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Jenseits von Büetzer-Romantik

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Im Volksmund nennt man es ­«Arbeiter-Décolleté»: Die Rückenansicht einer knienden Person, bei der Hose und Unterhose so weit verrutscht sind, dass der Füdlispalt sichtbar wird.

Im Buch «On Knees» von Marius Eckert gibt es solche Arbeiter-Décolletés. Denn der Zürcher hat auf Baustellen fotografiert: Strassenbauer beim Teeren, Elektriker beim Installieren, Plattenleger beim Schleifen. Männer zwängen sich in Schächte, balancieren auf Leitern, machen ein Schläfchen am Pausentisch – oder gleich vor Ort auf einer Styroporplatte. Ihre Gesichter sind kaum je zu erkennen. Wichtig ist hier, was der Körper leistet.

Eckerts Blick auf die Büetzer ist ein Blick aus der Nähe; er selber hatte zunächst eine Lehre als Elektriker gemacht, bevor er in Luzern Fotografie studierte. Und auch während des Studiums hat der heute 32-Jährige immer wieder auf dem Bau gearbeitet.

Eckert ist, wie seine Protagonisten auch, auf Kabelrollen gesessen und hat Tankstellen-Sandwiches gegessen, hat Wände aufgeschlitzt, ist durch den Dreck gewatet. Gleichzeitig hatte der Fotograf eine analoge Kamera dabei, mit der er festhielt, was er sah – ungeschliffen, unpoliert. Da blitzen die Reflektoren auf der Arbeitskleidung ins Auge, die Bilder sind körnig, unscharf, und es scheint, als sei der Staub von der Baustelle in die Kamera gedrungen. Das Rohe, Unfertige der Szenerie hat sich diesen Fotografien eingeschrieben.

Überhaupt ist Eckert ein Spezialist fürs Ungeschönte: Einst war er Partyfotograf in einem Zürcher Club; doch als er sich weniger für fröhliche Feiernde und mehr für Schlägereien oder kotzende Gäste zu interessieren begann, wurde das Arbeitsverhältnis beendet.

Auch in «On Knees» versucht Eckert, nicht bloss das Offensichtliche, sondern vor allem das Wesentliche zu erfassen – in einer Arbeitswelt, in der die einen sich die Hände schmutzig machen, um die Träume anderer zu bauen.