Doping-Wirbel um TennisstarJetzt droht Sinner eine lange Sperre – so reagiert er
Trotz zwei positiven Dopingtests wurde Jannik Sinner (23) freigesprochen. Nun legt die Welt-Anti-Doping-Agentur Berufung ein und fordert eine bis zu zweijährige Sperre.
- Die Wada hat Berufung im Fall Sinner beim CAS eingelegt.
- Sie fordert eine ein- bis zweijährige Sperre für Jannik Sinner.
- Sinner war positiv auf das anabole Steroid Clostebol getestet worden.
- Der Italiener bestreitet Dopen mit Absicht und spielt vorerst weiter.
Wie ein Damoklesschwert schwebte die Möglichkeit der Berufung der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) in den letzten Wochen über Jannik Sinner. Nun ist das Schwert niedergeschnellt. Derweil sich der Italiener in Peking gegen Wawrinka-Bezwinger Roman Safiullin zu seinem 13. Sieg in Serie kämpfte und in den Viertelfinal einzog, gab die Wada in einem knappen Statement bekannt, dass sie am Donnerstag im Fall Sinner Berufung beim Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne eingelegt hat. Sie verlangt eine ein- bis zweijährige Sperre gegen den Italiener.
Die Wada wirft Sinner kein gezieltes Doping vor, aber sie widerspricht der Einschätzung, dass ihn bei seinen positiven Tests «keine Schuld oder Fahrlässigkeit» treffe. Zu diesem Schluss war ein unabhängiges Gremium gekommen, das die International Tennis Integrity Agency (Itia) eingesetzt hatte. Diese Beurteilung sei, so die Wada, «nach den geltenden Regeln nicht korrekt». Sie verlangt aber nicht, dass Sinner die Titel, Punkte oder Preisgelder aberkannt werden, die er in der Zwischenzeit gewonnen hat. Vor drei Wochen triumphierte er am US Open und zementierte so seine Position als weltbester Spieler.
Sinner war am 10. und am 18. März in Kleinstmengen positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet worden – während des Turniers in Indian Wells und in einer Wettkampfpause. Er wurde zweimal kurz suspendiert, doch seine Anwälte legten erfolgreich Berufung ein. Die Itia akzeptierte seine Erklärung, dass die verbotene Substanz durch einen in Italien erhältlichen Wundspray in seinen Körper gelangt war, mit dem sein Physiotherapeut einen Schnitt an seinem Finger behandelt hatte. Darauf führte er Massagen an Sinner durch, was zur Kontamination geführt haben soll.
Trifft Sinner eine Mitschuld?
Die grosse Frage ist, ob Sinner dabei eine Mitschuld trifft. Sein Physiotherapeut Umberto Ferrara hatte den Spray Trofodermin gemäss Sinners Argumentation in Italien gekauft und nach Indian Wells mitgebracht. Auf der Verpackung steht unübersehbar: Doping. Trotzdem benutzte ihn Physiotherapeut Giacomo Naldi. Inwieweit ist Sinner für die Aktionen seiner Angestellten verantwortlich? Vor dem US Open trennte er sich von Ferrara und Naldi.
Nach seinem Spiel in Peking äusserte sich der zweifache Grand-Slam-Champion zur Berufung der Wada: «Natürlich bin ich sehr enttäuscht und auch überrascht über diesen Einspruch. Wir hatten drei Anhörungen, und alle fielen für mich positiv aus. Ich hatte das nicht erwartet. Ich wusste schon vor ein paar Tagen, dass sie (die Wada) in Berufung gehen würden. Nun ist es also öffentlich. Wir reden immer über das Gleiche. Vielleicht wollen sie einfach sichergehen, dass alles korrekt abgelaufen ist.»
Fürs Erste spielt Sinner also weiter, ohne zu wissen, ob er bald gesperrt wird. Fürs Männertennis wäre eine Sperre gegen den 23-Jährigen ein schwerer Schlag. Er schaffte in diesem Jahr den Durchbruch, gewann das Australian Open und das US Open und beeindruckte mit seiner Konstanz, obschon er seit Frühling von seinen positiven Dopingtests weiss. Die Itia liess derweil in einem Statement verlauten, man nehme Kenntnis von der Berufung der Wada, und wies nochmals darauf hin, dass man den Fall von einer unabhängigen Instanz habe beurteilen lassen.
Sollte Sinner gesperrt werden, wäre dies die aufsehenerregendste Dopingsperre im Tennis. Für die meisten Schlagzeilen hatte die Sperre gegen Maria Scharapowa gesorgt, die 2016 für zwei Jahre gesperrt wurde, nachdem sie positiv auf das Herzmedikament Meldonium getestet worden war. Der CAS verkürzte ihre Sperre später auf 16 Monate. Scharapowa war zum Zeitpunkt ihrer Sperre bereits 29 und hatte ihren sportlichen Zenit überschritten, Sinner ist derzeit der Mann der Stunde und führt die Weltrangliste mit grossem Vorsprung an.
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