-Aktion für die Migros seit langem. Mit Inseraten und Plakaten überzog die grösste Arbeitgeberin das Land, in Hunderten Zeitungsartikeln wurde über sie geschrieben, in den sozialen Medien entwickelte sich eine lebhafte Debatte, und die Migros schaffte es sogar, eine ganze «Arena»-Fernsehsendung für sich zu gewinnen. Kein Werbestratege hätte sich etwas Besseres ausdenken können.

Was im Lärm unterging: Die Migros hätte wichtigere Debatten zu führen als jene über Alkohol. Denn seit Jahren häufen sich die Probleme, die nun fast ein Jahr lang durch die Abstimmungsdiskussion überlagert wurden. Brisanterweise haben viele ihren Ursprung in der Ära des früheren Migros-Chefs Herbert Bolliger, der sich in der Alkoholabstimmung als Bewahrer der Migros-Kultur aufführte.

Die grösste Baustelle liegt im Kerngeschäft, den Supermärkten. Hier hat die Migros gegenüber Coop eine entscheidende Schwachstelle.

Sein Nachfolger Fabrice Zumbrunnen ist seit Jahren dabei, bei seinen Hinterlassenschaften aufzuräumen. Vieles ist ihm dabei schon gelungen. So hat er den Onlineshop auf Vordermann gebracht, die Warenhauskette Globus verkauft, die Bücherkette Ex Libris saniert und die Möbelkette Interio abgestossen.

Die grösste Baustelle liegt jedoch im Kerngeschäft, den Supermärkten. Hier hat die Migros gegenüber ihrem grössten Konkurrenten Coop eine entscheidende Schwachstelle: Sie betreibt viele grosse, zentral gelegene Filialen, während Coop ein dichteres Netz mit kleineren Filialen aufgebaut hat. Das erwies sich in den vergangenen zwei Pandemiejahren als Nachteil für die Migros. Denn die Menschen blieben vermehrt zu Hause und kauften in der Nähe ein. Dieser Trend dürfte weitergehen, da auch nach der Pandemie viele zumindest zeitweise im Homeoffice arbeiten werden. Die Migros-Führung muss sich also überlegen, ob ihr Ladennetz für die Zukunft ausreicht – vermutlich nicht.

Ihr volles Augenmerk gehört auch dem Onlinegeschäft. Das Onlinewarenhaus Digitec Galaxus läuft zwar prächtig, doch der Onlinesupermarkt, der erst vor eineinhalb Jahren von Le Shop in Migros.ch umbenannt wurde, erzielt – wie übrigens auch jener von Coop – erst bescheidene Umsätze.

Während Coop zentral gesteuert wird, kochen bei der Migros die regionalen Genossenschaften ihr eigenes Süppchen. 

Eine weitere Problemzone ist der Reiseveranstalter Hotelplan. Er konnte zwar im vergangenen Jahr den Verlust verringern. Dennoch war es ein Verlust – und zwar zum wiederholten Mal. Hier stellt sich die Frage, ob die Migros wirklich die richtige Eignerin ist oder ob es nicht besser wäre, Hotelplan so loszuwerden wie Globus und Interio.

Ein Klotz am Bein bleibt die schwerfällige Struktur, unter der die Migros leidet. Während Coop zentral von Basel aus gesteuert wird, bestimmen bei der Migros die regionalen Genossenschaften stark das Geschick. Doppelspurigkeiten sind an der Tagesordnung. Seit Jahren versucht die Migros-Spitze vergeblich, die Führungsstrukturen den modernen Verhältnissen anzupassen, also der Zentrale in Zürich mehr Macht zu geben. Coop hat somit auch hier einen entscheidenden Vorteil: Schnelle Entscheide und eine klare, schweizweit einheitliche Strategie sind möglich, was sich letztlich in grösserem Wachstum niederschlägt.

Das Problem dabei ist, dass diese Strukturen fast nicht wegzubringen sind. Denn wenn die Genossenschafterinnen und Genossenschafter schon die Einführung von Alkohol ablehnen, werden sie wohl kaum bereit sein, die starke regionale Verankerung der Migros zu opfern.