Motocross-WM-GP in FrauenfeldJeremy Seewer bleibt das Pech an den Pneus kleben
Im ersten Heim-GP seit August 2018 hat der Bülacher nicht in die Erfolgsspur zurückgefunden. Seine Hoffnungen sah der dreifache Vize-Weltmeister der höchsten Motocross-Klasse früh durchkreuzt.
Vor 12 000 Fans, die mit Fahnen und Sprechchören mächtig Stimmung für ihn machten, ist das Rennen für Jeremy Seewer schon kurz nach dem Start gelaufen. An Position 5 in der Innenbahn aus einer Kurve fahrend, fliegt der Yamaha-Werksfahrer beim anschliessenden Sprung durch die Luft – und während er landet, kreuzt Calvin Vlaanderen plötzlich vor ihm seinen Weg. Seewer kann dem fliegenden Holländer nicht mehr ausweichen, das Vorderrad seiner auf diese Saison hin runderneuerten YZ 450 FM touchiert dessen Hinterrad – und der Bülacher geht unsanft zu Boden. Weil in der Startrunde das Fahrerfeld noch dicht beisammen fährt, können die Nachfolgenden auf der engen Piste nur mit Mühe ausweichen. Einige von ihnen streifen Seewer und seine Maschine.
«In dem Moment habe ich mir gar nichts mehr gedacht», verriet der 28-Jährige am Ende des Renntags in seinem Zelt im Fahrerlager. «Dann war ich einfach nur froh, unverletzt aus der Situation zu kommen und überhaupt weiterfahren zu können.» Einige Schrammen, Prellungen, blaue Flecken und einen steifen Nacken trug er freilich davon. Und damit nicht genug: Auch seine Yamaha-Rennmaschine nahm empfindlich Schaden. So musste Seewer das Rennen mit einem krummen Lenker und einer lädierten Kupplung wieder aufnehmen. «Auf einmal bin ich mit einem komplett kaputten Töff als Letzter weitergefahren», schilderte er lapidar. «Du lenkst gerade aus, aber die Maschine fährt aber zur Seite. Das macht es nicht einfacher.» Den zweiten Sturz, der ihn gegen Rennhälfte in seiner Aufholjagd erneut zurückwarf, führte er denn auch auf den Zustand des Materials zurück. Am Ende reichte es Seewer zu Platz 20 und damit nur zu einem WM-Punkt.
Eine Frage der Energie
Wesentlich unspektakulärer verlief das zweite Rennen des Tages. Nach einem gelungenen Start reihte sich Jeremy Seewer gleich in der ersten Runde an Position 5 ein. Diese hielt er bis zum Schluss, während sein junger Yamaha-Teamkollege Maxime Renaux sich mit dem Laufsieg auch die Grand-Prix-Tageswertung sicherte. Das auch, weil Renaux’ französischer Landsmann Romain Febvre den WM-Leader Jorge Prado, der im ersten Rennen die Zielflagge als Erster passiert hatte, noch überholte. Während das Spitzentrio sich rasch absetzte, fuhr Seewer lange knapp hinter dem Niederländer Jeffrey Herlings her – ehe er nach etwas über 20 Minuten abreissen liess.
«In dem Moment habe ich einmal kurz durchgeschnauft», klärte Seewer auf. «Eigentlich wollte ich ihn noch attackieren, aber meine Energiereserven haben auch dafür nicht mehr gereicht. Das im ersten Lauf war kein einfacher Sturz, nach dem man einfach so wieder aufs Töff steigt, sondern wirklich ein heftiger.» Angesichts seiner Blessuren und der Enttäuschung sei es für ihn im zweiten Lauf primär darum gegangen, auch einmal im Sattel zu bleiben.
Eigentlich stimmt alles
Von einem versöhnlichen Schlusspunkt mochte Jeremy Seewer dennoch nicht sprechen. «Natürlich hatte ich mir viel mehr erhofft, und nach dem Warm-Up-Rennen am Morgen habe ich mich perfekt gefühlt», schilderte er. «Aber ich wäre noch enttäuschter, wenn ich einen groben Fahrfehler gemacht hätte, meine Form schlecht wäre, ich den Speed nicht hätte oder die Abstimmung der neuen Maschine nicht stimmen würde. Das ist alles nicht der Fall» Auch, dass er sich nach dem verletzungsbedingten Ausfall des WM-Titelverteidigers Tim Gajser vor der Saison, der ihm im Kampf um die Krone 2022 im Weg gestanden war, zu viel vorgenommen hatte, liess Seewer nicht gelten. «Ich habe nie zu viel riskiert, weder heute, noch vor dem Sturz im Qualifikationsrennen in Argentinien. Bis dahin war alles bestens, auch in der Vorbereitung.»
So aber liegt der dreifache Vize-Weltmeister der Motocross-Königsklasse MX-GP in der Saison-Gesamtwertung weiterhin auf Position 8. Und nach dem 11. Platz im GP-Tagesklassement von Frauenfeld wuchs Seewers Rückstand auf den spanischen WM-Leader Jorge Prado und die Top 5 weiter an.
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