Kommentar zur LohndiskriminierungJedes gute Beispiel hilft
Mehrere Hundert Firmen schneiden bei Lohnanalysen besser ab als erwartet. Kritiker freuen sich über das Resultat, Gleichstellungsexpertinnen sorgen sich. Beides ist kontraproduktiv.
Es ist paradox: Gerade sind die ersten Effekte einer Gesetzesänderung bekannt geworden, um die so emotional wie selten gestritten wurde. Und diese Effekte sind durchwegs positiv. Hunderte grösserer Firmen haben ihre Lohnsysteme auf Ungleichheiten zwischen Mann und Frau überprüft. Und die allermeisten haben den Test bestanden. Die 270’000 Frauen und Männer, die in diesen Betrieben arbeiten, erhalten einen vergleichbaren Lohn für vergleichbare Arbeit. Und auch wenn wir von Tausenden anderen Unternehmen kein Ergebnis haben: Das ist ein Erfolg. Und zwar unabhängig davon, wie repräsentativ er ist.
Dass es Gleichstellungsexperten schwerfällt, sich über dieses Resultat zu freuen, zeigt, wie verhärtet die Fronten immer noch sind. Denn diejenigen, die sich schon immer dagegen gewehrt haben, dass ein Teil der Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern auf Diskriminierung zurückgehen soll, triumphieren: Für sie beweist das Ergebnis, dass es das Problem gar nie gab. In Kommentaren ist bereits von der «Fata Morgana Lohndiskriminierung» die Rede. Jene, die seit langem dafür kämpfen, dass Frauen fair bezahlt werden, weisen das gute Ergebnis zurück, weil sie fürchten, es schade ihrer Sache.
Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass Gesetz und Debatte eine Wirkung haben.
Dabei ist es doch so: Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass Gesetz und Debatte eine Wirkung haben. Auch wenn sie vielleicht nicht repräsentativ sind. Denn natürlich haben Firmen, die sich engagieren, ein grösseres Interesse, das zu zeigen. Das ist aber eigentlich eine gute Sache. Es erhöht den Druck auf die Konkurrenz. Und es zeigt vor allem: Wenn man sich als Unternehmen mit der Frage befasst, lassen sich Verzerrungen und Fehlentwicklungen einfach korrigieren. Das ist auch keine Schande – als die UBS letztes Jahr bekannt gab, sie müsse aufgrund der Lohnanalysen einige Saläre anheben, war das eher positiv fürs Image.
Es wäre schön, wir könnten dem Thema etwas die Emotionalität nehmen. Natürlich gibt es Frauen, die im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen zu wenig verdienen. Und natürlich zahlt kein Chef einer Angestellten weniger, weil sie eine Frau ist. Anstatt Schuldige zu suchen, die es nicht gibt, lösen wir Probleme. Und sobald das mit den Löhnen der Frauen geklärt ist, kümmern wir uns um ihre Karrierechancen.
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