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Rückschlag für Prestigeprojekt
Fiasko für Amherd – ihr Hoffnungsträger verlässt den Bund

Jean-Daniel Ruch bei seiner Ernennungsmedienkonferenz im September.
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Es ist Amherds Prestigeprojekt: das neue Staatssekretariat für Sicherheit, das im Januar den Betrieb aufnehmen soll. Dessen designierter Chef, Jean-Daniel Ruch, wird seinen Posten nun allerdings gar nie antreten. Und damit nicht genug: Er scheidet sogar ganz aus dem Bundesdienst aus.

In einer knappen Mitteilung des VBS heisst es, Ruch habe sich «nach reiflicher Überlegung» entschieden, die Leitung des Staatssekretariats nicht zu übernehmen. Am Morgen hatte Radio SRF publik gemacht, dass Ruch doch nicht Staatssekretär wird. Der Diplomat war erst am 15. September vom Bundesrat für den Posten ernannt worden.

Zurzeit ist der Mann, der für Bundesrätin Viola Amherd ein Hoffnungsträger war, noch Botschafter in der Türkei. Doch diesen Posten wird er auf Ende Jahr verlassen und Mitte 2024 auch den Bund – «auf eigenen Wunsch», wie das Aussendepartement auf Anfrage schreibt. Es schreibt weiter, es respektiere diese Entscheidung, und dankt Ruch «für seinen Einsatz im Dienste der Schweiz». Fragen zu den Umständen oder den Gründen bleiben unbeantwortet: «Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes können keine weiteren Informationen gegeben werden.»

Keine neue Personensicherheitsprüfung

Viola Amherd hat den Bundesrat über die Neuigkeit in Kenntnis gesetzt. Für sie ist es ein herber Schlag. Beim Entscheid über die Gründung des neuen Staatssekretariats hatte es Widerstand und viele Fragen aus anderen Departementen gegeben. Amherds Leute mussten über die Bücher, bevor der Bundesrat schliesslich zustimmte. Und nun tritt der ursprüngliche Hoffnungsträger sein Amt nicht an.

Hinter den Kulissen werden in Bern Probleme mit der Personensicherheitsprüfung als möglicher Grund für die Kehrtwende genannt. Auf die Frage, ob eine solche Personenprüfung vor der Ernennung Ruchs durchgeführt wurde, heisst es bei der Bundeskanzlei, dies sei bei Ruch gemäss Reglement nicht nötig gewesen. Personensicherheitsprüfungen seien fünf Jahre gültig und müssten auch bei einem Stellenwechsel nicht früher wiederholt werden. Ruch habe die letzte im Juni 2019 absolviert.

Vor Ruchs Ernennung hatte eine prominent besetzte Findungskommission Kandidatinnen und Kandidaten gecastet. Ihr gehörten unter anderem Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle und Markus Seiler an. Seiler war früher Nachrichtendienstchef, und er ist heute Generalsekretär des Aussendepartements, in dem Ruch Karriere machte. Präsidiert wurde die Findungskommission von Toni Eder, dem Generalsekretär Amherds. Weiter sassen dort Eders Stellvertreter Marc Siegenthaler und die ehemalige Waadtländer Regierungsrätin Béatrice Métraux ein.

Ruch hat Sicherheitspolitik studiert und Ende der 80er-Jahre drei Jahre im damaligen Militärdepartement gearbeitet. Vor seinem aktuellen Posten in der Türkei war er unter anderem in Israel stationiert. Damals schlugen Hamas-Raketen in der Nähe seiner Residenz ein.

Ruch war führend in der Aussenpolitik von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, die auf Verhandlungen mit der Hamas setzte.

Seit dem brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel hatte es in den Medien mehrfach Kritik gegeben, weil Ruch in der Vergangenheit klar die Position vertreten hatte, die Schweiz müsse mit der Hamas sprechen. In einer früheren Funktion im Aussendepartement (EDA) soll er vor rund zehn Jahren auch den damaligen Hamas-Chef Khaled Mashal getroffen haben.

SVP-Nationalrat Alfred Heer bezeichnete Ruch deswegen in der «Weltwoche» als «nützlichen Idioten», der dazu beigetragen habe, die Terrororganisation «salonfähig» zu machen. Ruch war einer der führenden Exponenten in der Aussenpolitik der damaligen Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, die auf Verhandlungen mit der Hamas setzte. Heer forderte nach der kürzlich erfolgten Attacke der Terroristen auf Israel die Absetzung Ruchs. Ein Zusammenhang zwischen Ruchs Abgang und seiner Positionierung zum Krieg im Nahen Osten ist aber nicht bekannt.

Die Personalie im neuen Staatssekretariat für Sicherheit gab schon vor Ruchs Ernennung zu reden. Die heutige Chefin für Sicherheitspolitik im VBS, Pälvi Pulli, wurde zu Beginn als Favoritin für den Posten gehandelt. Sie begleitet Amherd heute schon auf viele internationale Reisen – und internationale Kontakte sind auch das Aufgabengebiet der neuen Person an der Spitze des Staatssekretariats für Sicherheit. 

Das neue Staatssekretariat soll trotzdem wie geplant im Januar den Betrieb aufnehmen. Laut VBS wird «die Stellenbesetzung wieder aufgenommen». Ein Entscheid sei in den kommenden Wochen zu erwarten.

Auch der Generalsekretär geht

Zudem verlässt Generalsekretär Toni Eder das VBS auf Ende Jahr. In ersten Medienberichten wurde sein Abgang mit der Personalie Ruch verknüpft. Das VBS schreibt auf Anfrage: «Es besteht kein Zusammenhang.» Ruch habe Bundesrätin Amherd letzte Woche über seine Entscheidung informiert. Der Prozess im Zusammenhang mit der Nachfolge des Generalsekretärs des VBS sei seit längerem im Gange.

Der Bundesrat hat auch bereits am Mittwoch einen Nachfolger für Eder gewählt: den 53-jährigen Daniel Büchel. Der St. Galler Historiker war früher persönlicher Mitarbeiter von Bundesrätin Doris Leuthard und Bundesrat Joseph Deiss. Seit 2011 amtiert er als Vizedirektor des Bundesamts für Energie. Amherd hat ihre neue Nummer 2 also Energieminister Albert Rösti abgeworben.